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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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Wohltätigkeitsorganisation, die Prostituierte mit Suppe, Kondomen und gesundheitlichem Rat versorgt und versucht, die Nutten dazu zu bringen, ihr Gewerbe, die Drogen und diesen ganzen selbstzerstörerischen Kreislauf aufzugeben. StreetSafe unterhält gute Beziehungen zur Polizei, aber trotzdem unterscheiden sich die Absichten der beiden Organisationen ganz erheblich. Das Gesetz zu vertreten ist eine Sache. Freundschaft und Mitgefühl zu zeigen eine andere.
    » Janet Mancini, eine Drogenabhängige und Teilzeitprostituierte, wurde höchstwahrscheinlich ermordet. Ihre sechsjährige Tochter auch. Es gibt Hinweise darauf, dass die Mancinis vor ihrem Tod bedroht wurden und dass sie sich möglicherweise versteckt haben. Stacey Edwards ist nicht die Mörderin.« Ich erzähle ihr von der Bruchbude und Edwards’ Fingerabdrücken auf der Spülbürste. » Aber wir vermuten, dass Edwards mit Mancini befreundet war und ihr helfen wollte.«
    » Kann gut sein. Die Mädels halten normalerweise zusammen.«
    Williams ist nicht gerade scharf drauf, mir zu helfen, daher übe ich sanften Druck auf sie aus. » Bryony, ich weiß, dass Sie das in Sie gesetzte Vertrauen nicht missbrauchen wollen. Aber meine Kollegen sind kurz davor, ihr die Tür einzutreten und sie nach dem Motto › Haben Sie für die fragliche Zeit ein Alibi?‹ zu verhören. Damit ist niemandem geholfen. Ihr nicht, uns nicht und den beiden Mordopfern auch nicht.«
    » Was soll ich also tun?«
    Jetzt kommt eine weitere Prostituierte hinzu. Die beiden Frauen begrüßen sich kurz, dann teilen sie die Straße in zwei Hälften auf. Jede beackert ihre Seite. Da das Laufen in den hochhackigen Schuhen ziemlich anstrengend ist, lehnen sie sich gegen Laternenmasten und halten mit leerem Blick Ausschau nach Freiern. Wahrscheinlich sind sie nur hier, weil Williams auch hier ist. Dann fühlen sie sich sicherer.
    » Ich will … alles wissen. Über Janet Mancini. Über Stacey Edwards. Über alle, mit denen Mancini gearbeitet hat. Über die Zuhälter. Wer das Geld kassiert. Wer einen Grund hat, Mancini zu töten.«
    Williams sieht mich schief an, ein leichtes Grinsen im Gesicht. » Das klingt nach einer Zwei-Zigaretten-Frage.«
    » An Ihrer Stelle würde ich gleich drei einplanen.«
    Williams’ Grinsen verwandelt sich in ein richtiges Lachen. » Alles klar.« Sie dreht sich eine Zigarette und redet drauflos.
    Die » Wer kassiert das Geld«-Frage ist schnell beantwortet. Letzten Endes dreht sich alles um Drogen. Achtundneunzig Prozent der Prostituierten in Cardiff sind von harten Drogen abhängig. Das Geld, das sie von ihren Freiern bekommen, fließt direkt an ihre Dealer.
    » Was ist mit den Zuhältern? Die wollen doch sicher auch ihren Anteil?«
    » Na ja, die meisten Zuhälter sind gleichzeitig Dealer. So halten sie die Mädchen auch bei der Stange. Zuhälter, Dealer, die können Sie nennen, wie Sie wollen.«
    » Und diese Zuhälter/Dealer – stammen die von hier oder …?«
    » Mal so, mal so. Früher waren das alles Einheimische, genau wie die Frauen. Jetzt kommen immer mehr aus Ost- oder Südosteuropa. Rumänien, Bulgarien, Albanien. Ich würde schätzen, dass die Mehrheit der Mädchen inzwischen von dort ist.«
    » Menschenhandel?«
    » Keine Ahnung. Wo fängt Menschenhandel an? Wenn man ein albanisches Mädchen von Heroin abhängig macht und ihm erzählt, dass es in Cardiff mehr zu verdienen gibt, dann wird es wahrscheinlich hierherkommen. Da muss die Kleine niemand dazu zwingen. Ist das Menschenhandel?«
    Während sie mit mir redet, beobachtet sie ständig die Straße. Plötzlich steht sie auf und geht ein paar hundert Meter den Fluss hinunter, um mit einer dritten Prostituierten zu reden, die ich gar nicht bemerkt hatte. Sie unterhält sich etwa fünf bis zehn Minuten mit ihr. In der Zwischenzeit gehen ein paar Männer an mir vorbei, die gerade aus einem Pub kommen.
    Sie starren mich im Vorübergehen an. Das hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten, und doch fühle ich mich, als würde ich begutachtet. Außerdem fällt mir jetzt auf, dass die Straße doch nicht so hell beleuchtet ist. Richtig unheimlich. Ich nicke den Männern zu, und sie nicken zurück. Vielleicht sind es gar keine Freier. Nicht alle Männer sind Freier.
    Williams kommt wieder zurück.
    » Die Mädchen wollten wissen, wer Sie sind. Ich hab ihnen gesagt, dass Sie mit der Polizei zusammenarbeiten.«
    » Das kommt ungefähr hin.«
    » Genau. Sie müssen allerdings demnächst verschwinden. Sie machen die Mädchen

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