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Totenmal

Totenmal

Titel: Totenmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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Schlüssel in ihre Handtasche. Wenn sie, Laura Bordevig, wieder zurückkam, würde sie sich überlegen, ob sie es Andrea doch noch schicken würde. Anderenfalls würde man ihr den Umschlag geben. Vielleicht würde ihre Schwester sie endlich ein wenig verstehen.

25
    Â»Ich hatte kurzfristig einen Termin bei Frau Bordevig bekommen. Malbek ist mein Name.« Die Dame an der Rezeption sah ihn flüchtig an, sagte zu sich: »Ach ja« und griff zum Telefon.
    Â»Herr Malbek ist da, Frau Bordevig?«, stellte sie in Frageform fest. So als ob sie eigentlich sagen wollte: Haben Sie jetzt tatsächlich schon Zeit für ihn?
    Sie legte auf und bat Malbek, ihr zu folgen. Die Anwaltskanzlei war weitläufiger, als er gedacht hatte. Er hatte das alte, schmale Haus gegenüber der Kirche wiedererkannt. Dort, wo er gestern mit Brotmann telefoniert hatte.
    Als er in ihr Zimmer trat, erkannte er, dass hier das Fenster war, hinter dem die Frau den Vorhang zugezogen hatte.
    Laura Bordevig erhob sich hinter ihrem Schreibtisch, als er eintrat, ging ein paar Schritte in seine Richtung und blieb abwartend stehen, bevor sie ihn mit einem flüchtigen Händedruck und prüfendem Blick schweigend begrüßte. Sie hatte ihn innerhalb des Bruchteils einer Sekunde gescannt. Sie war eine große schlanke Frau im unvermeidlichen schwarzen Hosenanzug mit einem unschuldigen Kleinmädchengesicht, das durch die halblangen blonden Haare züchtig eingerahmt wurde. Ein kurzer Blick ins Gesicht, dann seine Gestalt erfassend. Ein Zucken des rechten Mundwinkels, als sie ihm in die Augen sah, so als ob sie eigentlich lächeln wollte, es sich aber im letzten Moment verboten hatte.
    Ihr Blick war wie der eines Pressefotografen, der hoffte, aus der Vielzahl der gewählten Perspektiven etwas Entlarvendes, Verletzliches zu entdecken. Von Unschuld also keine Spur.
    Er entschloss sich, nichts von seiner Erinnerung an die Frau am Fenster dieses Hauses zu erwähnen.
    Â»Herr … Kriminalhauptkommissar Malbek?«, fragte sie, als sie sich gesetzt hatte.
    Sie hatte ihn nicht in die Besprechungsecke mit den alten mit Schnitzereien verzierten Stühlen und dem runden Tisch, der auf Beinen mit Löwenklauen ruhte, gebeten. Sie saß hinter ihrem mächtigen Schreibtisch, der aus demselben altersdunklen Holz war wie alle anderen Möbel in dem Raum, die sicher schon seit vielen Generationen in dieser Kanzlei gestanden hatten. Malbek saß in einem großen Stuhl und widerstand der Versuchung, seine Hände um die Knäufe an den Enden der Armlehnen zu legen. Er konnte nicht erkennen, welche Art von Kreaturen es waren, deren Zungen die Armlehnen bildeten.
    Malbek stellte sich vor und zeigte ihr seine Dienstmarke.
    Â»Danke. Das ist nicht nötig«, sagte sie mit einem milden Lächeln. Wahrscheinlich hatte sie ihm sogar den Dienstgrad angesehen. »Wie kann ich Ihnen in dieser schrecklichen Sache weiterhelfen?«
    Â»Frau Bordevig, Frau Kommissarin Hoyer hat Ihnen am Telefon gesagt, worum es geht.«
    Sie nickte.
    Â»Ihnen ist also klar, dass der Täter auf einem Rachefeldzug ist und Sie als dritte Zeugin, die damals gegen ihn ausgesagt hat, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sein nächstes Opfer sein sollen? Wir empfehlen Ihnen deshalb dringend, unser Angebot auf Personenschutz anzunehmen.«
    Â»Ich bezweifle nicht, dass er auf einem Rachefeldzug ist. Aber ich bin seine ehemalige Schwägerin. Ich war mit ihm verwandt. Er hat meine Schwester abgöttisch geliebt. Ich glaube nicht, dass er meiner Schwester wehtun will, indem er mich tötet.«
    Â»Was macht Sie da so sicher?«
    Â»Ich bin nicht sicher. Aber ich vermute es. Ich habe damals im Gerichtssaal laut und deutlich gesagt, dass ich in einem Konflikt war. Ich wollte nicht gegen ihn aussagen, weil er mein Schwager war. Aber ich konnte die Wahrheit nicht auf Dauer verschweigen. Das Gericht hat diesen Konflikt bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt.«
    Â»Und Sie glauben, dass Benny Rathke Ihre damalige Motivation auch zu würdigen weiß?« Malbek blieb bei seinem aggressiven Ton, um sie aus der Reserve zu locken. Für den Austausch von Höflichkeiten war keine Zeit.
    Â»Ja, das glaube ich.«
    Â»Sie haben dazu beigetragen, dass er schuldig gesprochen wurde. Sie waren die dritte Zeugin, Ihr Anteil war ein Drittel, aber immerhin.«
    Â»Meine Aussage gab nicht den Ausschlag. Anders wäre es

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