Totenmal
Ihnen denn eben alles hochgekommen? Gab es einen besonderen Grund?«, fragte Hoyer vorsichtig.
Vehrs druckste herum. »Die hab ich ihr geschenkt, als wir uns gerade kennengelernt haben.« Er öffnete langsam die rechte Hand. Darin lag ein zerknautschter, strauchartiger Blütenstand mit rosa Blütenblättern. »Wir saÃen weiter vorn Richtung Hafen, da gibtâs auch kleine Dünen. Konnte ich doch nicht wissen, dass die hier auch wachsen.« Er schluckte ein paarmal.
»Was ist das?«, fragte Malbek mutig mit Blick auf die Pflanze in Vehrsâ Händen.
»Ein echtes Tausendgüldenkraut«, sagte Vehrs mit zitternder Stimme.
Malbek musste sich zusammenreiÃen, um nicht zu lachen. Hoyer hielt beide Hände vor den Mund und gab einen schluchzenden Laut von sich.
»Ich wusste nicht, dass Sie sich in der Botanik so gut auskennen«, sagte Malbek zu Vehrs.
»Chefs wissen vieles nicht über ihre Mitarbeiter«, schlug Hoyer in Richtung Malbek zurück.
Die Situation wurde Mabek zu unübersichtlich, und er suchte nach einem netten Satz, mit dem er den Knoten auflösen konnte.
Vehrs kam ihm zuvor. »Ich glaub, ich muss sofort an die Arbeit. Wenn ich hier noch länger sitze, dreh ich vom Teller.«
Als sie ihre Sachen zusammensuchten und sich den Sand aus der Kleidung klopften, sah Malbek, dass Vehrs die zerknautschte Blume unauffällig in seine Hosentasche steckte.
18
Malbeks Dienstwagen wurde ein paar StraÃen weiter, im Kiebitzredder, geparkt. Der Passat hatte zwar kein Behördennummernschild und sah auch sonst aus wie ein Zivilfahrzeug. Aber Malbek fand es irgendwie besser, ihn nicht vor seinem Standort im Bergfriede zu parken.
Danach winkten Hoyer und Vehrs Malbek beim Einparken des Wohnmobils in die schmale Garageneinfahrt ein.
»Beneidenswert«, hatte Hoyer gesagt, als sie im Garten die Aussicht auf AuÃenförde, Mühle und das Stückchen Ehrenmal bewunderte, das über den Mühlenberg ragte. Malbek sah an dem einstöckigen Haus hoch. Von den anderen Gästen war nichts zu sehen. Frau Jasch hatte ihren Staubsauger abgestellt und neugierig dem Treiben der Polizisten im Garten aus dem geöffneten Fenster des Souterrainzimmers zugesehen.
»Können wir?«, hatte Vehrs zu Hoyer gewandt gefragt, während er ungeduldig mit den Autoschlüsseln klapperte.
»Waren das Ihre Mitarbeiter?«, fragte Frau Jasch, als Hoyer und Vehrs sich verabschiedet hatten und Malbek sich im Zimmer umsah.
»Ja. Was halten Sie von den beiden?«, fragte Malbek.
»Sind Sie mit denen nicht zufrieden?«, fragte sie überrascht.
»Doch, sehr«, antwortete Malbek.
Frau Jasch war eine kleine zierliche Frau. Ihr silbergraues glattes Haar war als Pagenkopf geschnitten, sie war dezent geschminkt. Sie hatte die Andeutung eines Schmollmundes, der in einem seltsamen Gegensatz zu ihrer lebhaften Sprachmelodie stand.
»Wie lange wollen Sie denn hier Urlaub machen?«, fragte Frau Jasch nach einem langen Blick auf sein betagtes Wohnmobil.
Hatte Lüthje ihr erzählt, dass er in Laboe Urlaub machen wollte? »Mindestens so lange, bis ich mein bestes Stück repariert und gereinigt habe«, sagte Malbek schmunzelnd.
Damit gab sich Frau Jasch mit einem geheimnisvollen Lächeln ihres Schmollmündchens zufrieden und begann, den Kühlschrank aus einer groÃen Tasche zu füllen.
»Frau Lüthje hat mir verraten, dass Sie gebratene Hähnchenkeulen nicht verachten«, rief sie Malbek nach, der zur Auffahrt ging, um sich dem Wohnmobil zu widmen. Hilly hatte also Instruktionen gegeben.
»Der Herd hat einen Grill«, setzte Frau Jasch hinzu.
»Sie können schon mal zwei Keulen drunterlegen, Frau Jasch!«
»Dazu gebackene Kartoffeln?«
»Traumhaft!« Malbek suchte sich Schraubenschlüssel, Stablampe und Putzlappen und kroch damit unter das Wohnmobil.
Als er die Bremsbeläge mit der Lampe inspizierte, hörte er Frau Jasch rufen: »Wo sind Sie denn, Herr Malbek?«
»Hier unten!«
Sie kniete sich hin und beugte sich so weit herunter, bis ihr Gesicht unter dem Bodenblech auftauchte. »Ist was kaputt?«
»Weià ich noch nicht!« Malbek hasste es, wenn er bei Arbeiten unter dem Wagen gestört wurde.
»Wie lange bleiben Sie denn?«
»Ich seh schon nach dem Essen, Sie können ruhig nach Hause gehen!«, sagte Malbek. »Ich muss mich hier sehr konzentrieren.« Er kroch
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