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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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gütigen wie verletzlichem Wesen. Ihre Fellkleidung war ebenso abgetragen wie die der anderen Majunay.
    „Vater“, seufzte sie in besorgtem Tonfall. „Du wirst dich wohl niemals ändern.“
    Kurz sah sie zu Larkyen, sie wollte etwas sagen, verstummte jedoch abrupt wieder. Ungläubigkeit spiegelte sich in ihrem jungen Gesicht wider, und sie wich einen Schritt zurück.
    „Deine Augen“, flüsterte sie, und Ehrfurcht schwang in ihrer Stimme mit. „Deine Augen, es sind die eines Raubtiers. Du bist eine Gottheit. Vater erzählte mir von euresgleichen.“
    „Zaira, das ist Larkyen“, sagte Khorgo.
    „Ich hatte es geahnt.“
    Khorgos Tochter beruhigte sich nur langsam, für die junge Frau war es nur schwer zu glauben, dass sie wirklich und wahrhaftig einem übermächtigen Wesen gegenüberstand. Über Larkyen und Patryous gab es zahlreiche Erzählungen, eine davon war für Zaira nun Wirklichkeit geworden, und sie wusste sich plötzlich als ein Teil davon. Die wilden bedrohlichen Augen der Unsterblichen und ihre drahtigen Leiber erinnerten an die Raubtiere, die sie waren und faszinierten und erschreckten die Menschen seit jeher.
    Während Patryous dabei war, auch Khorgos Wunde zu unters uchen, verzog der Majunay zum ersten Mal vor Schmerzen das Gesicht. Zaira sah ihren Vater besorgt an, dann wechselte ihr Blick zu Patryous. „Wird mein Vater wieder gesund?“ Sie wandte ihren Blick sofort ab, als wage sie nicht in die Augen der Unsterblichen zu blicken.
    Patryous nickte und sagte: „Dein Vater ist zäh, er hat vermutlich schon schlimmere Verletzungen überlebt. Der Pfeil verursachte keine gebrochenen Knochen, aber es wird Zeit vergehen, bis die Wunde verheilt ist.“
     
    In einigem Abstand hatten sich bereits mehrere Schaulustige ve rsammelt, weitere Männer der Velorgilde waren unter ihnen. Durch ihre markanten Gesichtsbemalungen fielen sie besonders auf. Sie waren allesamt bewaffnet, doch keiner von ihnen wagte einen weiteren Angriff auf die Majunay. Stattdessen riefen sie nach Gerechtigkeit und forderten die Hinrichtung der Ostländer.
    Am Wirtshaus waren mittlerweile die Tür und die Fenster fest verriegelt. Der Inhaber weigerte sich, für den Rest der Nacht noch Gäste zu empfangen.
    „Wir sollten die Hafengegend verlassen“, sagte Patryous. „Es wird nicht lange dauern, bis man sich auf den Straßen von diesem Kampf erzählt. Die Festung liegt nur zwei Straßenzüge entfernt, dort sind hundertfünfzig Soldaten stationiert. Und wenn die Soldaten hierher gesandt werden, ist es möglich, dass sie alle Majunay verhaften.“
    „Aber wir wurden schließlich angegriffen und haben uns nur ve rteidigt.“ Khorgo war empört.
    „Das Problem ist, dass dieser Stadtteil unter der Kontrolle der V olargilde steht. Sie stehen den Zhymaranern nahe und betrachten euch als Feinde. Unabhängig davon, was wir den Soldaten erzählen, die Gilde wird im Zweifelsfall unzählige Augenzeugen vorweisen, die das Gegenteil behaupten.“
    „Versucht in einem anderen Stadtteil eine Unterkunft zu finden“, schlug Larkyen vor. „Am Ende der Straße beginnt ein Viertel, in dem es friedlicher zugeht. Wir werden euch sicheres Geleit geben.“
    „Aber unsere Toten müssen wir mitnehmen“, seufzte Khorgo. „Wir haben acht Männer verloren, fünf davon waren ausgebildete Krieger, und zwei davon gute Freunde, die ich von klein auf kannte. Wir können sie nicht hier liegen lassen.“
    „Ihr habt keine andere Wahl“, drängte Larkyen. Bereits lange vor den Sterblichen hörte er das Hallen vieler Schritte und das Scheppern schwerer Rüstungen aus einer nahegelegenen Straße. Die Soldaten kamen näher. Wenn sie erst da waren, würde die Situation eskali eren, denn um nichts in der Welt hätte Larkyen zugelassen, dass seinem alten Freund und dessen Tochter ein Leid zustieß.
     

Kapitel 3 – Erinnerungen
     
    In all ihrer Not ließen die fünfundzwanzig Majunay ihre Toten zurück und zogen rasch mit den Unsterblichen weiter. In den angrenzenden Gassen zeigten sich immer wieder Mitglieder der Velorgilde, ihre bemalten Gesichter zeichneten sich wie boshafte Fratzen im Halbdunkel ab. Ganz gleich, wie gut die Velors sich zu verbergen versuchten, Larkyen und Patryous erspähten sie selbst in der tiefsten Dunkelheit. Weiterhin erfolgte kein Angriff, die Präsenz zweier Unsterblicher genügte, um die Velors Distanz wahren zu lassen.
    Die Straße führte weiter am Flussufer entlang; in ihrem Verlauf bot sie ein weiteres Mahnmal der Gildengesetze.

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