Totenklage
oder Gefühlsverlust. Ich bin aufgeregt, aber sonst ist alles in Butter.
Ich schreibe Bryony noch schnell eine SMS . Es ist besser für mich, wenn ich heute Abend den Straßen fernbleibe, also teile ich ihr mit, dass ich ein Date habe und mich nicht loseisen kann. Sie soll so viel Geld für Blumen ausgeben, wie sie will, und sie nach Gutdünken verteilen. Ich zahle. Damit bleibe ich auf einem großen Haufen Blumen sitzen, doch die kann ich ja zur Beerdigung mitnehmen.
Als ich mich dem Café nähere, sehe ich Brydon an einem Tisch sitzen. Ein weißer Sonnenschirm flattert in der Meeresbrise. Er ist aufgeregt, und ich begreife, dass er aufgeregt ist, weil ihm etwas an mir liegt. An mir. Bei dieser Vorstellung wird mir ganz warm ums Herz. Womit habe ich das verdient?
Ich komme immer näher, und er bemerkt mich erst in letzter Sekunde. Eine Zeit lang spielen wir das Blind-Date-Spiel. Das hilft gegen die Aufregung. Ich bin tollpatschig und ungeschickt, aber Brydon nimmt es so gelassen hin, als wäre ich reizend und liebenswert und nicht am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
Brydons Beine sind tatsächlich käseweiß. Ich wette, dass er heute Abend einen Sonnenbrand hat. Im Sonnenlicht ist sein Haar richtig blond und nicht nur sandfarben.
Wir essen zu Mittag. Brydon trinkt ein Glas Bier. Dann spazieren wir zum Strand. Er geht schwimmen. Ich tue so. Wir spritzen uns gegenseitig an. Ich versuche, ihn unterzutauchen, und scheitere kläglich. Aber er lacht trotzdem und markiert dramatisch den Ertrinkenden. Dann hebt er mich auf und wirft mich in die Fluten. Ich kreische. Es gefällt mir, in seinen Armen zu liegen. Sobald er mich ordnungsgemäß getaucht hat, stehen wir auf, und er küsst mich. Der gute alte Kamerad Lust zerrt erneut an mir, doch ich schicke ihn nach Hause. Ich und DS Brydon, wir werden es langsam angehen. Weil ich nämlich seine Freundin sein will, kapiert?
Sobald wir müde sind – und das ist bei mir ziemlich schnell der Fall –, fahren wir zu mir. Ich koche ihm Spaghetti Bolognese, die wir mit einem außerordentlich billigen Rotwein essen, den ich für solche Gelegenheiten aufgehoben habe. Ich nehme nur einen symbolischen Schluck, während Brydon tapfer die halbe Flasche vernichtet.
Nach dem Essen spült Brydon ab. Ich sollte eigentlich abtrocknen oder so, aber stattdessen beobachte ich ihn. In den roten Strähnen in seinem Haar glitzern kleine Salzkristalle.
Ich küsse seinen Nacken und frage ihn, ob er noch nach Hause fahren kann. Ich will vernünftig sein. Wir wollen es langsam angehen, und ich will ihm jetzt durch die Blume klarmachen, dass es mir für Sex noch zu früh ist.
Was er wohl in den falschen Hals kriegt.
» Eigentlich nicht«, sagt er mit übertriebener Geduldsmiene. » Nein. Außer, du stellst mir eine Sondergenehmigung für Autofahren mit erhöhtem Blutalkoholspiegel aus.«
Ich starre ihn an. Ist das sein Ernst? Er hatte gerade mal eine halbe Flasche Wein und will nicht die zehn Minuten bis zu sich nach Hause fahren?
Einen Augenblick – vielleicht auch zehn Sekunden lang – gerate ich in Panik. Ist das ein Trick, um mir an die Wäsche zu gehen? Aber nein, Fi, ich kann unmöglich nach Hause fahren. Ich werde wohl hier übernachten müssen. Nein, ich will nicht ins Gästezimmer. Komm her, meine Schöne. Die Panik ist nur vorübergehend, dafür heftig und allumfassend. Kamerad Lust ist nirgends zu sehen. Er versteckt sich zitternd und mit angezogenen Beinen im Schrank unter der Treppe. Als ob meine ganze Vernunft von einem Bataillon methodistischer Großmütter überrannt worden wäre, die drohend den Finger schütteln und » Sie wollen immer nur das Eine!« verkünden.
Keine Ahnung, was ich für ein Gesicht ziehe oder sage oder tue. Ich weiß nur, dass Brydon so reagiert, wie es mein geistig gesundes Ich von ihm erwarten würde.
» Hey, hey, hey, keine Angst. Ich kann zwar nicht mehr fahren, aber ich kann mir ein Taxi rufen.«
Er telefoniert demonstrativ, um mich zu beruhigen. Als er gefragt wird, wann das Taxi denn kommen soll, fragt er mich, ob wir noch Zeit für einen Kaffee haben. Bei der Zweideutigkeit des Wortes » Kaffee« proben die methodistischen Großmütter erneut den Aufstand, doch inzwischen habe ich mich wieder beruhigt und befehle ihnen, die Klappe zu halten. Brydon sage ich, dass er natürlich gerne auf einen Kaffee bleiben kann.
Er bestellt das Taxi in einer halben Stunde.
Ich mache ihm einen Kaffee und mir einen Pfefferminztee.
» Tut mir leid«, sage
Weitere Kostenlose Bücher