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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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paar heimatlose Einzelhändler in einen viktorianischen Bahnhof gepfercht, in dem sie jetzt wohl oder übel ihre Ware anbieten müssen. Die Verkäufer packen bereits die Fußballtrikots und den Ethnoschmuck zusammen, decken die Gemüsekisten und Buchregale ab. Es herrscht eine angenehme Feierabendstimmung, und die Kiste Äpfel wird für nur 2 Pfund verscheuert.
    Ich entdecke ein Blumengeschäft und frage einen Typen in grünen Gummistiefeln, wie viel die Blumen kosten. Er sieht mich an, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank, und deutet auf die Blumenkübel. Jeder Kübel ist mit einer kleinen Tafel auf einem Stiel versehen, und auf der Tafel ist mit Kreide der Preis geschrieben. Jetzt sehe ich ihn an, als hätte er nicht alle Tassen im Schrank. Ich will nicht nur einen blöden Strauß, ich will alle Blumen. Den ganzen Laden.
    Sobald ich ihm das erklärt habe, fragt er mich, ob das mein Ernst ist. Dann verlangt er 500 Pfund. Obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass ich das alles auch billiger haben könnte, schlage ich ein, wenn er mir die Blumen zum Auto trägt und mir die Kübel umsonst dazu gibt.
    Er ist einverstanden, was sich als schwerer Fehler herausstellt, da mein geliebter Peugeot nicht unbedingt ein Raumwunder ist und es eine halbe Stunde vorsichtigen Einladens bedarf, um alles sicher unterzubringen.
    Dann rufen die BMX -Kinder an, und ich fahre los, um ihnen ihr Geld zu geben.
    Dann nach Hause.
    Essen. Trinken. Weitere Telefonate. Mit der Kirche, in deren Pfarrbezirk Janet Mancinis Leiche gefunden wurde. Und mit der Kirche, in deren Bezirk sich Janets Wohnung befindet. Dasselbe mit Stacey Edwards. Einer der Pfarrer erklärt sich bereit, einen Segen zu sprechen. Er ist sogar ziemlich freundlich. Eine gute Seele. » Sie kennen nicht zufällig einen Trompeter?«, frage ich. Und, Gott segne ihn, er kennt tatsächlich einen, gibt mir seine Nummer, und zwei Minuten später habe ich einen Trompeter engagiert. Er fragt mich, welche Lieder er spielen soll. Keine Ahnung, sage ich, aber etwas Fröhliches. Nichts Trauriges. Etwas Triumphierendes, wenn ihm da was einfällt. Er sagt, das wäre möglich und dass er üblicherweise 60 Pfund für zwei Stunden verlangt, angesichts der Umstände aber umsonst spielen wird. Ich sage ihm, dass er mein neuer Lieblingstrompeter ist.
    Dann rufe ich ein paar Zeitungen an und gebe Todesanzeigen auf. Mit allem Drum und Dran, schwarzen Rahmen, fetter Schrift und Sinnsprüchen.
    Als ich überlege, was ich als Nächstes tun könnte, ruft Brydon an. Er ist in Cathays Park und sagt, dass dort alles drunter und drüber gehe und die Spurensicherung bezüglich Kapuscinskis Wohnung sehr optimistisch wäre. Aber das interessiert mich nicht, und das sage ich ihm auch.
    » Hör mal, ich hab morgen frei«, sagt er. » Wir könnten doch …«
    » Einverstanden.«
    » Aber du weißt doch noch gar nicht, was ich sagen will.«
    » Was wolltest du denn sagen?«
    » Ich wollte fragen, ob wir uns treffen.«
    » Einverstanden.«
    » Dann rufe ich dich morgen früh an, ja? Wir könnten was unternehmen.«
    Das klingt wie ein typischer Männerplan. Wir könnten was unternehmen. Wie einfallsreich! Aber ich will mich nicht streiten. Ein Männerplan reicht mir völlig aus. Wir legen auf.
    Ich schalte einen Gang zurück. So langsam bin ich angenehm müde. Heute werde ich früh ins Bett gehen und ein bisschen Schlaf nachholen. Aber vorher muss ich noch verschiedene Dinge erledigen.
    Zuerst binde ich ein paar Sträuße. Ich bin nicht die weltbeste Straußbinderin, aber schließlich zählt der gute Wille. Ich mache ungefähr zwanzig davon, binde sie mit Schnur zusammen und lege sie auf den Beifahrersitz. In jeden stecke ich einen handgeschriebenen Zettel: Zunächst einmal fände ich es schön, wenn Sie zur Beerdigung kommen. Aber ich bin auch Polizistin. Wenn Sie mir also irgendetwas über Brendan Rattigan, Huw Fletcher, Wojciech Kapuscinski, Yuri Petrov oder Karol Sikorsky sagen wollen, dann rufen Sie mich bitte unter der unten angegebenen Nummer an. Alle Anrufe werden vertraulich behandelt. Vielen herzlichen Dank, Fiona Griffiths.
    Weiter geht’s zum Blaenclydach Place am Taff Embankment. Dort ist noch nicht viel los, weil es noch früh am Tag ist, aber Freitagabend ist Hauptbetriebszeit, und die Mädchen sind bereits auf der Suche nach Kundschaft. Inzwischen kenne ich viele von ihnen, und ein paar mögen mich sogar.
    Ich gehe auf sie zu. Ein Strauß nach dem anderen, eine Prostituierte nach der

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