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Totenklage

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Bingham
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Nase. Es riecht nach Gewalt.
    Laut meinem brillanten Plan, den ich so überzeugt vor Jane Alexander ausgebreitet habe, sollte ich gleich im Anschluss noch mit ein paar anderen Mitarbeitern von StreetSafe reden, doch momentan weiß ich nicht so recht, ob ich das fertigbringe. Vielleicht sollte ich zu Hause anrufen, aber ich will nicht mit Mam, sondern mit Dad reden, und der ist gerade in der Arbeit. Und ihn bei der Arbeit anzurufen ist der reinste Alptraum. Er brüllt die ganze Zeit herum und hört mir nicht richtig zu.
    Eine andere Möglichkeit wäre, mich bei Brydon zu melden. Noch haben wir den Feierabenddrink nicht nachgeholt, doch das scheint mir kein negatives Signal zu sein. Lohan frisst einen Großteil der Energie der Abteilung, und Brydon hat mit Sicherheit so viel Stress wie ich. Allerdings bringe ich es nicht über mich, ihn anzurufen. Er ist eher der sonnige Typ, und gerade habe ich das Gefühl, dass ich tief im Schatten stehe. Und zwar, seit mir dieser Fall so zusetzt. Ich wüsste nicht, worüber ich mit Brydon reden sollte.
    Ich spiele ratlos mit dem Telefon herum.
    Dann schreibe ich eine SMS : HEY , LEV , BIST DU DA ? WOLLTE MICH NUR MAL MELDEN . FI .
    Ich sende die SMS ab. Von meinem Parkplatz aus kann ich das Haus sehen, vor dem Bryony und ich gesessen haben, aber was sich dahinter abspielt, liegt außerhalb meines Blickfelds. Ich lasse den Motor an und fahre gerade aus dem Parkplatz, als eine SMS eintrifft.
    KANN VORBEIKOMMEN , WENN DU WILLST . WARUM ? ÄRGER ?
    Was soll ich ihm darauf antworten? Ja, mein lieber Lev, ich stecke tief in der Scheiße und bin kurz davor, was richtig Übles anzustellen. Besser, ich beruhige ihn.
    NEIN . GLAUB NICHT . WOLLTE NUR MAL HALLO SAGEN . FI .
    Jetzt fühle ich mich schon besser. Ich weiß, dass ich im Notfall auf ihn zählen kann. Dieser positive Gedanke ermutigt mich so sehr, dass ich zwei weitere ehrenamtliche StreetSafe-Mitarbeiter anrufe. Sie geben mir ein paar zusätzliche Informationen, aber nichts dramatisch Neues. Dass Staceys Schwester in Neath wohnt, ist wohl die wichtigste Information. Wenn ich die Identität des anonymen Anrufers feststellen kann, wird sogar Jackson stolz auf mich sein.
    Um Viertel vor elf beende ich die Befragung und düse nach Hause. Das Navi in meinem Auto warnt mich vor Radarfallen, die mir aber im Moment ziemlich egal sind. Zu Hause ist nicht viel Essbares zu finden. Ich habe weder zu Abend gegessen noch eingekauft. Daher fülle ich Obst und Müsli in eine Schale und brösle einen Energieriegel darüber. Eine vollwertige Mahlzeit, oder nicht? Ich schlinge sie hinunter, dann spüle ich ab – oder tue das, was ich abspülen nenne –, entdecke noch ein Päckchen Salami und esse es mit einer schon leicht verdächtig aussehenden Tomate. Ein Festmahl.
    Danach tippe ich wie entfesselt meine Notizen. Um Viertel nach zwölf bin ich fertig und mache Schluss für heute. Aprils Gesicht grinst mir sechsfach entgegen.
    » Wir sind nahe dran, Schätzchen«, sage ich.
    Das scheint sie nicht zu interessieren. Ich bin seit fünf Uhr wach und todmüde.

16
    Was soll ich sagen? Auch am nächsten Tag wache ich wieder viel zu früh auf. Und bin so wach, dass ans Weiterschlafen nicht zu denken ist. Wieder erfüllt dieses seltsame Kribbeln meinen Körper. Die Gewissheit, dass Lev für mich da ist, macht es ein bisschen besser. Ich gehe in den Garten und rauche, obwohl ich mein selbstauferlegtes Wochenlimit schon erreicht habe. Dann ein zweites Frühstück. Wieder zur Arbeit und zur nächsten Einsatzbesprechung. Man merkt kaum, dass es Samstag ist. Lohan ist ein Ungeheuer, das Wochenenden frisst und Überstunden produziert. Alle sind müde. Alle arbeiten sehr hart.
    Als ich ankomme, raucht Ted Floyd, ein Sergeant in Uniform und ein guter Freund von Jim Davis, vor der Tür eine Zigarette. Floyd war einer der Ersten, mit denen ich zusammengearbeitet habe, aber aus irgendeinem Grund geht er mir aus dem Weg. Mit Absicht, nehme ich an. Na toll.
    Und jetzt das.
    Jane Alexander und ich erreichen Stacey Edwards’ Wohnung um kurz vor halb zwölf. Sie wohnt in einem schäbigen Mietshaus in Llanrumney. Weitere Mietskasernen zur Linken, Einfamilienhäuser zur Rechten, vor denen der Bauschutt schon so lange liegt, dass bereits Unkraut darauf wächst. Kaputte Kühlschränke und schimmlige Matratzen. Und das sind nur die Häuser. In den Mietswohnungen ist es noch viel schlimmer.
    Ich habe mich absichtlich etwas lässiger angezogen. Jane Alexander dagegen trägt ein

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