Totenmal
begrüÃt.« Sie klang jetzt beleidigt. Und setzte sicherheitshalber hinzu: »Ich war froh darüber.«
»Wer war noch unter den Gästen?«
»Lauter Leute, die ich nicht kannte. Andreas Freundeskreis eben. Niemand von unserer Familie.«
»Und von seiner Familie?«
»Ich glaube nicht. Nein.«
»Sie führen die Kanzlei zusammen mit Ihrem Mann?«
»Ja. Wieso?«
»Was sagt er zu dieser Geschichte? Zu Benny Rathke, Ihrer Zeugenaussage damals, den Morden und der Bedrohung, der Sie jetzt ausgesetzt sind.«
»Er weià es nicht.«
»Liest er keine Zeitung? Oder weià er etwa auch nichts von der Zeugenaussage damals?«
»So ist es.«
»Wie haben Sie das gemacht? Sie sind doch verheiratet? Leben Sie nicht zusammen?«
»Wir haben ein Haus direkt am Kanal. Er wohnt im Erdgeschoss und ich darüber. Reicht Ihnen das?«
»Wenn Sie damit Ihre eheliche Situation skizzieren wollten ⦠ja, ich habe verstanden. Ich verstehe trotzdem nicht, wie Sie das alles vor ihm verbergen können. Sie sehen sich doch täglich, auch oder gerade hier im Büro.«
»Er merkt nichts. So etwas gibt es. Auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können.« Den letzten Satz sprach sie langsam und eindringlich. »Apropos. Wieso sind Sie eigentlich so sicher, dass Benny Rathke der Täter ist? Oder sind es nur Indizien?«
»Sie reden jetzt wie eine Anwältin mit einem Zeugen oder mit dem Staatsanwalt.« Sie wollte Ermittlungsdetails hören. »Warum sind Sie damals nicht für Benny Rathke als Verteidigerin aufgetreten? Er war doch Ihr Schwager«, sagte Malbek lächelnd.
»Andrea hat mich gefragt. Aber ich habe abgelehnt.«
»Warum?«
»Die eigenen Verwandten in einem Strafprozess vertreten, das funktioniert nicht. In einem Zivilprozess ist das was anderes. Aber bei Totschlag ⦠Um noch einmal auf meine Frage nach den Beweisen zurückzukommen: Ich würde mich sicherer fühlen, wenn ich wüsste, dass Sie keinen Beweis dafür haben, dass Benny Rathke der Täter ist. Den Eindruck habe ich nämlich im Moment. Sie haben nichts. Nur Indizien, stimmtâs?«
»Ich verstehe durchaus, warum Ihnen das lieb wäre. Sie wissen genau, dass ich keine Ermittlungsergebnisse ausplaudern werde. Ihre Argumentation verdient allerdings Respekt. Aber glauben Sie, ich wäre hier, wenn wir nicht einen ausreichenden Verdacht hätten?« Nach dem Haftbefehl fragte sie merkwürdigerweise nicht.
Die Anwältin betrachtete den Aktenstapel, der links von ihr auf dem Schreibtisch lag. Ihre Augen schienen jedoch etwas ganz anderes zu sehen, sie war plötzlich mit den Gedanken weit weg. Sie bemerkte Malbeks prüfenden Blick, lüpfte mit Daumen und Zeigefinger den obersten Aktendeckel ein paar Millimeter und lieà ihn wieder los. Und sah auf ihre glitzernde Armbanduhr.
»Gleich können Sie sich wieder auf Ihre Arbeit stürzen«, sagte Malbek mit einem verbindlichen Lächeln. »Wir sprachen vorhin von Ihrer Nichte.« Da war es wieder. Dieses Zucken ihres rechten Mundwinkels. Sie hatte das Wort âºNichteâ¹ vorhin nicht erwähnt. »Sie wissen, dass sie nicht mehr am Leben ist?«
»Ich danke Ihnen für die schonende Einführung in dieses Schicksalsthema«, sagte sie mit schneidender Stimme. »Ja, ich weià alles. Meine Schwester hat mich damals tatsächlich gefragt, ob ich sie im Prozess verteidigen würde. Ich nehme an, Sie wissen es schon, ich habe es nicht gemacht. Ein Kollege aus Kiel hat es sich zugemutet. Jetzt bin ich wahrscheinlich auch noch schuld, dass sie wegen fahrlässiger Tötung vorbestraft ist. Sie hat eine Geldstrafe bekommen, die sie lässig aus einer familiären Zuwendung bezahlt hat. Ich vermute, Letzteres wussten Sie nicht.«
»Nein. Vielen Dank für die Information. Ihre Nichte war Benny Rathkes Tochter. Ich weiÃ, dass er informiert wurde. Wie hat er reagiert?«
»Ich weià es nicht. Aber wir können es uns denken, nicht wahr?« Sie beugte sich zum ersten Mal während ihrer Unterhaltung vor und sah ihm direkt in die Augen.
»Wie meinen Sie das?«, fragte Malbek.
»Ich kann Ihnen dazu nichts sagen«, wiederholte sie und lehnte sich wieder in ihren Schreibtischsessel.
»Könnte es sein, dass Rathke sich deswegen an Ihrer Schwester oder ihrem damaligen Lebensgefährten rächen will?«
»Ich kann Ihnen
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