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Totenkünstler (German Edition)

Totenkünstler (German Edition)

Titel: Totenkünstler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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liegen. Allerdings haben sie seine aktuellen Handyrechnungen sichergestellt. Er hat sie in der Schreibtischschublade aufbewahrt.«
    »Die könnten uns weiterhelfen. Würden Sie uns die rüberschicken?«
    »Kein Problem, Sie bekommen sie gleich morgen früh. Okay, ich für meinen Teil fahre jetzt nach Hause, trinke ein schönes Glas Wein und gönne mir meinen wohlverdienten Schlaf«, verkündete Dr. Hove.
    »Klingt sehr vernünftig«, sagte Garcia, wobei er Hunter mit einem stechenden Blick fixierte.
    »Schon gut, Sie haben ja recht, Doc«, sagte Hunter und nickte Garcia zu. »Wir brauchen alle ein bisschen Ruhe, sonst platzt uns noch der Kopf.«
    »Den Obduktionsbericht maile ich Ihnen noch schnell. Die Laborergebnisse bekommen Sie dann, sobald sie mir vorliegen. Aber Sie kennen das ja, es kann gut sein, dass es noch einen oder zwei Tage dauert, selbst mit Eilantrag.«
    »Das macht nichts, Doc. Vielen Dank, dass Sie sich so reinhängen.«

84
    Eleesha Holt erwachte zu den ersten Sonnenstrahlen. Einen Wecker brauchte sie nicht, ihre innere Uhr war so fein abgestimmt wie ein Schweizer Präzisionschronograph. An diesem Morgen allerdings blieb sie, statt wie sonst sofort aus dem Bett zu springen, noch zehn Minuten liegen und starrte an die Decke ihres kleinen Schlafzimmers. Sie dachte an den langen Tag, der ihr bevorstand, und mit einem Mal überkam sie ein Gefühl tiefer Traurigkeit und Ohnmacht. Langsam kroch sie aus dem Bett, schleppte sich ins Bad und unter die warme Dusche.
    Nach dem Duschen wickelte sich Eleesha ein Handtuch um die Haare und schlüpfte in ihren hellgelben Bademantel. Sie wischte am beschlagenen Spiegel eine runde Stelle frei und betrachtete sich lange darin. Ihre eingefallenen Augen, die stumpfe Haut und das zurückgehende Zahnfleisch waren die Ergebnisse einer von Alkohol und Drogen zerstörten Jugend. Die Narbe an der linken Wange war die Quittung dafür, dass sie mit zu vielen Männern und Frauen geschlafen hatte, von denen einige zur Gewalt neigten – und dieser Neigung auch nachgaben. Normalerweise verbarg ihre dunkle Haut die schwarzen Ringe unter ihren Augen. Ihre Haare hatten den natürlichen Glanz und ihre Spannkraft verloren, aber mit ein bisschen Geduld und einem sehr heißen Lockenstab konnte sie immer noch einiges aus ihnen herausholen, wenn es nötig war.
    Eleesha trat vom Spiegel zurück, öffnete ihren Bademantel und ließ ihn zu Boden fallen. Zögerlich fuhr sie sich mit der Hand über den Bauch. Ihre Fingerspitzen berührten die drei alten Stichwunden. Tränen brannten in ihren Augen. Hastig griff sie wieder nach ihrem Bademantel und verjagte die Erinnerungen an ein früheres Leben aus ihrem Kopf.
    Nach einem schnellen Frühstück kehrte Eleesha ins Schlafzimmer zurück, wo sie sich ein wenig schminkte und dann Jeans, ein langärmeliges T-Shirt sowie ihre bequemen Alltagsschuhe anzog, bevor sie sich auf den Weg zur U-Bahn machte. Von ihrer Wohnung in Norwalk aus waren es nur vier Stationen bis nach Compton, inklusive einmal Umsteigen am Bahnhof Imperial / Wilmington.
    Um diese Zeit herrschte am U-Bahnhof Norwalk noch nicht viel Betrieb. Eleesha wusste, dass ihr, sollte sie so leichtsinnig sein und zur morgendlichen Stoßzeit loszugehen, eine höllische Fahrt bevorstand: Gedränge auf dem Bahnsteig, überfüllte Züge und nicht der Hauch einer Chance auf einen Sitzplatz. Nein, da kam sie lieber eine halbe Stunde zu früh ins Büro, als zur Rushhour dem Wahnsinn des öffentlichen Nahverkehrs zu trotzen. Sie hatte sowieso immer genügend Arbeit auf dem Schreibtisch.
    Eleesha war nie aufs College gegangen. Sie hatte die Schule in der achten Klasse abgebrochen, aber ihre persönliche Geschichte machte sie in dem, was sie tat, zur Expertin. Eleesha arbeitete in der Sozialberatungsstelle der Stadt Los Angeles. Die Sozialberatungsstelle bot Hilfe und Unterstützung bei Fällen von häuslicher Gewalt, Drogenmissbrauch, psychischen Störungen, Gewalt gegen Frauen oder zerrütteten Familien.
    Eleesha betreute vornehmlich drogenabhängige Frauen, Opfer häuslicher Gewalt und Prostituierte, die aus dem Milieu aussteigen wollten. Ihre Arbeitstage waren lang, kräftezehrend und geprägt vom Frust und Leiden anderer Leute. Sie hatte schon so vielen Frauen geholfen, ihnen einen Ausweg aus ihrem bisherigen Leben gezeigt, nur um dann mit ansehen zu müssen, wie sie nach ein paar Monaten wieder genau dort landeten, wo sie angefangen hatten. Aber hin und wieder gelang es ihr eben doch, ein Mädchen

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