Totenmahl - Totenmahl - Death Dance
will nur sichergehen, dass es schlüssig ist. Es sieht nach einem strahlenden Tag aus. Wie wär’s mit einem Strandspaziergang?«
»Gern. Aber hol dir noch ein Sweatshirt und einen Schal aus deinem Zimmer. Es ist ziemlich windig.«
Die Fahrt zum Black Point Beach dauerte eine halbe Stunde. Besonders lange brauchten wir auf der unbefestigten Straße, die durch die Wälder bis zu dem weißen Sandstrand am Atlantik führte und die nach dem Winter noch voller Furchen und Löcher war. Da neben dem Fußweg durch das Feuchtgebiet bereits mehrere Autos standen, zogen wir unsere Schuhe aus und liefen über die Dünen in östlicher Richtung, wo vor uns niemand unterwegs gewesen war.
Ich kam hierher, wenn ich auftanken und meine Seele baumeln lassen wollte. Es war der Lieblingsplatz meines Verlobten Adam Nyman gewesen. Ein paar Tage nach seinem tödlichen Unfall hatten wir seine Asche hier in alle Winde verstreut, damit er für immer Teil dieser Landschaft wäre. Die Aussicht, die man von hier aus hatte, raubte mir jedes Mal wieder den Atem.
Joan wusste das, und sie wusste auch, dass ich das letzte Mal mit Mike Chapman hier gewesen war, um ihn nach Valeries tödlichem Unfall zu trösten. Aber sogar hier fiel es mir jetzt schwer, nicht mehr über die Ermittlungen und Personen nachzudenken, mit denen ich mich in der vergangenen Woche beschäftigt hatte.
Der Weg war von Brennnesseln gesäumt, und ich warnte Joan, sich vorzusehen. Wir sprachen über belanglose Dinge; wahrscheinlich meinte sie, mich angesichts der Erinnerungen, die dieser Strand in mir hervorrief, ablenken zu müssen.
»Rate mal, mit wem wir letzte Woche in Washington essen waren? Cynthia Lufkin.«
»Sie ist klasse, oder?«
»Intelligent.«
»Hochintelligent und großzügig.«
»Und sie sieht auch noch gut aus.« Joan zog sich den Schal fester um den Hals, da vom Wasser her ein kräftiger Wind blies. »Und was noch schlimmer ist: Sie ist obendrein total nett. Ist das nicht schrecklich?«
»Die Kombination ist selten.« Ich lachte über Joans Bemerkung, während ich auf eine Düne hochging und auf die Brandung hinaussah, die an den Sandstrand toste.
Joan überholte mich um ein paar Schritte und drehte sich dann mit ausgestreckten Armen zu mir um, um mich am Weitergehen zu hindern. »Schluss mit Cynthia. Jetzt reden wir über mich. Kannst du dich bitte hinsetzen?«
»Was gibt’s?« Ich zog den Reißverschluss meines Sweatshirts hoch und setzte mich.
»Hör zu, ich weiß, was dir dieser Strand bedeutet, und ich muss dich etwas sehr Wichtiges fragen. Das hier ist der einzige Ort auf der Welt, wo ich das tun kann, weil du mir nur hier eine aufrichtige Antwort geben kannst, die wirklich tief aus deinem Herzen kommt.«
»Wovon redest du?«
»Weißt du eigentlich, wie lange ich jetzt schon mit Jim verlobt bin? Mir kommt es vor, als hätte ich mit dem Heiraten fast so lange gewartet wie Dornröschen. Wie dem auch sei, wir würden es gerne diesen Sommer tun, und zwar hier bei dir auf Martha’s Vineyard.«
»Nichts könnte mich glücklicher machen. Bist du verrückt? Da brauchst du doch nicht zu fragen! Ich lasse ein paar Zelte aufstellen, der Garten wird in voller Blüte stehen, und ich organisiere den besten Caterer. Joanie, nichts würde mir mehr Freude machen, als eure Hochzeit auszurichten.« Ich wollte aufstehen und sie umarmen, aber sie drückte mich wieder zu Boden.
»Darum geht es nicht, Alex. Ich meine, nicht nur. Jim und ich möchten, dass du uns traust.«
»Sachte, sachte. Ich bin Staatsanwältin, keine Richterin. Wie habt ihr euch denn das vorgestellt?«
»Ich weiß, dass du keine Richterin bist. Jim ist auf diese ganze Sache gekommen. Er hat alles recherchiert. Wusstest du, dass man in Massachusetts einen Antrag beim Gouverneur stellen kann, zusammen mit einem Empfehlungsschreiben und fünfundzwanzig Dollar, und dann kann man selbst bestimmen, von wem die Trauung vollzogen wird?«
»Davon habe ich noch nie gehört.«
»Du bekommst eine Eintageslizenz, das ist alles. Jims Cousin hat im letzten Jahr auf Nantucket auf diese Weise geheiratet, und es war die himmlischste Hochzeit, die du dir vorstellen kannst. Bitte sag Ja, Alex. Was könnte schöner sein, als von meiner allerbesten Freundin getraut zu werden? Du schreibst eine persönliche kleine Rede -«
»Du bist die Schriftstellerin, nicht ich.« Ich suchte nach Ausflüchten.
»Ach was, du hast Anglistik studiert. Und deine Schlussplädoyers sind länger als meine Kurzgeschichten. Es
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