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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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aber noch nicht dazu gekommen.
    » Vielen Dank, Fiona.«
    » Fi.«
    » Fi? Danke, Fi. Ich werde über meine Fortschritte berichten.«
    » Und dann müssen Sie mir was vorspielen.«
    Er nickt. Dann schweigen wir wieder. Aber er weiß, was ich ihn gleich fragen werde und dass er gekommen ist, um es mir zu sagen.
    » Fletcher. Der Ort, an dem er sich aufhält.«
    Ich nicke. » Ja?«
    » Es ist ein weißes Häuschen, ein Schuppen oder so. Mit einem Turm. Ich hab nur mal einen Blick auf ein Foto geworfen, mehr nicht. Aber es ist weiß und irgendwo hinter Milford Haven. Ziemlich nahe am Strand.«
    » Ein Bootslandeplatz vielleicht?«
    » Das weiß ich nicht. Keine Ahnung.«
    » Als ich Sie besucht habe, hatten Sie ein T-Shirt von einem Segelclub an.«
    » Ja? Dabei war ich überhaupt noch nie segeln. Und ich war auch noch nie an diesem Ort.«
    » Okay.« Das glaube ich ihm.
    » Ich kann Sie begleiten, wenn Sie wollen. Ich bin ja zu sonst nichts gut, aber ich weiß, wie man Leute verprügelt.«
    Ich lache laut auf. Er kann ja nicht wissen, dass ich geübt habe, wie man Hodensäcke zu Brei tritt.
    » Ich komm schon klar. Eine Frau muss tun, was eine Frau tun muss. Außerdem ist es ja nur einer, oder? Ein Mann, der gegen Ihre Oma den Kürzeren ziehen würde.«
    » Na hoffentlich.«
    Ich stehe auf und werfe meinen vollen Kaffeebecher in den Mülleimer.
    Penry nickt mir zum Abschied zu. » Viel Glück, meine Liebe. Sie mögen vielleicht so sein wie ich, aber landen Sie nicht da, wo ich gelandet bin.«
    Ich lächle ihn tapferer an, als ich mich fühle. » Ich komm schon klar. Ihnen auch viel Glück.«
    Als ich gehe, sitzt er immer noch auf der Bank. Er hat das Buch vor sich aufgeschlagen, und seine Finger gleiten über unsichtbare Klaviertasten.

38
    Mit DI Hughes macht es im Leichenschauhaus nicht halb so viel Spaß wie mit DCI Jackson. Hughes und Price langweilen sich tatsächlich um die Wette zu Tode, wobei sich Hughes besser schlägt als gedacht. Price macht mit einer wahren Sturzflut uninteressanter Details ordentlich Punkte, woraufhin Hughes mit seiner niederschmetternden, feindseligen Art kontert. Eine hocheffiziente Technik, die er perfekt beherrscht. Am Ende sieht es nach einem Unentschieden aus, und der Sieger nach Punkten wird wohl von der Jury bekanntgegeben werden müssen.
    Währenddessen habe ich einundzwanzig Seiten meines Notizbuchs vollgeschrieben. Und wie beim ersten Mal raschle ich wie Tüll.
    Stacey Edwards liegt auf einem richtigen Autopsietisch, die beiden Mancinis nur auf fahrbaren Tragen daneben. Sie wurden nur hergebracht, damit Price ein, zwei Vergleiche anstellen kann. Morgen werden sie alle verbrannt. Für morgen ist dasselbe Wetter wie heute vorhergesagt. Windig, trocken, bewölkt. Ein guter Tag, um verbrannt zu werden. Der Wind wird der kleinen April schließlich ihre Freiheit schenken. Freiheit und Licht.
    Endlich, endlich fällt weder Price noch Hughes ein weiterer Kommentar ein. Wir bedecken die Leichen und verlassen den Raum.
    Ich sehe auf die Uhr.
    » Himmel, schon so spät?« Die große Uhr an der Krankenhauswand bestätigt mir das. Schon fast sechs. » Ich bin verabredet. Vielen herzlichen Dank, Dr. Price.« Ich schüttle ihm die Hand und wende mich Hughes zu. » Wenn Sie einverstanden sind, melde ich mich morgen bei Ihnen. Ich werde den Bericht gleich morgen früh schreiben.«
    » In Ordnung … Fiona.« Er braucht einen Augenblick, um sich an meinen Namen zu erinnern. Er ist ihm noch gerade rechtzeitig eingefallen, und ich verzeihe ihm. » Bis morgen.«
    Ich eile mit flatterndem Kittel und trampelnden Gummistiefelschritten in die Frauenumkleide. Hinter mir schlendern die Männer in ihre eigene Kabine und unterhalten sich dabei.
    Mein Herz schlägt ungefähr eintausend Mal in der Minute, aber das ist schon in Ordnung. Ich reiße mir den Kittel herunter. Meine Finger zittern so stark, dass ich ihn dabei zerreiße. Dann trete ich die Stiefel von den Füßen, schlüpfe in meine Schuhe, renne zurück zum Empfang und lausche. Die beiden Männer sind in der Umkleide.
    » Schönen Abend noch!«, rufe ich und erhalte eine gemurmelte Antwort.
    Neben der Eingangstür ist ein Sicherheitsknopf. Ich drücke ihn, und das Türschloss klickt auf. Ich öffne die Tür, dann lasse ich sie wieder zufallen. Der Knall hallt einen Moment von den nackten Wänden und dem gebohnerten Krankenhausfußboden wider.
    Einen winzigen Augenblick lang beruhigt sich mein Herz so weit, dass ich einen einigermaßen klaren

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