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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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beziehungsweise woran sie gerade arbeiteten. Denn sie wusste, welche Akten auf dem Tisch den Anwälten zur Wiedervorlage lagen, und sie führte anweisungsgemäß Listen darüber.
    Laura Bordevig hätte natürlich auch ihr Zimmer abschließen können, aber diesen Gedanken hatte sie schon vor Jahren verworfen. Wenn ihr Mann zu Hause auf eine verschlossene Tür traf, wurde er zwar nicht wütend, aber er war die nächsten zwei oder drei Wochen misstrauisch. Und das war viel gefährlicher als ein Wutanfall.
    Laura Bordevig schlug die Zeitung wieder auf.
    â€¦ wie von Nachbarn auf dem Campingplatz berichtet wurde, soll das Opfer früher Spediteur gewesen sein … Als Todesursache wurde massive Gewalteinwirkung angegeben … Platz bekanntlich immer mehr sozialer Brennpunkt …
    Die Zeitung musste verschwinden. Das Büro bekam immer zwei Ausgaben der Zeitung. Eine für ihren Mann und eine für sie. Ihr Exemplar steckte sie normalerweise in ihren Aktenkoffer, um die Zeitung in einer Gerichtspause noch einmal durchzusehen. Am nächsten Morgen landete die Zeitung gewöhnlich in ihrem Papierkorb, hier in ihrem Arbeitszimmer. Sie faltete die Zeitung so zusammen, als habe sie aufgehört, auf der dritten Seite zu lesen, strich sie glatt, so gut es ging, damit man nicht auf ihre verkrampften Hände beim Lesen des Artikels auf der Regionalseite schließen konnte. Nur für den Fall, dass jemand die Zeitung finden und nach diesen Spuren suchen würde. Sie sah sich das Ergebnis an, war zufrieden und steckte die Zeitung in ihre Handtasche. Sie nahm sich eine Akte und schlug sie auf. Nur als Alibi, wenn jemand hereinkäme.
    Ob ihre Schwester Andrea die Zeitung gelesen hatte? Nein, die Frage war, ob ihre Schwester heute überhaupt die Zeitung lesen würde. Sie kaufte sie im Supermarkt und las manchmal erst nach Tagen darin herum. Laura Bordevig hatte sich tausendmal ausgemalt, wie Andrea reagieren würde, wenn sie einen der Namen in einem derartigen Bericht lesen würde. Fraglich wäre, ob sie sich an den Namen erinnern würde und wenn ja, ob sie die Tragweite ermessen könnte. Früher hatte sie manchmal sehr intelligent reagiert. Wie das heute war, wusste Laura Bordevig nicht so genau. Sie hatten nur noch selten Kontakt.
    Sie überlegte, ob sie sich unter einem Vorwand mit Andrea verabreden sollte. Sie kannte ihre Schwester und wusste, dass sie sich durch ihre Gestik und ihr Mienenspiel verraten würde. Die Polizei würde Andrea sicher nicht anrufen. Da war sie sich ganz sicher.
    Andrea konnte unberechenbar sein. Laura hatte sich für ihre Schwester damals engagiert und war von ihr dafür auf das Übelste beschimpft worden. Dabei ging es ihr nicht um Andrea, sondern um ihren eigenen Ruf.
    So war es immer gewesen. Sie musste ihre Schwester sauber halten, so wie damals, als Andrea noch gewickelt werden musste oder wenn sie aus dem Kindergarten kam oder in der Schule dumm aufgefallen war. Und immer wieder in den Jahren damals, als alles zusammenzubrechen drohte, waren da diese Blicke der anderen. Wie hält die Arme das bloß aus, findet sie überhaupt noch zur Arbeit, leidet nicht die Arbeit darunter und vor allen Dingen: Davon muss doch auch etwas in ihr stecken. Die Erbmasse. Die Bordevigs mit diesen bösen Geschichten aus Kopenhagen. Alle Kollegen wussten das, weil ihr Vater und ihr Onkel immer wieder davon erzählt hatten, im Golfclub, Haus- und Grundstückseigentümerverein, Jagdverein und im Anwaltsverein. Warum nur? Das war doch schon fast zweihundert Jahre her. Aber für Gene war das natürlich kein Zeitraum. Die blieben immer aktuell.
    Nein, sie würde Andrea nur anrufen. Ein Vorwand würde ihr schon noch einfallen. Und es blieb dabei: Laura würde die Polizei nicht über ihr Wissen informieren. Es war nicht auszuschließen, dass sie eine Spur am Tatort fanden, die sehr schnell zum Täter führte. Dann wäre Laura von jeder Möglichkeit zur Einflussnahme abgeschnitten.
    Für einen Moment kamen ihr Zweifel. Vielleicht war alles doch nur ein Zufall. Peter Arens. Die Namensbestandteile für sich kamen oft vor. Aber es stand ja in der Zeitung, dass er früher Spediteur gewesen sei. Nein, es konnte keinen vernünftigen Zweifel mehr geben. Es war der Peter Arens.
    Sie steckte die Akten in ihren Aktenkoffer und brach zu ihrem Termin auf. Sie hoffte inständig, dass ihr niemand etwas anmerken

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