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Totenmond

Totenmond

Titel: Totenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Koch
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denn das hinbekommen?«, fragte der Arzt, ließ das Gelenk wieder los und warf einen Blick auf das Röntgenbild.
    »Ich bin auf der Treppe umgeknickt«, erklärte Alex und stützte sich auf der Behandlungsliege mit den Ellbogen ab. »Ich nehme an, dass nichts gebrochen ist. Ich habe den Knöchel etwas gekühlt. Die Schwellung deutet allenfalls auf einen Bänderriss hin, wenn überhaupt.«
    Pfeiffer lachte leise und ließ das Röntgenbild sinken. »Können Sie das so genau fühlen?«
    »Nein«, sagte Alex und lächelte. »Ich habe das Medizingrundstudium absolviert und früher viel Leistungssport betrieben – Triathlon. Daher rede ich mir ein, mich ein wenig auszukennen.«
    »Aha.« Pfeiffer schien wenig interessiert. Er legte ihr die rechte Hand wieder auf das Gelenk. Es steckte kein Ring am Finger. »Sie haben recht, es ist nichts gebrochen und nichts gerissen. Die Schwellung sieht schlimmer aus, als sie ist. Gleichwohl ist eines der Bänder überdehnt, und ich möchte den Knöchel mit einem Verband stabilisieren.«
    »Ich muss doch nicht an Krücken laufen oder krankgeschrieben werden?«
    »Das kommt auf Ihren Beruf an und ob Sie viel herumlaufen und den Fuß sehr belasten müssen«, antwortete der Orthopäde, ohne die Hand wegzunehmen. Seine hellen Augen blinzelten. Er blickte fragend. »Kann es sein, dass ich in der Zeitung schon mal ein Bild von Ihnen gesehen habe?«
    »Möglich. Aber vielleicht sind Sie mir schon mal auf der Straße begegnet, wir sind ja quasi Nachbarn. Und ich bin Polizistin. Ab und zu muss ich dabei durchaus in der Gegend herumlaufen.«
    Pfeiffer nickte. Dann stand er auf, nahm aus einer Schublade Verbandsmaterial und eine Tube. Er rieb ihr eiskaltes Gel auf den Knöchel. Dann hob er Alex’ Fuß vorsichtig an und begann damit, den Stretchverband stramm um ihr Gelenk zu wickeln. »Benötigen Sie nun eine Krankschreibung oder nicht?«, fragte er in seine Arbeit vertieft.
    »Nein, im Augenblick wäre es das Letzte, was ich gebrauchen kann.«
    Pfeiffer zuckte mit den Schultern. »Wie Sie meinen.« Dann lehnte er sich zurück. »Für eine Zeitlang werden Sie wohl nur den zweiten Platz belegen, wenn Sie Verbrechern hinterherlaufen.«
    Alex lachte.
    Pfeiffer machte eine auffordernde Geste. »Probieren Sie mal.«
    Alex setzte sich aufrecht hin, ließ die Füße von der Liege baumeln und stellte sich hin, um das Gelenk zu belasten. Es tat schon viel weniger weh. »Sehr gut. Wie sieht das mit Joggen aus?«
    »Joggen?«, fragte der Arzt und hob eine Augenbraue.
    »Ich laufe immer noch jeden Tag. Ich brauche es wie die Luft zum Atmen.«
    »Ja«, machte Pfeiffer und winkte ab. »Ich weiß – es ist eine Sucht.«
    Alex griff nach ihrem Strumpf und zog ihn vorsichtig über den Fuß. »Sie laufen auch?«
    »Nein. Aber ich habe einige Semester Sportmedizin studiert.«
    »Ah, na, dann bin ich ja in den besten Händen.« Alex schlüpfte in ihren Lederstiefel und begann, ihn locker zuzuschnüren.
    »Sowieso«, sagte Pfeiffer, rollte mit seinem Stuhl zum Schreibtisch, um etwas auf einen Rezeptblock zu notieren. »Ich schreibe Ihnen noch ein Gel auf. Kühlen Sie das Gelenk weiter. Das Joggen sollten Sie zunächst bleiben lassen und dann ausprobieren, ob es wieder geht – was Sie ja sowieso tun werden, richtig?«
    Alex lachte und strich sich eine Strähne aus der Stirn, während sie prüfend mit dem Fuß im Stiefel herumrutschte. »Richtig.«
    Pfeiffer reichte Alex das Rezept. »Lassen Sie sich für nächste Woche einen Termin geben. Ich mache über Weihnachten und Neujahr keine Praxisferien.«
    »Okay.«
    Der Arzt reichte ihr die Hand. Alex ergriff sie.
    »Wiedersehen, Frau von Stietencron.« Er lächelte.

16.
    A uf dem Weg zum Büro nahm sich Alex einen Kaffee aus der Teeküche mit, ging gedankenverloren über den Flur und beobachtete im Gehen das Muster des Teppichs. Es erinnerte an ein Störbild im Fernsehen.
    Die Akte »Nele Bender« lag auf ihrem Schreibtisch, und sie musste die Kollegen dringend auf die Ermittlungslücken hinweisen, die ihr darin aufgefallen waren. Allen voran Reineking, ihren Abteilungsleiter. Allerdings war für heute Vormittag zunächst Antje an Huefs Obduktion angesetzt. Zudem hatte Alex telefonisch einen Termin im Landesmuseum verabredet, um dort den Ausdruck mit den Schriftzeichen beurteilen zu lassen. Sie wollte sich mit einem Ethnologen treffen, einem Marc Berner. Der Mann hatte sehr gestresst geklungen und irgendwelche Dinge von Sonderausstellungen und Umbauten erzählt und

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