Totenmal
direkt zu uns gebracht.«
»Dann müsste die also spätestens gegen Mittag im Büro sein.«
»Wenn alles glattläuft.«
»Malen Sie nicht den Teufel an die Wand. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Feierabend. Vehrs hatte sein Handy abgeschaltet oder hatte keinen Empfang. Wissen Sie, wo er ist?«
»Wir sind zusammen ins Kino gegangen, ich hatte auf Vibration gestellt und bin jetzt vor der Tür des Kinosaals.«
Es fehlten aber entsprechende Hintergrundgeräusche. »Was gibtâs denn? Ich meine, welchen Film?«
»âºFluch der Karibikâ¹. Ist so weit weg von allem und gerade das Richtige für Vehrs.«
»Viel Spaà noch. Erzählen Sie mir, wie er war, der Film. Ich hab ihn nicht gesehen. Bis morgen, tschüss!«
»Tschüss!« Er hatte vergessen zu fragen, in welchem Kino sie waren. Wenn sie denn überhaupt in einem Kino waren. Ist so weit weg von allem.
Malbek hatte sich entschlossen, im Wohnmobil zu schlafen. Weil das Tageslicht morgens durch alle Fenster fiel. Und überhaupt hatte er keine Lust, in Lüthjes Souterrainzimmer an die Decke zu starren. Der Gartenrasen war in Höhe Unterkante Fenster. Lüthje schwärmte dafür. Für Malbek war es der Horror.
Er hätte das Wohnmobil gern hinter das Haus gefahren, aber zwischen Garage und Haus war zum Garten hin nur eine Distanz von etwa zwei Metern. Da kam man mit einem Fahrrad durch, aber nicht mit einem Auto. Der Parkplatz vor der Garage hatte einen groÃen Nachteil: Man konnte ihn von der StraÃe her einsehen. Aber wer würde diese Sackgasse des Ostseebades mit circa fünftausend Einwohnern an der Kieler AuÃenförde nach seinem Standort absuchen?
Nur jemand, der einen Hinweis bekommen hatte. Und die Einzigen, die wussten, dass ein Malbek hier war, waren Lüthje, Frau Jasch, Vehrs und Hoyer. Und Tanja mit ihrer Tochter. Wie kam er überhaupt auf die Idee, dass man ihn suchen würde? Er erinnerte sich an das Wort »Angststörung«. Es gab Leute, die nicht mehr auf die StraÃe gingen aus Angst, dass ihnen irgendetwas passieren könnte, ohne dass eine konkrete Gefahr bestand. Gab es für ihn eine konkrete Gefahr? Nein. Ein Kriminalhauptkommissar mit Angststörungen war so etwas wie ein seekranker Kapitän.
Vielleicht war es die unklare Situation seiner Tochter, die in einem Haus mit dem Flintenmann wohnte. Er griff zum Handy und wählte Sophies Nummer.
»Hallo, Papa!«
»Hallo, liebe Tochter! Was ist denn nun mit deinem Umzug, hast du schon was gefunden?
»Ich kann in Katrins WG mit einziehen. Ist das nicht toll?«
»Katrin?«
»Katrin war letztes Jahr mit auf meinem Geburtstag. Die mit dem schwarzen Haarschnitt. Erinnerst du dich?«
»Dunkel.«
»Sie ist manchmal etwas nervig. Will immer, dass man mit ihr was unternimmt. Kann nicht allein sein. Ich muss einfach etwas mehr gesunde Distanz aufbauen.«
»Ist der Brassat denn jetzt bei Mama abgeschrieben?«
»Nein, er treibt sich hier immer noch rum. Und dann streiten sie sich.«
»Worüber?«
»An seinen Arbeiten am Haus ist viel Pfusch. Die Fenster sind undicht. Die Türen knarren, und die Dielen quietschen und so weiter.«
»Ich hab gehört, dass er ein viel beschäftigter Handwerker sein soll.«
»Kann ja sein. Mama wirft ihm vor, dass er so viele Hilfskräfte beschäftigt, dass er den Ãberblick verloren hat, was die machen und wie sie es machen. AuÃerdem wirft sie ihm vor, dass ihm das hier alles egal sei. Er hätte nur ihre Kohle haben wollen. Das hab ich bis hier oben gehört, in meinem Zimmer. Also ist hier keine anständige Isolierung drin. Und Mama hat recht. Ich kann ja auch erst seit der Renovierung hören, worüber sie sich streiten.«
»Was hat er denn zu Mamas Vorwürfen gesagt?«
»Er verteidigt sich damit, dass er nicht wissen kann, wenn seine Leute Mist bauen. Er würde die Leute drankriegen. Und dann hat Mama geschrien, dass sie in ihrem Haus keine Handwerker mehr sehen will. Und da ist er abgehauen. Und am nächsten Tag wiedergekommen.«
»Und?«
»Mama hat ihn heute wieder rausgeschmissen. Aber ich glaube, diesmal endgültig. Sie hat nicht mehr geschrien, sondern war ganz ruhig dabei.«
»Super.«
»Ja, aber seine Sachen sind alle noch hier! In der Diele hängt sogar noch sein blöder Jägermantel. âºLodenmantelâ¹ nennt er das!
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