Totenmal
gemacht und die Tür wieder sanft geschlossen. Das war die freundlichste Geste, die sie je an ihm gesehen hatte. Ihr war plötzlich klar gewesen, dass nicht mehr kommen würde. Das war es. Dabei war es nie die groÃe Liebe gewesen. Sie hatte es nie erlebt, warum hätte es ausgerechnet mit Knut so sein sollen. Schon als Teenager hatte sie alle Hoffnungen und Illusionen verloren. Obwohl sie sich an keinen wirklichen Anlass erinnern konnte. Was sollte denn da schon kommen?, hatte sie sich gefragt. Nach Jahren ohne halbwegs aussichtsreiche Beziehung stand Knut eines Tages vor ihr. Er war vorzeigbar, und er war Jurist. Die Familie war glücklich. Man bedrängte sie, endlich »Nägel mit Köpfen zu machen«. Sie hatte sich gefügt. Ihr Vater hatte sich zur Ruhe setzen wollen. Er hatte genug verdient. Die Scheidung war abgewickelt. Laura Bordevig hatte befriedigt in den Unterlagen gelesen, dass das Familienvermögen nicht wesentlich angetastet worden war. Ihr Vater wollte auf Brautschau gehen, in Florida oder in der Karibik, auf den Bahamas. Da traf es sich gut, dass seine Tochter einen Juristen heiraten wollte.
Dabei hatte Knut nichts an sich, was persönlich, was auÃergewöhnlich wäre. Kein Mann hatte das, das wurde ihr klar. Sie hatte nur bemerkt, dass Knut Socken im Bett anhatte, wenn sie nicht da war. Jedenfalls zu der Zeit, in der sie noch ein gemeinsames Schlafzimmer hatten. Einmal kam sie spät nach Hause, da hatte sie es gesehen, als er sich die Socken, auf der Bettkante sitzend, auszog, bevor sie sich neben ihn legte. Als sie ihn morgens darauf ansprach, leugnete er es. Erregte es ihn? Es interessierte sie nicht. Jetzt hatten sie getrennte Betten und getrennte Wohnungen. Sie hatte der Mieterin im ersten Stock gekündigt, ihr nach einem kurzen, heftigen Rechtsstreit ein paar tausend Euro gezahlt und eine andere Wohnung in einem ihrer Mietshäuser in Wesselburen vermietet. Seitdem lebte sie in der Wohnung im ersten Stock der ererbten Jugendstilvilla, und Knut wohnte unten. Sie hätte es nicht ertragen, ihn über ihrem Kopf zu wissen.
Sie hatte ihren Mann vor der Heirat vor die Wahl gestellt, entweder ihren Namen anzunehmen oder einen Doppelnachnamen zu wählen, seinen jetzigen und ihren. Seinen Familiennamen wollte er nicht aufgeben, das würde seine Familie ihm nie verzeihen, auch wenn seine Vorfahren nicht wie die Bordevigs seit Generationen den Anwaltsberuf ausübten, sondern einem alten schleswig-holsteinischen Bauerngeschlecht angehörten und Knut der Erste war, der den Anwaltsberuf wählte.
Diese Frage wurde von den Brauteltern vor dem Hintergrund des zukünftigen Praxisschildes der Eheleute ausführlich diskutiert. Da ihre Eltern in Scheidung lagen, war das schwierig. Nur ihr Vater schien daran Interesse zu haben.
Die Eheleute selbst beteiligten sich nur kurz an dieser Diskussion. Da sie beide Juristen waren, war ihnen klar, dass der Ehemann in diesem Fall zwei Möglichkeiten hatte: Er konnte seinen Familiennamen voranstellen (Kohfoth-Bordevig) oder den Familiennamen seiner Frau voranstellen (Bordevig-Kohfoth). Nach dem Essen vertagten sie die Entscheidung und gingen in ihrer Wohnung ins Bett. Nach dem Geschlechtsverkehr sagte sie ihm, dass ihr der erlösende Gedanke gekommen sei: Da sie den gröÃeren Mandantenstamm mit in die Kanzlei bringe, müsse er ihren Familiennamen voranstellen. Das sei recht und billig und würde sich bezahlt machen. Erschöpft hatte er zugestimmt.
Also stand nach der standesamtlichen Hochzeit auf dem seitdem regelmäÃig blank polierten kupfernen Praxisschild oben »Laura Bordevig â Rechtsanwältin und Notarin« und darunter »Bordevig-Kohfoth â Rechtsanwalt und Notar«.
Seine Eltern erklärten angesichts der guten Partie für ihren Sohn ihr Einverständnis. Ihre Eltern freuten sich, dass ihr Vorschlag bei den Kindern Gehör gefunden hatte. Kurz danach erlitt ihr Vater beim Tennisspielen in Florida einen tödlichen Herzinfarkt. Ihre Mutter zog mit ihrem Geliebten an den Lago Maggiore, Genf.
Manchmal versuchte Laura, sich daran zu erinnern, wie es war, als sie ihr Problem fast einen Tag oder auch nur Stunden vergessen konnte. Das war die Zeit vor dem Mord an Peter Arens. Jetzt versuchte sie, sich an Erinnerungen aufzurichten. Es waren Momente im Urlaub auf Teneriffa. Sonne, Strand, Wärme und Menschen, die man am Strand oder im Hotel kennengelernt hatte, die man
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