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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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nervös.«
    » Ich?«
    » Ja, ich weiß, ich weiß. Hier standen mal Bänke, aber die Stadtverwaltung hat sie entfernen lassen, weil sie der Meinung war, dass sie die Prostitution befördern. Ich meine, was ist denn das für eine Argumentation? Als wäre überflüssiges öffentliches Mobiliar unser dringendstes Problem.«
    » Janet Mancini?«, frage ich.
    » Ich hab sie nie getroffen. Nie von ihr gehört – also, bis ich das in der Zeitung gelesen habe. Sie war keine Vollzeitprostituierte. Sonst hätten wir sie gekannt – nicht unbedingt ich persönlich, aber vielleicht Gill oder eine andere Kollegin.«
    » Also eine Amateurin?«
    » Wenn Sie so wollen. Sie war drogenabhängig, sagen Sie?«
    » Ja, hat aber versucht, damit aufzuhören. Ein ewiges Hin und Her.«
    » Sie hätte zu uns kommen sollen.«
    » Sie war beim Sozialamt gemeldet. Die wollten es noch mal mit ihr versuchen. Das macht das Ganze ja so schlimm.«
    Williams nickt. » Häusliche Gewalt?«
    » Sie war Single.«
    » Irgendwann wurde sie sicher auf irgendeine Art und Weise missbraucht. Das ist immer so.«
    Ich zögere einen Augenblick. Jacksons » Keine Scheiße bauen«-Warnung klingt mir noch deutlich in den Ohren, aber ich glaube nicht, dass ich nun etwas Falsches sage.
    » Bryony, wir haben da die Vermutung – und das ist zu diesem Zeitpunkt wirklich nur eine Vermutung –, dass Mancini sich auf, nennen wir es mal, harten Sex spezialisiert hatte. Eine verlauste Bruchbude, ein paar Prügel, so was in der Art.«
    » Ein paar Prügel? Sie reden von Gewalt gegen Frauen.«
    » Ich weiß, ich weiß. Ich bin auf Ihrer Seite, Bryony.«
    » Okay. Wäre schon möglich. Das abartige Zeug bringt mehr ein. Die gefährlichen Sachen auch. Wenn sie ein Kind hatte, war sie vielleicht der seltsamen Ansicht, dass sie es beschützt, wenn sie weniger Freier hat, die mehr bezahlen.«
    » Wissen Sie, welche Freier auf so was stehen?«
    Das bringt Bryony zum Lachen. » Scheiße, nein. Die meisten, würde ich sagen.«
    » Haben Sie diese Männer schon mal gesehen?«
    Ich zeige ihr Fotos von Brendan Rattigan und Brian Penry, obwohl das jetzt ganz weit hergeholt ist.
    Williams schaut sie sich genau an, bevor sie sie mir zurückgibt. » Nein. Der hier sieht aber ziemlich fies aus.« Sie meint Penry.
    » Ist er auch.«
    » Die beiden hab ich noch nie gesehen. Aber wir arbeiten ja auch mit den Frauen und nicht mit den Männern. Warum? Wer sind die Kerle?«
    Ich erzähle es ihr. Brian Penry, ehemaliger Polizeibeamter. Brendan Rattigan, ehemaliger Geldsack.
    Sie schüttelt den Kopf. » Tut mir leid, ich weiß nichts über sie.«
    » Gar nichts? Mir würde alles helfen, wenn es auch nur Gerüchte sind.«
    » Das bezweifle ich – oh, tut mir leid. Ich habe Ihren Namen vergessen.«
    » Fiona. Meine Freunde nennen mich Fi.«
    » Fi. Fi. Fi. Fi. Mein Namensgedächtnis ist furchtbar. Sorry. Wissen Sie, Gerüchte gibt’s in dieser Branche wie Sand am Meer. Wenn ein Mädchen verschwindet, dann ist es nicht einfach woanders hingezogen oder so. Nein, dann passiert ihm immer gleich was Schreckliches. Da war mal eine Frau – ich werde ihren Namen nicht nennen –, die angeblich von Ihren Kollegen bei der Sitte ermordet wurde. Jeder hat darüber geredet. Sie hätten ihre Leiche bei einem Kaufhausbrand verschwinden lassen.«
    » Was?«
    » Tatsächlich war sie nach Birmingham zu ihrer Schwester gezogen. Sie hat mir sogar eine Weihnachtskarte geschickt.«
    Darüber muss ich lachen. Allerdings ist es kein fröhliches Lachen. Wie es wohl ist, in diesem Gewerbe zu arbeiten? Wo die Gewalt alltäglich ist und die Angst davor alles überschattet, was man tut oder sagt oder weiß? Janet Mancini hatte gelernt, damit zu leben, aber sie wollte April dieses Schicksal ersparen.
    Williams beobachtet wieder die Straße. Weiter flussaufwärts redet eines der Mädchen mit einem Mann. Dann gehen die beiden zusammen davon. Im schwachen Licht kann ich nur ihre Umrisse erkennen, die sich von uns entfernen.
    » Ich muss gleich meine Runde drehen. Mich um meine Schäfchen kümmern.«
    » Alles klar.«
    » Und Sie?«
    » Ich muss morgen mit Stacey Edwards reden. Was können Sie mir über sie sagen?«
    » Stacey. Die ist schon in Ordnung. Natürlich heroinsüchtig. Aber sie redet mit uns und will aussteigen. Hilft uns sogar, macht in der Szene Werbung für uns. Das größte Problem ist die Abhängigkeit. Das ist nicht nur eine chemische Sache, das ist ein ganzer Lebensstil. Als Kind werden sie missbraucht. Dann von

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