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Totenmahl - Totenmahl - Death Dance

Titel: Totenmahl - Totenmahl - Death Dance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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dabei?«
    »Sie sind in meiner Tasche. Ich habe sie am Schalter aufgegeben.« Entweder war er Komiker oder pädophil, da ihn meine fiktive Kinderschar nicht abzuschrecken schien. Dennoch gefiel mir sein Gesicht. Er trug eine Nickelbrille, die zu weit unten auf seiner gebogenen Nase saß, als dass es bequem aussah, die aber seine graublauen Augen gut zur Geltung brachte.
    »Was sind Sie denn für eine Mutter? Nicht zu fassen, dass Sie keine Schnappschüsse in Ihrer Geldbörse haben.«
    Das Flugzeug kletterte nur langsam auf seine Flughöhe. Falls der Typ vorhatte, mich die ganze Strecke zu belabern, würden es lange dreiunddreißig Minuten werden.
    »Wir sind so selten getrennt, dass ich keine Bilder brauche, um mich an sie zu erinnern. Mit vier Kindern hat man keine ruhige Minute. Fütter mich, wechsel mir die Windeln, schnäuz mich, fütter mich - Sie wissen schon.« Wenn das nicht reichte, wusste ich auch nicht weiter.
    Wir näherten uns einem Wolkenfeld, und das Flugzeug wurde von Turbulenzen erfasst. Ich starrte aus dem Fenster auf die dichte weiße Wolkenmasse, in die wir hineinflogen.
    »Macht Fliegen Sie nervös?«
    »Überhaupt nicht. Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich würde gerne die Augen zumachen. Ich bin müde.« Ich lehnte meinen Kopf an das Fenster und schloss die Augen. Es schien meine einzige Verteidigungsmöglichkeit zu sein.
    Zwanzig Minuten später wurde ich während des unruhigen Landeanflugs über den wolkenverhangenen Elizabeth-Inseln wachgerüttelt. Wir setzten auf und rollten über die kurze Landebahn des Vineyard-Flughafens zum Terminal.
    Mein Nachbar reichte mir die Hand. »Ich heiße übrigens Dan Bolin. Mein Auto steht hier am Flughafen. Kann ich Sie ein Stück mitnehmen?«
    »Danke, nein.« Ich rieb mir die Augen. »Ich komme zurecht.«
    »Und Ihr Name ist -«
    »Stafford. Joan Stafford.« Joanie würde es mir hoffentlich verzeihen, dass ich ihr vier hungrige Mäuler andichtete. Und dabei hatten Mike und ich uns noch vor wenigen Stunden darüber gewundert, wie einfach einen Leute anlügen können.
    Dan Bolin wartete, bis ich ausgestiegen war, aber da ich mir Zeit ließ, um zum Terminalgebäude zu gehen, winkte er zum Abschied und ging zum Parkplatz. Da mein Hausverwalter mein Auto ebenfalls dort abgestellt hatte, legte ich noch einen Zwischenstopp im Flughafenrestaurant ein und trank eine Tasse Kaffee, um Bolin nicht noch einmal über den Weg zu laufen.
    Es war noch hell genug, um während der Fahrt die wunderschönen Ausblicke auf die vertraute Hügellandschaft von Chilmark zu genießen: die alte Grange Hall, die unbefestigte Straße zum Black Point Beach, die ruhige Friedhofslichtung von Abel’s Hill, die von Steinmauern aus dem siebzehnten Jahrhundert umgebene Schaffarm der Allens, und der Sonnenuntergang hinter dem Anlegeplatz an der Stonewall-Brücke. Auf den letzten zwei Meilen gab ich Gas, um zu meiner Oase zu gelangen, einem alten Farmhaus hoch über dem Menemsha Pond mit beeindruckender Sicht auf die saftig grüne Landschaft und dahinter den Quitsa Pond und den Vineyard Sound, die in den verschiedensten Blautönen leuchteten.
    Mein Garten war für den Frühling hergerichtet. Die blühenden Forsythien beiderseits der mit Granitpfosten markierten Einfahrt leuchteten wie Gold, und die weißen Muschelsplitter, welche die Zufahrt säumten, bildeten einen freundlichen Kontrast zum Rasen. Die Haustür war von pastellfarbenen Tulpen flankiert, und der ganze Garten war bis zu den Begrenzungsmauern von Osterglocken übersät.
    Egal wie anstrengend mein Job gerade war - sobald ich hier war, fühlte ich mich, als würde der angestaute Druck durch die Poren meiner Haut entweichen. Natürlich konnte ich weder die Tatortfotos noch die Autopsieberichte vergessen, aber wenn ich hier war, in meinem wunderschönen, stillen Refugium, in dem ich mich so wohl fühlte wie nirgendwo sonst auf der Welt, konnte ich Abstand gewinnen und wieder Energie schöpfen.
    Auch innen hatte man das Haus für meine Ankunft hergerichtet, und ich lächelte über die kleinen freundlichen Willkommensgesten. In jedem Zimmer stand ein frisch gepflückter Strauß mit Blumen aus meinem eigenen Garten, im Kamin lagen getrocknete Holzscheite - der Rauchabzug war offen, und auf dem Kaminsims waren Streichhölzer neben meiner Muschelsammlung deponiert -, im Schlafzimmer fand ich frische Betttücher, und auf dem Küchenherd stand ein Topf mit meiner Lieblingsmuschelsuppe vom Homeport, die ich mir zum Abendessen

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