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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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brutalste an ihr. Vor der Begegnung mit Lavandar dem Schrecklichen musste sie von a nmutiger Schönheit gewesen sein, jetzt jedoch war sie nur noch ein blutiges Stück geschundenen Fleisches, kaum mehr als menschliches Wesen zu erkennen. Ein süffisantes Grinsen lief mitten durch Lavandars Gesicht. Und noch während seine wulstigen Finger, getrieben von morbider Lüsternheit, über ihre Haut glitten, hörte sie auf zu atmen.
    In diesem Moment bemerkte er die Geister. Er schien sie gespürt zu haben, so wie Menschen die Anwesenheit von Geistern manchmal wahrnahmen. Vielleicht war es der plötzliche Einbruch jener Eise skälte, die sie mit sich brachten und die in dieser Sommernacht so fremdartig anmutete, oder er hatte sich einfach nur beobachtet gefühlt.
    Lavandar bäumte sich auf, seine Augen weiteten sich und sein zuvor noch so zufriedener Gesichtsausdruck verwandelte sich in Fa ssungslosigkeit.
    „Was geschieht hier?“ keuchte er. „Was für ein Spuk ist das? W achen!“
    Das wenige frische Blut an den schwarzen Klingen und Äxten der Geister und auf Teilen ihrer Rüstungen zeugte vom Schicksal der Wachen. Es gab keine Hilfe, keine Rettung. Die Schlinge zog sich auch um seinen Hals. Und sein Tod sollte nicht so schnell vonstatten gehen. Larkyen verstand unter Gerechtigkeit etwas anderes als die meisten Richter oder Henker. Wenn es seiner Laune entsprach und seine Zeit es gestattete, dann ließ er die Schuldigen, wie er sie nan nte, leiden, damit sie im Verlauf ihres Leidens ihre Taten bereuten und sich wünschten, nie geboren worden zu sein.
    Lavandars Blick suchte das Schwert, das nicht weit von ihm en tfernt an der Wand lehnte. Wie hätte er auch wissen können, dass seine Klinge nutzlos war.  
    Die Geister umringten ihn, ihre Hände durchdrangen seine Haut und fanden den Weg in seinen Leib. Er schrie, und blankes Entsetzen ließ ihn immer wieder erschaudern. Und es war, als würde ihr Tod, ihre Kälte, langsam auf ihn übergehen. Seine Haut wurde faltig, sein Haar färbte sich grau und fiel in Strähnen aus, die Augen sanken in die Höhlen zurück. Er röchelte, wand sich unter ihrer Berührung. Seine Blase und sein Darm entleerten sich unbeabsichtigt, und er fiel schließlich in seinen eigenen Dreck. Die Geister kannten kein Erbarmen, weil auch Larkyen kein Erbarmen kannte. Der Totenkönig sah mit den Augen seiner Geister, hörte mit ihren Ohren und hande lte durch ihre Taten. Er genoss das Leid seines Feindes, so wie er es während des Krieges genossen hatte. Das Leid eines Feindes war seine Freude, und jeder in Qualen ausgestoßene Schrei glich in Momenten wie diesem einem Triumphgesang.
    Lavandars Leib zersetzte sich, bis nichts mehr von ihm übrig war außer einer Lache Fäkalien. Diese letzte Erinnerung an seine Exi stenz würde bald verschwunden sein.
    Larkyen lächelte zufrieden. „Die Velorgilde ist Vergangenheit“, ve rkündete er seiner Gefährtin.
    Vielleicht lag es an der Düsternis, die in seiner Stimme mi tschwang, dass sie ihn wieder einmal forschend ansah. Und er las Sorge in ihrem Blick. Larkyen wusste, weshalb:, Sie vermutete wohl, die vielen Schlachten und Entbehrungen hätten ihn zu sehr verändert. Der Krieg in Ken-Tunys war sein Krieg gewesen, sein persönlicher Krieg gegen Strygar. Und wer zu lange im Krieg gelebt hatte, ertrug irgendwann weder Ruhe noch Frieden. Im ewigen Rausch der Gewalt, im fortwährenden Gewitter eines Krieges konnte sich ein Unsterblicher in einen Gott des Krieges verwandeln – beherrscht vom unbändigen Drang zu kämpfen und zu siegen; dazu bestimmt, ein ruheloses Leben auf den Schlachtfeldern der Welt zu führen.
    Doch welche Wahl hatte er schon bei seiner Vergangenheit g ehabt? Er liebte die Frau an seiner Seite, doch würde er auch immer auf den Schlachtfeldern zu Hause sein, denn dort war er einst geboren.
     
    Als sie die Hauptstraße erreichten, sahen sie Aufständische wie auch Soldaten in ihrem Blut liegen. Die überlebenden Soldaten hatten sich in kleine Gassen zurückgezogen, doch sie machten keine Anstalten, noch länger an den Kämpfen teilnehmen zu wollen. Stattdessen legten sie ihre Helme, Rüstungen und Umhänge ab und begannen ebenfalls auf die Felder zu fliehen.
    Plötzlich hörte Larkyen aus einer Seitengasse das Stampfen schwerer Hufe auf dem Boden. Ein Wiehern erklang. „Alvan“, flü sterte Larkyen. Er ging mit schnellen Schritten in die Gasse. Er sah das riesenhafte kedanische Pferd.
    Alvan bäumte sich auf und trat mit den

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