Totenklage
F. Griffiths. Als Penrys hässlicher alter Toyota Yaris vor dem Haus auftaucht, ist offensichtlich, dass er nicht weiß, ob er richtig ist. Wahrscheinlich vermutet er, dass mein langweiliges kleines Anwesen zu teuer für eine einfache DC ist. Ich winke ihm durch das Fenster zu und schenke ihm ein aufmunterndes Lächeln.
Dann bitte ich ihn herein. Er drängt sich an mir vorbei. Er kocht vor Wut.
Ich habe sein Handy auf den Wohnzimmerboden gelegt, zusammen mit der Rotkäppchen-Begonie, die ich mit einer Weihnachtsschleife versehen habe. Das ist meine Art, Dankeschön zu sagen. Er nimmt das Telefon an sich. Die Topfpflanze lässt er stehen.
Inzwischen bin ich schon in der Küche und setze Wasser auf.
» Was soll das, verdammte Scheiße?«, fragt er und stellt sich in die Tür.
» Das ist eigentlich ein Brunch, jetzt aber mehr so eine Mischung aus Mittag- und Abendessen. Ich wusste ja nicht genau, wann Sie kommen. Ich kann Rühreier machen, wenn Sie richtig Hunger haben.«
Er verliert kein Wort über die Rühreier und auch nicht darüber, ob er lieber Tee oder Kaffee hätte. Ich tippe auf Kaffee und mache ihm einen. Ich selbst trinke ja keinen, habe allerdings immer einen Vorrat für Besucher im Haus. Leider nur Instantkaffee. Ich spendiere ihm vier Löffel. Pfefferminztee für mich.
» Schon komisch. Die Leute sagen ja immer, wie gut Kaffee riecht, selbst wenn sie überhaupt keinen trinken.« Penry antwortet nicht. Er steht immer noch in der Tür. » Ich nicht. Ich mag weder den Duft noch den Geschmack.«
Ich setze mich. Die Küche ist der schönste Raum im ganzen Haus. Nicht, weil ich mich dafür besonders ins Zeug gelegt hätte. Sie ist einfach nur einigermaßen sauber, und eine große Fenstertür führt direkt in den Garten. Selbst wenn das Wetter nur einigermaßen schön ist, wirkt die Küche hell und luftig.
» Bedienen Sie sich. Greifen Sie zu. Das ist dieser › Schmeck den Unterschied‹-Lachs von Sainsbury’s. Aber ich glaube ja, dass sie einfach nur mehr dafür verlangen, ohne dass man da einen Unterschied schmeckt, finden Sie nicht auch?«
Penry ist ein eher passiver Gesprächspartner. Immerhin kommt er an den Tisch, zieht einen Stuhl zu sich und setzt sich darauf.
» Sie sind eine blöde Schlampe«, sagt er.
» Hm, getoastet schmecken sie besser, oder?« Ich stecke die Bagels in den Toaster. » Wissen Sie, das ist ein Mordfall. Janet und April Mancini. Und nun auch noch Stacey Edwards.«
Als Edwards’ Name fällt, zeigt er keine Reaktion. Hätte ich auch nicht erwartet, doch einen Versuch war es wert.
» Ich habe sie gefunden. Ich bin durch ein Fenster eingestiegen, und da lag sie. Wissen Sie, wie sie gestorben ist?« Penry antwortet nicht, aber ich erzähle es ihm trotzdem. Alles, auch das mit den Kabelbindern und dem Isolierband. » Natürlich ist die Autopsie noch nicht abgeschlossen, aber sie wurde wohl auf dieselbe Weise wie Janet Mancini ermordet. Erst hat man sie mit Heroin vollgepumpt und ihr dann die Nase zugehalten. Dr. Price, der schon die Mancinis obduziert hat, meint, dass so was nur ein, zwei Minuten dauert. Finger und Daumen. Einfach so.«
Ich lege jeweils einen Bagel auf unsere Teller. Da ich seit dem Frühstück nichts mehr gegessen habe, bin ich ziemlich hungrig und schlage ordentlich zu. Penry hat wohl ebenfalls Hunger. Er belegt seinen Bagel mit Lachs und isst. Er sitzt nicht ordentlich am Tisch und ignoriert Teller und Besteck. Den Frischkäse probiert er auch nicht. Ein Jammer.
» Haben Sie jemanden angerufen?«
» Ja. Alle. Ihre Mam ist sehr nett. Sie hat mich › Liebes‹ genannt und zweimal › Gott segne Sie‹ gesagt. Ich habe ihr für morgen einen Blumenstrauß versprochen, also wenn Sie das irgendwie einrich…«
Penry öffnet den Mund. Nicht, um einen Bissen zu nehmen, sondern um etwas zu sagen. Und nicht nur so was wie » blöde Schlampe« oder so. Dafür sind seine Augen zu berechnend. Ich ermutige ihn schweigend, das, was ihm durch den Kopf geht, auch auszusprechen, doch er entscheidet sich dagegen. Er schafft nicht mal eine weitere Beleidigung. Stattdessen schmeißt er sich noch ein Stück Lachs auf den Bagel und steht auf. Bereit zum Aufbruch.
Ich stehe ebenfalls auf, um ihn zur Tür zu bringen. Wir stehen zwischen Wohnzimmer und Flur, als er sich umdreht. Entweder wird er jetzt etwas Brauchbares sagen oder mir wieder eine Beleidigung an den Kopf werfen. Aber ich liege mit beiden Vermutungen falsch. Ohne Warnung und ohne groß auszuholen, schlägt er
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