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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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Hülsenfrüchte oder Kieselsteine helfen, da der Untote
sie erst zählen muss, bevor er ans Werk geht. Weil er vom Teufel besessen ist,
kann er aber nur bis zwei zählen, da die Drei das Symbol der Dreifaltigkeit
ist. Die heilige Zahl Drei darf der Teufel nicht einmal denken.
    Wo Totenküsser am Werk sind, muss das Grab geöffnet und die
Totenruhe nachhaltig gestört werden. Weniger wirksame Maßnahmen sind Köpfen,
Herzausschneiden und Pfählen. Denn nur durch ein Feuer in Verbindung mit einem
magischen Ritual kann der Totenküsser unschädlich gemacht werden. Ideal ist das
Hineinfahren eines züngelnden Blitzes in den Leichnam, aus heiterem Himmel an
einem strahlenden Pfingsttag. Diese Zeremonie entspringt dem Geheimwissen
schwarzer Mönche. Dem Vernehmen nach geht es dabei nicht oder nicht in erster
Linie darum, die Leiche zu verbrennen. Vielmehr sollen die negativen Kräfte des
Totenküssers in proaktive Lebensenergie umgewandelt werden. Glückt dies nicht,
kommt er als Wiedergänger zurück in die Welt der Lebenden. Dann würgt er sie,
zwingt sie nieder und trinkt ihr Blut. Obwohl seine Opfer verloren sind, wirkt
der Totenkuss nicht ansteckend.

     
    *

     
    Fehrle war nicht mehr gut auf Seelenklempner zu
sprechen, seit seine Schwester Thea, die als Therapeutin Karriere machte, einen
Bestseller nach dem anderen schrieb. Bücher, in denen sie predigte, dass die
Welt im Innersten gerecht sei, weshalb sich niemand schlecht fühlen müsse. Ihr
neuestes Werk übertraf die vorherigen noch an Zynismus. Schon der Titel war ein
Schlag ins Gesicht: ›Glücksschweine – Warum Ignoranten bessere
Menschen sind‹. Thea behauptete, moralische Skrupel dienten nur als
Erfolgsverhinderungstaktik, und zwar denen, die keine Verantwortung auf sich
nehmen wollten. Das war ein Schlag ins Gesicht der Lohas, der Massen an den
Kassen der Bio-Supermärkte, die mit ihrem Patchwork-Gewissen für Gesundheit und
Nachhaltigkeit einstanden, und gerade deshalb kam es bei denen so gut an. Thea
schürte ein globales Missverständnis, weil sie das posttraumatische
Verbitterungssyndrom, zu dem jeder Depp irgendeinen Anlass hatte, den Opfern
selbst in die Schuhe schob. Und die notorisch Benachteiligten kauften ihr die
Botschaft ab. Damit verdiente sie ein Heidengeld, und Fehrle fragte sich, wie
sie das mit ihrem katholischen Glauben vereinbaren konnte. Dr. Dorothea Fehrle
praktizierte in einer Villa am Stuttgarter Killesberg und hatte überhaupt keine
Nachsicht mit Leuten, denen es schlechter ging als ihr. Fehrle hatte schon vor
Jahren den Kontakt abgebrochen, aber sie hatte das überhaupt nicht bemerkt.
    »Frag doch den Hans«, sagte sie kurz angebunden, und Fehle
dauerte, [7] dass er wider bessere Einsicht bei ihr angeläutet hatte. »Er ist ein Jahrgang
mit Olaf Hahnke, wenn ich es recht weiß. Ich bin zwei Jahre jünger.«
    Fehrle hatte mit seinem nächsten Bruder, einem versponnenen
Maler, der Bauer geworden war und auf der Heuwies die Heimat der Eltern in die
Hand nahm, schon telefoniert. »Der Hans weiß nichts. Und Hahnke war immer gern
mit Kleineren zusammen. Könnte doch sein, dass du dich an ihn erinnerst.«
    »Ja, schon. Und? Das nützt doch eh nichts. Wie willst du denn
überhaupt an ihn herankommen?«
    »Keine Ahnung.« Fehrle schluckte. »Ich suche nach dem Link.«
    Thea atmete tief ein und aus. Um der Theatralik willen
schraubte sie ihre Stimme eine halbe Oktave nach unten. »Das geht nur über Intuition
und Empathie. Hahnke verfügt über extrem hohe intuitive und empathische
Fähigkeiten, und du musst ihn darin noch überbieten.«
    »Danke, du hast mir sehr geholfen.« Fehrle drückte die rote
Taste und steckte das Telefon zurück in die Halterung. Er stand in seinem
Hausgang, guckte vor sich hin und kratzte sich am Kopf. Der Audi hielt vor dem
Haus. Türen klappten. Es klingelte.
    »Wo bleibst du denn?«, schrie Nathan von draußen. »Papa?«
    »Es geht los, es geht los!«, brüllte Jorinde.
    Fehrle riss die wurmstichige sperrige Holztür auf, die schief
in den Angeln saß und klemmte. Er lief hinaus. Die Sonne knallte ins Gesicht.
Die Kinder quollen ihm entgegen mitsamt ihren Rucksäcken und Stofftieren und
Saftflaschen.
    »Ich muss mit dir reden.« Barbara, die ein luftiges geblümtes
Baumwollkleid trug, hatte den Autoschlüssel in der Hand und zog Fehrle am Ärmel
an der Tür vorbei hinters Haus. »Es ist etwas passiert. Ihr könnt noch ein paar
Minuten auf die Schaukel,

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