Totenmal
Brathähnchen mit Kartoffeln. Er musste nach dem Grill sehen. Er nahm das Werkzeug und begann, auf dem Rücken unter dem Fahrzeugboden hervorzukriechen. Als er nach links sah, um sich zu orientieren, sah er ein paar schlanke FrauenfüÃe, die in roten Sandalen, bestickt mit ebenso roten Perlen, steckten. Um die FrauenfüÃe herum liefen ein paar MädchenfüÃe.
»Mama, können wir auch Brathähnchen essen?«, rief eine Mädchenstimme.
Als sein Kopf unter dem Fahrzeug auftauchte, schrien die beiden auf.
»Keine Panik«, sagte Malbek und stand auf. »Malbek ist mein Name, Gerson Malbek. Und seit heute Gast des Hauses.«
»Genau wie wir«, sagte die Frau. »Das ist meine Tochter Sybille. Wir wohnen im ersten Stock, also unter dem Dach.« Sie drückte ihre Tochter an sich und sah sie an. »Ich heiÃe Tanja Bahlert«, setzte sie nach einer kurzen Pause hinzu.
Die Tochter hatte in ihrem Schreck ihre Arme um die Mutter geschlungen. Malbek schätzte sie auf ungefähr zehn oder elf Jahre. Die Mutter war eine blonde Frau Mitte dreiÃig, mit einem offenen Gesicht, das ihn mit verwirrend grünen Augen neugierig ansah. Ihre leicht gelockten Haare tanzten bei jeder Bewegung ihres Kopfes. Gott sei Dank hatte sie keine Stupsnase wie Jette, ihre Nase war einfach nur wohlgeformt. Nicht zu groÃ, nicht zu klein. Womit sich wieder Malbeks Verdacht bestätigte, dass er ein Nasenfetischist war.
Die Tochter hatte die grünen Augen ihrer Mutter und ihre lebhaften Bewegungen. Und blickte Malbek genauso neugierig an.
»Ich seh mir gerade an, was die Werkstatt an meinem Wohnmobil machen soll. Oder ob ich ein neues brauche.«
»Sie fahren immer mit dem Wohnmobil in Urlaub?«, fragte sie.
»Ja, ich war mit meiner Tochter bis letzte Woche auf Tour. Vorher hatte ich es überholen lassen. Und jetzt klappert einiges.« Er legte sein Werkzeug hinter den Fahrersitz.
»Sehen Sie?« Er lehnte sich ruckartig gegen die Karosserie, bis sich das Fahrzeug aufgeschaukelt hatte.
»Sehen Sie? Die StoÃdämpfer wippen nach«, sagte er. »Eigentlich müssen sie nach dem zweiten Mal das Schaukeln abgedämpft haben. Wir waren in England und Schottland. Das fordert das Material.«
»Wie alt ist Ihre Tochter?«, fragte sie.
»Achtzehn«, sagte Malbek.
»Ist Ihre Tochter auch mit nach Laboe gekommen?«, fragte sie.
Eine ziemlich direkte Vernehmungstaktik, dachte Malbek. Wenn sie bei der Kripo wäre, müsste sie noch einiges dazulernen.
Sybille sah neugierig in die geöffnete Fahrertür. »Du kannst dich drinnen ruhig umsehen«, sagte Malbek.
Sie sah ihre Mutter fragend an, und als sie Malbek wieder mit einem prüfenden Blick gestreift hatte, nickte die Frau zustimmend. Sybille setzte sich hinter das Steuer und wirbelte mit den Händen über das Lenkrad. Wie Sophie vor ungefähr zehn Jahren, dachte Malbek. Die Mutter sah versonnen ihrer Tochter zu.
Malbek ging die kleine Treppe hinunter zum Souterrain, um in der kleinen Küche nach dem Essen zu sehen.
Nach ein paar Sekunden kam Tanja Bahlert nach und fragte: »Hatte Ihre Tochter Schulferien? Ich meine, als Sie in England waren?«
Dieser getarnte Themenwechsel war nun wieder professionell, dachte Malbek. »Sie hat gerade ihr Abitur am dänischen Gymnasium in Schleswig gemacht und hat in Ã
rhus einen Studienplatz bekommen. Zimmersuche ist angesagt. Und das ist in Ã
rhus sehr schwierig.«
Sie hielt es eben nicht mehr in Kropp aus, bis sie in Ã
rhus ein Zimmer gefunden hatte, dachte Malbek, und als Ãbergang suchte sie das WG -Zimmer in Schleswig.
»Spricht sie denn Dänisch?«
»Sie ist zweisprachig aufgewachsen. Dänische Minderheit, wie man hier oben sagt. Wie ihre Mutter.«
»Und was wird Ihre Tochter studieren?« Keine nähere Frage nach der Mutter, dachte Malbek. Vielleicht ist ihr kein unauffälliger Grund eingefallen. Aber er hatte ja auch nicht gefragt, warum der Vater der Tochter nicht dabei war.
»Psychologie.«
»Oh!«
»Wieso âºohâ¹?«
»Man hat doch immer einen besonderen Respekt vor Psychologen. Ich finde, die haben immer so einen prüfenden Blick.«
»Das ist vielleicht nur eine Projektion. Man selbst sieht die Psychologen prüfend an und nicht umgekehrt. Aber früher habe ich auch so gedacht wie Sie. Als ich dann Polizist geworden bin, musste ich lernen, dass die tatsächlich
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