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Totenkult

Totenkult

Titel: Totenkult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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Preissegment auf Dauer indiskutabel ist. War die Pleite des ambitionierten Projekts also vorprogrammiert? Der Verdacht drängt sich auf. Denn die Arlberg Mountain Lodge ist gerade in Bausch und Bogen weiterverkauft worden. Auf Kosten der Anleger luxussaniert, aber weit unter dem Marktwert. An die Arlberg Summit GmbH. Und wem gehört die? Richtig – Roland Aschenbach. Man darf gespannt sein, welche internationale Kette zugreifen und ein All-Inclusive-Hotel am Arlberg eröffnen wird. Von Nikolaus Tarsini
    Mit einem Ruck schob Marie den Ordner auf den Tisch. Ihr Herz schlug schneller. Das war ja genial. Ihre Hochachtung für Rolands Geschäftssinn stieg noch, als ihr klar wurde, dass Hotel, Gründe und Alm nun ihr gehörten. Und sie hatte sich Gedanken um leere Konten gemacht. Fast hätte sie laut herausgelacht. Natürlich war sie nicht flüssig, aber das Vermögen war da. Sie musste nur die Durststrecke überstehen, bis sie einen Käufer gefunden hatte. Eine, sie warf noch einmal einen Blick auf den letzten Absatz des Artikels, internationale Kette für ein All-Inclusive-Hotel. Aber da gab es sicher schon Vorgespräche.
    Marie ließ sich gegen die Rückenlehne der Bank sinken und schloss die Augen. Umso wichtiger war natürlich ein neues Projekt. Je schneller sie die Anteilscheine dafür verkaufen konnte, umso eher verfügte sie wieder über genügend Kapital. Es würde ihr die nötige Zeit verschaffen, um in Ruhe auf das beste Angebot für die Lodge zu warten. Eine warme Welle der Erleichterung durchströmte sie. Zum ersten Mal seit Rolands Tod hatte sie das Gefühl, dass nicht alles auf sie einstürzte. Das Gesetz des Handelns war wieder auf ihrer Seite. Sie konnte es schaffen. Alles würde gut werden.
    »Dacht ich mir schon, dass ich Sie hier find.«
    Marie riss die Augen auf. Zwei Meter vor ihr stand die massige Gestalt der alten Geiersberger. Das Haar wie immer zum Dutt über dem flächigen Gesicht aufgetürmt und die Hände in den Taschen einer grauen Strickweste vergraben, stand sie breitbeinig dort, als hätte man sie auf die Terrasse gepflanzt.
    »Ich habe Sie gar nicht kommen hören.« Mit einem Ruck setzte sich Marie auf. Sie schätzte es nicht, beobachtet zu werden.
    »Ich hab geläutet.«
    »Auf der Terrasse höre ich die Klingel manchmal nicht.« Marie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wie sind Sie denn hereingekommen?«
    »Das Tor war nicht zugesperrt.«
    »Was? Das Eingangstor?« Maries Herz schien einen Satz zu machen. Hatte sie etwa vergessen, das Tor abzuschließen? Sie war so müde aus Salzburg zurückgekommen. Abgekämpft und froh, endlich zu Hause zu sein. Wenn ab jetzt die tägliche Routine zurückkehrte, würde ihr das nicht mehr passieren. Durfte ihr das nicht mehr passieren.
    »Wüsste nicht, welches sonst«, erwiderte Frau Geiersberger. Sie musterte Marie mit einem durchdringenden Blick. »Sie sollten es lieber verschlossen halten. Man weiß ja nie, wer sich heutzutage so alles herumtreibt.« Breit und massig stand die Alte da, fast bedrohlich.
    »Was gibt’s denn, Frau Geiersberger?«, fragte sie im Ton einer Schlossherrin, die die Köchin empfängt.
    »Die Rechnung.«
    »Wie bitte?«
    »Die Rechnung für meine Arbeit und den Wareneinsatz fürs Buffet.« In der Stimme der Alten schwang eine gehörige Portion Stolz mit. »Auf Ihrem Gartenfest. Sie erinnern sich doch? Biogemüse, Caprese aus Büffelmozzarella …«
    »Ja, ja, natürlich.« Diese elende Party verfolgte Marie. »Lassen Sie die Rechnung einfach da.« Sie deutete auf eine entfernte Stelle auf dem Tisch.
    Die Alte rührte sich nicht.
    »Sonst noch was?«
    Frau Geiersberger drehte den Kopf und zeigte Marie ihr Profil. Von der Seite erinnerte das alte Weib an eine englische Bulldogge. Sie ließ ihren Blick durch den Garten schweifen. Wahrscheinlich bedauerte sie, dass dieses ganze blühende Paradies am See nun nie ihrer Vicky gehören würde.
    »Wie geht’s denn Ihrer Enkelin?«, erkundigte Marie sich. »Sehr nett, dass Sie beide auf der Beerdigung waren.« Rache war süß.
    Die Alte wandte ihr das Gesicht zu. Ihr Gesichtsausdruck lag irgendwo zwischen Argwohn und Feindseligkeit. »Vicky geht im Herbst nach Wien. Zum Medizinstudium.« Das letzte Wort sprach sie so sorgfältig aus, als wollte sie Marie vor Augen führen, dass ein Studium weit außerhalb ihrer geistigen Möglichkeiten lag. »Die ist ein schlaues Mädel.«
    »Oh, absolut.« So, wie Marie den kleinen Blutsauger einschätzte, würde er sich bald ein

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