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Totenkult

Totenkult

Titel: Totenkult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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neues Wirtstier suchen. Wien bot da sicher noch ganz andere Möglichkeiten als Salzburg. »Dann wünsch ich ihr viel Erfolg.« Zuckersüß fügte sie hinzu: »Natürlich auch beim Studium.«
    Aber damit hatte sie Perlen vor die Säue geworfen, denn die Geiersberger überhörte entweder die Unverschämtheit oder, was noch wahrscheinlicher war, sie verstand sie gar nicht. Schade eigentlich, meistens fielen Marie die passenden Antworten zu spät ein.
    »Schöner Garten«, meinte die Alte nur.
    »Ich habe mich gerade heute entschlossen, ihn ganz neu anlegen zu lassen.« Marie machte eine Handbewegung, die den Garten, die Weiden am Ufer und den dahinterliegenden Wolfgangsee umschloss. »Im Country-Stil, englische Rosen und Buchskugeln und so. Vielleicht können Sie mir ja einen guten Landschaftsgärtner empfehlen?« Damit war das gesellschaftliche Gefälle zwischen ihnen beiden wohl klar.
    Aber die Geiersberger hatte keinen Sinn für feine Nuancen und ließ sich Maries Frage wirklich durch den Kopf gehen. »So einen Gärtner gibt’s hier nicht«, meinte sie schließlich. »Den Garten hier hat die Rosi auch selbst angelegt. Der ist uralt.«
    Einen Moment überlegte Marie, wer »die Rosi« war, aber dann fiel ihr ein, dass der Name der alten Frau, die bis zu ihrem Ende in dem Bauernhaus gelebt hatte, Rosalie gewesen war. Rosalie Meierhuber. Oder Meierhofer? Oder Meier?
    »… nach dem Tod vom Alfons ganz allein hier gelebt.« Die Geiersberger bedachte Marie mit ihrem ausdruckslosen Starrblick. »War fast ihr ganzes Leben lang Witwe. Seitdem heißt’s auch das Witwenhäusl.« Sie deutete mit dem Kopf auf Maries prächtigen Landsitz.
    Die Maklerin hatte es ›Bauerngut am See‹ genannt. Witwenhäusl. Wenn das kein böses Omen war. »Wirklich?«
    »Ja, es heißt, der Mann von der Rosi ist auch an einem Herzinfarkt gestorben. Genau wie Ihr Mann«, sagte die Alte. »War keine vierzig, der Alfons. Hätt keiner für möglich gehalten. Aber Ihr Mann war ja auch noch so jung. Und gesund.«
    Das sollte die alte Hexe wohl wissen, nachdem ihre Enkelin Roland ständig nachgestiegen war. »Mein Mann war fünfzig und hatte seit Jahren ein Herzleiden.«
    »Tja, die Rosi hat ja dann nicht mehr geheiratet. Hat wohl genug schlechte Erfahrungen mit den Mannsbildern gemacht.« Frau Geiersberger zog die Mundwinkel nach unten. »Der Alfons war ein Saufkopf. Hat die Rosi regelmäßig vermöbelt.«
    Marie hatte sich nie Gedanken über die Vorbesitzerin ihres Hauses gemacht. Aber natürlich hatten sich in so einem alten Gemäuer Schicksale abgespielt. »Sehr traurig«, sagte sie aus Höflichkeit. Obwohl sie diese Rosi nur zu gut verstehen konnte. Nie wieder würde sie heiraten und sich von einem Mann abhängig machen. Zum Glück hatte sie das auch nicht mehr nötig. »Dann war sie ja ziemlich lange allein.«
    »Zumindest nach dem Tod vom Toni«, sagte die Geiersberger. Auf einmal schien sie weit weg, in sich gekehrt. »Und natürlich der Bernadette.«
    Offenbar ging diese Dorfsaga sogar noch weiter.
    »Die Kinder«, fuhr Frau Geiersberger mit sanfter Stimme fort. »Acht und zehn Jahre alt.«
    Das war nun aber doch was anderes. »Die arme Frau hat auch ihre Kinder verloren?«
    »Stiefkinder, die Kinder vom Alfons«, berichtigte die Geiersberger. »Sind kurz vor ihrem Vater gestorben.« Sie machte eine Pause. »Die Rosi war die zweite Frau.«
    »Das ist ja furchtbar.« Marie konnte ihr Entsetzen nicht verbergen. Kinderschicksale gingen ihr einfach ans Herz. Sie kaufte auch immer wieder ausgefallene Seidenschals bei UNICEF . »Sind die Kleinen etwa hier im Haus gestorben?« Das hätte die Maklerin ruhig erwähnen können.
    Die Alte nickte. »Beide am selben Tag. Das Mädel am Morgen, der Bub gegen Abend.«
    » Nein. Woran denn?«
    Die Geiersberger zuckte mit den Schultern. »Magen-Darm-Grippe, würde man heute wohl sagen. Vielleicht war’s aber auch Typhus. Ist schon ewig her, damals waren tote Kinder keine Seltenheit.« Eine Hummel kam vom Staudenbeet herübergeflogen und summte um den Kopf der Alten. Die schenkte ihr keine Beachtung. »Zwei Tage später war auch der Alfons hinüber.«
    Kein Wunder. »Das hat dem armen Vater sicher das Herz gebrochen«, meinte Marie.
    »Möglich«, sagte die Alte. »Die Rosi hat sie jedenfalls alle auf einmal beerdigen können.« Sie ließ den Blick über das Staudenbeet wandern. »Ich sehe, Sie haben den Fingerhut stehen lassen. Den hat die Rosi auch immer so gern gehabt. Gleich bei ihrem Einzug hat sie welchen

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