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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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dschaft geht, dann hat auch ein einziges Leben so viel Gewicht. Ich brach auf, um Khorgos Tochter zu befreien, und für mich ist ihre Rettung mittlerweile eng mit der Befreiung der Meridianer und dem Sturz des Rates verknüpft.“
     
    Hinter dem Feld erstreckten sich die Eichenbäume, und zwischen ihren vollen grünen Astkronen erhob sich der Turm der Kathedrale des Fleisches in den Himmel. Der goldene Schimmer seiner Spitze strahlte wie eine zweite Sonne und verlieh seiner Umgebung einen trügerischen Nimbus.
    Immer wieder beobachtete Larkyen die Wassergräben, nur selten konnte er bis auf den Grund sehen. Meridias konnte überall sein, und diese Tatsache machte Larkyen immer nervöser. Auch er hasste es, sich zurückzuziehen und zu verstecken. Doch wegen seiner Begleiter hatte er keine andere Wahl, er musste sie aus all diesen Kämpfen h erausführen. Während des Krieges in Ken-Tunys hatte er zu viele Menschen sterben sehen und hatte ihnen nicht helfen können. Doch in der größten Stadt der Welt würde er den Tod seiner Freunde und Verbündeten verhindern können. Niemand sollte mehr sterben.
    Der Himmel über der Stadt war so blau, wie die Augen jenes kleinen Jungen in Eisenburg. Immer wieder erinnerte er sich an das somme rsprossige Gesicht und das unschuldige wie sorglose Lächeln. Larkyen hatte ihn binnen eines Atemzuges getötet und durch diese Tat etwas in sich selbst getötet, das wusste er jetzt. Was er getan hatte, konnte er nicht rückgängig machen.
    Der Krieg liegt dir im Blut, hatte einst der Kriegsgott Nordar zu Larkyen gesagt. Nordars Worte entsprachen der Wahrheit.
     
    Das Tor zur Kathedrale öffnete sich, und Patryous trat heraus. Sie hielt ihren Speer aus schwarzem Stahl in der Hand und spähte in die Ferne.
    „Beeilt euch“, sagte sie. „Vom Turm aus konnte ich beobachten, wie ein Trupp Soldaten in Richtung der Felder ausgeschwärmt ist.“ Patryous musterte die Majunay und die Zhymaraner, dann Wanar. „Mehr haben nicht überlebt?“ seufzte sie.
    „Lemar und seine Tochter sind tot. Und die wenigen überlebenden Krieger der Schattengilde schlossen sich dem Aufstand auf dem Platz der ewigen Gerechtigkeit an.“
    Sie betraten die Kathedrale, und noch einmal suchte Patryous mit i hren Blicken die Umgebung ab. Dann folgte sie den anderen und schloss das Tor wieder.
    Khorgo und Zaira begrüßten ihre Landsleute. Sofort bemerkten die beiden mit Bestürzung, dass viele Ostländer den Kerkern nicht hatten entfliehen können. Zaira begann zu schluchzen.
    Ein kleiner Junge flüsterte: „Das Monster und seine Soldaten haben sie getötet. Und auch Mutter und Vater haben sie getötet.“
    Zaira nahm das Kind in die Arme und drückte es fest an ihre Brust. Zusammen weinten sie um ihrer aller Verluste.
    Larkyen kannte nicht einmal die Namen der Toten, wenngleich sie Teil der Gruppe gewesen waren, die er versucht hatte zu beschützen. Jene Majunay hatten sich tief vor ihm verneigt, hatten ihn angelächelt und sich für seine Bemühungen bedankt und auch in ihren Augen hatte er jenen mittlerweile so gewohnten Ausdruck von Ehrfurcht erkennen können. Denn jeder der toten Ostländer hatte gewusst, wer Larkyen war.
     
    „Die Majunay erzählen, du hättest Meridias ein weiteres Mal im Kampf gegenübergestanden“, sagte Patryous. Sie stand nahe dem Tor am Rand eines nischenartigen Fensters. Der Wind wehte durch ihr seidiges Haar. „Er wartete bei den Kerkern auf mich. Es war eine sorgfältig geplante Falle. Doch ich konnte Meridias mit meinem Schwert verwunden.“
    „Er erlitt also eine weitere Verwundung.“ In Patryous Augen fl ackerte triumphale Freude auf. „Das verbessert unsere Aussichten für den nächsten Kampf.“
    „Die Verwundung durch den schwarzen Stahl verlangt einem U nsterblichen viel Geduld ab, das wissen wir beide. Meridias` einzige Möglichkeit einer raschen Genesung wären die Runen des Nordens, rituell eingesetzt durch einen Runenmeister von Kyaslan.“
    „Meridias verachtet die Runen des Nordens. Er wird weder die Kenntnisse besitzen, sich durch die Anwendung der Runen selbst zu heilen, noch wird er einen Runenmeister kennen.“
    „Wir können davon ausgehen, dass er auf die Jagd gehen wird. Zweifellos unterstützt das Zehren von Lebenskraft jedwede Genesung.“
    Larkyen trat nahe an sie heran. Er musste sie berühren, ihre we iche Haut unter seinen Fingern spüren. Zärtlich wie ein Windhauch streichelte er ihre Schultern. Die Lebenskraft in ihr pulsierte mächtig und rein.

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