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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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dunkel, strahlend, hart und ein
bisschen jüdisch, und sie war daheim das Aschenblödel. Schön war Rosa nie
gewesen. Schon gar nicht flott wie Marthel mit ihren Stricknadelabsätzen und
der Hollywoodvisage. Sie war von jeher plump und sah zu, wie Karle mit Marthel
auf der Fasnet Tango tanzte. Das alles war lang den Göttelbach [3] hinunter. Doch 60 Jahre
später kam der Schwarzweißfilm wieder hoch, und Rosa drang, gepackt von einer
tauben Melancholie, sogleich zum entscheidenden Punkt vor: »Du durftest eine
Lehre machen und ich nicht. Weil man dich in die Hitlerjugend gesteckt hat und
mich nicht. Mich hat man dem antifaschistischen Kampf geopfert. Ich musste
daheim bleiben, der Depp der Familie.«
    »Ja, wärst du lieber ein Naziluder geworden oder hättst
dich vergasen lassen?«, schrie Karle, als hätten wir wieder anno 1946. »Wir
haben dich geschützt, das war Widerstand, Mensch!«
    Auch Karle war der pure Widerstand. Rosa hing die Geschichte
zum Hals heraus. Mit dem Wüstenfuchs hatte er seinen Afrika-Feldzug
durchgezogen. Als die Alliierten im Oktober 1942 den deutschen Vormarsch bei
der ägyptischen Bahnstation El Alamein gestoppt hatten, war er der Erste
gewesen, der das Sacktuch hisste. Heiser, die geballte Faust im Sack, brummte
Karle die Internationale. Feldmarschall Rommel, Spitzname Wüstenfuchs, war
damit erledigt. Die geschlagene Armee wurde zurück nach Tunesien evakuiert.
Dort errichtete sie Arbeitslager. Über 2.500 tunesische Juden kamen im nächsten
halben Jahr darin um, exekutiert von Soldaten der Wehrmacht. Aber mit diesem
Kapitel deutscher Herrschaft hatte Karle nichts zu tun. Im Gegenteil, er hat
seine eigene Seiche gesoffen und den Kommandanten geköpft. Mit einer Machete.
Danach war Ruhe im Puff, und ab ging’s zur Sommerfrische nach Italien.
    »Du hast nichts begriffen«, entgegnete Rosa, die ihre
überkommene Traurigkeit spürte wie chronisches Rheuma. Qualbertas
posttraumatisches Verbitterungssyndrom. Die Zeit als schierer Schmerz. »Während
du im Krieg in Afrika warst, und dann in Italien, bin ich mit dem Ochsenkarren
aufs Feld. Unter dem Deckmantel Antifaschismus haben mich die Alten doch nur
ausgebeutet. Wir brauchen dich zum Schaffen, haben sie gesagt. Deshalb durfte
ich nichts lernen, und nebenher konnten sie auch noch beweisen, was für eine
saubere Gesinnung sie hatten. Indem sie mich zu den Viechern in den Stall
sperrten!«
    »Sauber«, polterte Karle, dem schwindlig war vom Tabak. Er hustete
härter. »Und du glaubst, wir wären gern mit Malaria im Graben gelegen und
hätten uns die Eingeweide herausschießen lassen? Bauchschuss! Weißt du
eigentlich, wie das stinkt, wenn einer neben dir am Bauchschuss verreckt? Darm,
das ist für dich doch nur der Zipfel von der Wurst. Aber ich, ich fresse
seitdem keine Bratwurst mehr, keine Leberwurst, keine Blutwurst. Nicht mal
Sauerkraut bringe ich hinunter.«
    »Jetzt mach mal halblang«, fuhr ihm Rosa dazwischen. »Du
hast mit dem Kopf des Kommandanten Fußball gespielt. In Afrika. Halb
verdurstet, dem Wahnsinn nah. Kenn ich. Weiß ich. Ja, und? Du hast wirklich
nichts dazugelernt. Immer noch bist du wehleidig und absolut unpolitisch!«
    »Der Kommunismus«, sagte Karle.
    »Ach, der. Den trägst du vor dir her wie die Wildsau die
Zielscheibe. Damit machst du dich am Stammtisch doch nur zum Opfer heutzutage.«
    »Im Gegenteil«, schmetterte Karle. »Der Kommunismus hat eine
gewaltige Renaissance. Du wirst schon sehen, Rosa! Wir erleben ihn noch, den
Kommunismus. Steuerboykott. Virtueller Generalstreik. Zehn Millionen
Verweigerer. Umsturz. Verstaatlichung der Banken, Verstaatlichung der
Automobilindustrie, Verstaatlichung des öffentlichen Verkehrs, auch wenn ich
nicht mehr gut zu Fuß bin und es mit dem Stammtisch somit nicht weit her ist.«
    Rosa winkte ab. »Der Kommunismus kommt erst, wenn wir pleite
sind. Komm, gib mir die 5.000 Euro. Ich weiß, dass du so viel Geld im Haus
hast.«
    Karle stierte in eine unbestimmbare Ferne, in der er den
Kommunismus vermutete. Er rotzte in sein Sacktuch.
    »Warum haben Teppichhändler eigentlich immer
Totalausverkauf?«, fragte Rosa und zeigte auf die Hecke. »Die machen auf
Mitleid und verarschen dabei das Finanzamt. Die Natur lässt sich weniger
bescheißen. Erst Werden, dann Vergehn. Immer schön der Reihe nach. Hast du was
dagegen, wenn ich mir von dem Flieder da hole für mein Marienaltärle?«
    »Du könntest für mich hinübergehen zum

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