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Totenmond

Totenmond

Titel: Totenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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Kuh.

18.
    I mmer dasselbe«, murmelte Schneider und starrte auf die Bedienelemente des Fahrstuhls im Klinikum. »Drückt man jetzt den Knopf, auf dem der Pfeil nach unten zeigt, weil man runter will, oder den nach oben, damit der Fahrstuhl hochkommt?«
    Alex rollte mit den Augen, streckte den Arm an Schneider vorbei aus und drückte den Knopf, über dem ein nach unten zeigender Pfeil schwebte. »Nicht denken, machen!«
    »Ist aber nicht immer die beste Lösung.«
    »Soll das eine Anspielung sein?« Alex zog den Lederriemen ihrer Umhängetasche stramm und rollte den Kopf im Nacken, wo es leise knackte. »Wahrscheinlich wird es mir auf ewig nachhängen, dass ich bei der Übung Initiative gezeigt habe, und jetzt fängst du auch noch damit an.«
    »Ich sage ja nur, dass man manchmal besser die Bremse tritt und sich einen umfassenden Überblick verschafft. Für mich ist der Käse jedenfalls gegessen.«
    »Okay, dann wäre das ja erledigt.« Alex betrachtete Schneider nachdenklich.
    »Hab ich was im Gesicht?« Er wischte sich über das Kinn und schaute in seine offene Hand.
    »Nein. Hast du diese Martens schon kennengelernt?«
    »Jau, also die hat mir zu meinem Glück noch gefehlt. Reineking ist sicher schon tot umgefallen – den können wir unten in der Pathologie gleich für morgen anmelden.«
    »Ich glaube, die will mich nicht dabeihaben, Rolf.«
    Schneider begutachtete seine Fingernägel. Das Geräusch des nahenden Fahrstuhls wurde lauter.
    Alex sagte: »Ist nur so ein Gefühl. Sie kam vorhin zu mir und hat mich mehr oder weniger durch dir Blume gefragt, ob ich im Moment den Ball nicht lieber flachhalten will und mal bei der OFA in Düsseldorf anrufe …«
    Schneider lachte trocken auf und winkte ab.
    »Ich finde das überhaupt nicht komisch, Rolf.«
    »Die will vorsichtig verdeutlichen, wer der Chef im Ring ist. Sie ist außerdem mit einer eigenen Crew aus Düsseldorf angerückt, soweit ich mitbekommen habe. Leute, die sie kennt. Uns kennt sie nicht.«
    »Meinst du, sie wird die Direktionsleitung übernehmen?«
    Schneider machte eine abschätzende Geste. »Möglich. Und über diese Martens habe ich gehört, dass sie Haare auf den Zähnen hat, karrieregeil sein soll und ihre Ellbogen auszufahren weiß. Etwas Besseres als solch einen Fall gleich zum Auftakt kann der doch gar nicht passieren. Die will sofort die volle Punktzahl einstreichen und nichts davon abgeben. An dich sowieso nicht.«
    »Wie soll ich deiner Meinung nach darauf reagieren?«
    Schneider sah Alex vielsagend an. »Als wir uns damals in deinen ersten Tagen über den Weg gelaufen sind, hast du mich mal zum Armdrücken aufgefordert, weißte noch? Sieh das Ganze einfach als sportliche Herausforderung.«
    Alex nickte. Wie üblich hatte Schneider recht, und sie war noch nie einem Wettkampf aus dem Weg gegangen – mit dem Unterschied, dass es dieses Mal um mehr gehen könnte als um eine Medaille beim Triathlon oder einen Titel. Und falls Veronika das so haben wollte, dann sollte sie es bekommen.
    Schneider sagte: »Freundschaft zwischen Frauen ist doch sowieso immer nur ein Waffenstillstand.«
    Jetzt musste Alex doch lachen. »Woher kommt denn der Spruch?«
    »Habe ich neulich mal gehört. Was machst du eigentlich Heiligabend?«, wechselte Schneider das Thema, während ein leiser Gong ertönte, sich die Fahrstuhltür öffnete und beide die Kabine betraten.
    Heiligabend. Overkill.
    Alex hatte die Gedanken daran fast schon wieder verdrängt. Sie drückte den Knopf für das zweite Kellergeschoss, neben dem »Pathologie« geschrieben stand. Die Fahrstuhltür schloss sich rumpelnd, die Kabine setzte sich mit einem sanften Ruck in Bewegung.
    »Ich werde wohl nach Düsseldorf fahren. Familie. Das alljährliche Drama.« Alex blickte zu Schneider. »Und du?«
    »Och«, machte er und betrachtete seine Schuhe, an denen sich weiße Schneeränder abzeichneten. »Habe mich für den Bereitschaftsdienst gemeldet. Die Kollegen mit Familie sind ja eh schon alle am Motzen, dass wir ausgerechnet in den Weihnachtsferien noch so ein Ei gelegt bekommen haben. Ein Besuch bei meiner Mutter im Altenheim … Ich lege nicht so viel Wert auf die Feierei. Und dann mal sehen. Ein paar DVDs vielleicht. Ich schenke mir selbst die letzte Crossing-Jordan -Staffel.«
    Alex hob amüsiert eine Augenbraue. »Kannst ja Frau Dr. Woyta auf einen Glühwein einladen«, sagte Alex. Sie wusste, dass Schneider etwas für die Rechtsmedizinerin übrig hatte, die für die Obduktion mit ihrem Team aus

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