Totenklage
Blumenlieferservice ausgeben, die sich eine Bestellung für Montag bestätigen lassen will. Bei der ersten Nummer – mit der Vorwahl von Cardiff – geht der Anrufbeantworter ran. Kein Name. Nur die Ansage » Der gewünschte Gesprächspartner ist zurzeit nicht erreichbar« vom Band. Das hilft mir nicht weiter. Ich lege auf. Die zweite Nummer ist in Penrys Handy unter dem Namen » Jane« gespeichert, der Spruch auf dem AB erwähnt jedoch » Jane und Terry«. Ich mache mir eine Notiz, hinterlasse jedoch keine Nachricht.
Bei der dritten Nummer geht eine Frau an den Apparat. Ich spule meine Litanei ab. Leider ist die Adresse für die Lieferung morgen verlorengegangen. Bei mir ist Richards Court 22 eingetragen, aber das kann nicht stimmen, da gleich drei Bestellungen für diese Adresse eingetragen sind. Die Frau kauft mir die Geschichte ab und nennt eine Adresse in Pontprennau, oben beim Golfclub. » Ach ja, oben beim Golfclub«, sage ich.
» Genau, oben beim Golfclub«, sagt sie.
Dann bitte ich sie, mir ihren Namen zu bestätigen, damit » die Lieferung auch an die richtige zugestellt wird«.
Das ist bar jeder Logik. » Natürlich«, sagt die Frau und nennt mir ihren Namen. Laura Hargreaves.
» Vielen Dank, Laura«, sage ich. » Bestens. Dann sehen wir uns ja vielleicht morgen, wenn Sie zu Hause sind.«
» Oh, ich habe zu danken. Ich liebe Blumen. Ich frage mich, von wem sie wohl sind.«
» Tja, das darf ich Ihnen leider nicht verraten, aber es ist ein wunderschöner Strauß. Was ist Ihre Lieblingsfarbe?«
» Oh, keine Ahnung. Bei Blumen vielleicht so cremefarben. Am liebsten sind mir Rosen, aber ich mag eigentlich alle Blumen.«
Ich verspreche ihr einen großen Strauß cremefarbener Rosen und lege auf. Das macht Spaß. Ist doch schön, ein bisschen Freude zu verbreiten. Ich wähle noch dreiundzwanzig Nummern. Vierzehnmal wird abgehoben, was mir zwölf Adressen und zehn Namen einbringt. Dann versuche ich es noch mal bei den Nummern, bei denen nur der Anrufbeantworter dran war, und sammle einen weiteren Namen samt Adresse ein. Ich bin die geborene Blumenlieferantin. Ohne mich selbst loben zu wollen – ich kann am Telefon wirklich sehr überzeugend sein.
Dido unter mir hat ihr Pulver verschossen und ist still. Aber ich muss sowieso mal raus. Ich schicke den Leuten, die ich nicht erreichen konnte, eine SMS und spaziere zu Sainsbury’s rüber, um die Wocheneinkäufe zu erledigen. Nach meiner Theorie muss ich zwangsläufig vernünftig essen, wenn ich mir nur einfach zuzubereitende, gesunde Nahrungsmittel kaufe. Na ja, vielleicht nicht gerade selbstgemachte Tortellini. So vornehm sind wir kleinen Blumenmädchen nicht. Außerdem kaufe ich mir noch einen Begonientopf, der in einem kleinen geflochtenen, rotkäppchenmäßigen Korb steckt. Ein bisschen zu winzig für das, was ich damit vorhabe, doch er wird seinen Zweck schon erfüllen.
Ich bezahle, spaziere wieder nach Hause, verstaue die Einkäufe, führe noch ein paar Telefonate und koche eine Mahlzeit für zwei, was nicht einfach ist, wenn man nicht weiß, wann der Gast kommt und wie viel Hunger er mitbringt. Ich entscheide mich für einen Brunch aus Bagels, Frischkäse, Räucherlachs und Orangensaft. Rühreier sind ja schnell gemacht. Passend für jede Gelegenheit.
Ich lege Paloma Faith auf und beschließe, das Staubsaugen um eine weitere Woche zu verschieben. Mein Musikgeschmack ist zum Davonlaufen. Da ich nicht genau weiß, wer ich bin, kaufe ich meine CD s nach dem Zufallsprinzip. In der Hoffnung, irgendwann Musik zu finden, die meinem wahren Ich entspricht. Falls mir das überhaupt auffallen würde.
Während ich auf die Erleuchtung warte, nehme ich die SIM -Karte aus Penrys Handy und werfe sie in einen Topf mit kochendem Wasser. Dann leere ich den Topf aus und stecke die SIM -Karte wieder ins Telefon zurück. Penry wird versuchen, den Schaden, den ich mit meinen Anrufen angerichtet habe, so schnell wie möglich auszubügeln, aber wer macht sich schon eine Kopie von seinem Handyadressverzeichnis? Durch die Zerstörung der SIM -Karte habe ich etwas Zeit gewonnen.
Nicht ohne Bedauern nehme ich die Fotos von April ab. Die blaue Klebemasse hat überall Spuren hinterlassen. Ich kratze mit den Fingernägeln daran herum und weiß genau, dass ich diesbezüglich keine weiteren Anstrengungen unternehmen werde.
21
Penry kommt um vier.
Mein Name und meine Adresse stehen im Telefonbuch, aber ich bin nicht die einzige Griffiths in Cardiff, noch nicht mal die einzige
Weitere Kostenlose Bücher