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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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und beobachtete Kröhner hinter seinem Schreibtisch. Der schob die Akte, an der er vor Malbeks Erscheinen gearbeitet hatte, mit bedauerndem Seufzen an eine bestimmte Stelle im Aktenstapel rechts von ihm zurück. Dann sah er Malbek kurz an und vertiefte sich in die Bankakte.
    Nach fast fünf Minuten lehnte er sich im Schreibtischsessel zurück und sagte: »Ich weiß, dass solche Bankakten vom Umfang her mehr einem geheimdienstlichen Dossier gleichen, aber deswegen gleich eine Hausdurchsuchung? Ich denke, wir sollten erst einmal die Auskünfte zum Versicherungsverlauf der Rentenversicherungsträger abwarten. Vielleicht bekommen wir da die Auskünfte, die Ihrer Meinung nach fehlen.«
    Kröhners Stimme klang sanft. Trotzdem waren seine Worte wie Ziegelsteine, die vom Lastwagen fallen. Malbek hatte ihn mehrfach im Gerichtssaal erlebt, wo er Zeugen und Angeklagte schon dann einschüchterte, wenn er sich langsam erhob und zu einer Größe wuchs, die man nicht für möglich gehalten hätte. Kröhner war ein schlanker Riese, der die zwei Meter knapp überschritten hatte. Seine Stimme konnte sanft und versöhnlich klingen, aber auch zu schneidender Schärfe neigen, wenn er sich persönlich angegriffen fühlte. Malbek glaubte, dass es bei Kröhner eine tief sitzende Angst gab, die ihn in ein Raubtier verwandeln konnte. Und diese Angst lag vielleicht darin begründet, dass er immer noch kein Oberstaatsanwalt geworden war, obwohl er doch ungefähr so alt war wie Lüthje, also nicht weit von der Pensionsgrenze entfernt. Aber im Gegensatz zu Lüthje und Malbek selbst war Kröhner übervorsichtig. Schnelle Entschlüsse waren ihm ein Gräuel.
    Â»Solange wir das nicht gemacht haben …«, fuhr Kröhner fort, »… wird uns der Richter, der ja einen Durchsuchungsbeschluss unterschreiben soll, vorhalten, dass das Mittel der Durchsuchung zum Zwecke der Sicherung von Beweismitteln hier ungeeignet und unverhältnismäßig ist. Verstehen Sie, was ich meine? Eine Bank ist keine Gartenlaube! Der Richter steht für die Presse nicht im Mittelpunkt des Interesses, sondern wir.«
    Â»Aber man kann dem Richter doch klarmachen, dass Gefahr im Verzug ist, nämlich dass in dieser Bank Beweismittel vernichtet werden«, sagte Malbek. »Auch Sie haben doch den Eindruck, dass da einige Seiten in der Akte fehlen. In einer Akte über einen Mann, der vorgestern ermordet wurde!«
    Â»Ihrer Theorie würde ich vielleicht folgen, wenn es sich um einen Schrank voller brisanter Akten handeln würde. In diesem Fall ist es üblich, dass Akten binnen Stunden frisiert werden. Aber überlegen Sie mal. Eine kleine Akte eines kleinen Kunden …«
    Â»Kleinen ermordeten Kunden …«
    Â»Ja gut. Aber ich sehe den Schriftsatz der Anwälte der Bank schon vor mir. Man kann damit argumentieren, dass der Vorgang Peter Arens im Hause ein ganz normaler Vorgang ist. Genauso wie der Verlust von Aktenteilen im Geschäftsgang.«
    Â»So wie bei uns?« Malbek sah Kröhner mit hochgezogenen Augenbrauen an. Er hatte gehört, dass in von Kröhner geführten Akten vor einem Jahr wichtige Zeugenaussagen gefehlt hätten. Anwälte der Angeklagten hatten dies bei der sogenannten Einsichtnahme in die Akten bemerkt. Die Presse hatte natürlich davon gehört und sich darauf gestürzt.
    Â»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Herr Malbek. Das Problem ist doch auch, dass uns das Gericht die widerrechtlich erlangten Beweise um die Ohren hauen wird.«
    Â»Selbst wenn es so kommen würde: Damit dürfen wir uns nicht abspeisen lassen! Es geht hier um einen Mord, der vom Modus Operandi her für einen Wiederholungstäter spricht. Wir müssen also einen weiteren Mord verhindern.«
    Â»Beruhigen Sie sich, Herr Malbek. Das ist doch reine Spekulation. Auch wenn diese Details mit dem Nagel in der Hand, dem Kinderreim und der Zahl nette Details sind, die sich der Täter ausgedacht hat. Ist doch etwas übertrieben. Ich halte das für eine überdrehte Show. Der Täter wollte sich nur interessant machen. Sie werden sehen«, sagte Kröhner sanft, aber mit einem dunklen Unterton.
    Â»Na und?« Malbek war sich bewusst, dass er einen aggressiven Ton anschlug. Aber er lächelte dabei verbindlich. Auf diese Art und Weise konnte man einiges sagen, was sonst als Unverschämtheit abgestraft würde. »Sie sagen, Spekulieren

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