Totenmond
erklärte: »Ja, bin ich. Ich habe ein Studium beim BKA absolviert und eine Polizeiausbildung mit allem Drum und Dran. Es geht in meinem Projekt darum, die Schwerpunktbehörden in Ermittlungen zu stärken, um die Zentralen zu entlasten. Zum Beispiel das LKA.«
»Gut.« Veronika lächelte freundlich. »Sie haben es ja auch schon zu einem gewissen Bekanntheitsgrad gebracht.«
Alex nahm einige Büroklammern und sortierte sie auf der Schreibtischunterlage in eine Reihe. »Herr Dr. Stemmle von der Operativen Fallanalyse ist mein Projekt-Mentor in der Koordinierungsstelle in Düsseldorf.«
Veronika nickte. »Stemmle, ah ja. Ich habe in einer Reihe von Serientäterfällen ermittelt. Dieser Typ, der auf fahrende Lkw im Ruhrgebiet geschossen hatte. Die Kiosk-Morde in Düsseldorf, derlei Dinge. Verschiedentlich habe ich bereits mit der Operativen Fallanalyse zusammengearbeitet und …«
Alex biss sich auf die Unterlippe. Sie ahnte, was Veronika als Nächstes sagen würde.
»… was halten Sie vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrung davon, wenn wir ein paar Profis von der OFA in unsere Fälle einbeziehen?«
Alex zuckte unmerklich zusammen und fühlte sich, als hätte sie gerade einen Tritt in den Solarplexus bekommen. Die Profis? Und was war sie? Ein Lehrmädchen in der Provinzbehörde?
»Tja«, sagte Alex und starrte auf ihre Fingernägel. »Wenn Sie meinen.«
Veronika musterte Alex und zögerte einen Moment. »Das ist jetzt vielleicht falsch rübergekommen. Missverstehen Sie mich bitte nicht. Ich finde es richtig gut, jemanden wie Sie beratend an Bord zu haben. Ich habe bloß laut nachgedacht, denn im Fall an Huef und Bender zeichnet sich das Werk eines Serientäters ab, und wir sollten nicht ausschließlich im eigenen Saft vor uns hin schmoren.«
Alex blickte die Ermittlungsleiterin mit offenem Mund an. Veronika schaute zurück. Dann lachte sie laut und klatschte in die Hände. Ihre Augen lachten nicht mit.
»Tut mir leid, Alex. Ich merke schon, dass ich mich bei Ihnen gerade um Kopf und Kragen rede. Ich bin nur dafür, dass man mit offenen Karten spielt, und vielleicht könnten wir Ihre Kontakte nach Düsseldorf einfach ganz gut gebrauchen. Wir beide wissen ja, wie lange man sonst warten muss mit der OFA, all die ganzen Anträge …« Sie leckte sich über die Lippen und behielt die Hände gefaltet auf dem Schoß, schien über etwas nachzudenken. Dann machte sie eine Art abwehrender Geste und fügte hinzu: »Ich habe, ehrlich gesagt, auch von dieser missglückten SEK-Übung kürzlich gehört und mir gedacht, Sie möchten im Moment vielleicht ganz gerne etwas in Deckung bleiben.«
Alex klappte den Mund wieder zu. »Ja. Nein. Deckung?« Wurde sie hier gerade wegen der dämlichen SEK-Sache aus dem Team gekickt? Wollte Veronika sie abchecken, für sich einnehmen? Die Frau war nicht zu durchschauen.
»War nur ein Gedanke, Alex. Wenn ich mich täusche, ist das völlig okay. Umso besser. Ich weiß lediglich gerne, woran ich bin.«
Alex knetete ihre Knöchel und sagte: »Es gibt keinen Grund zur Sorge.«
»Sehr gut.« Veronika stand schwungvoll auf und zog ihren Rock straff. »Dann wäre es toll, wenn Sie sich kurzfristig mit der OFA in Verbindung setzen und die Kollegen dort unterrichten. Nur, dass die erst mal im Bilde sind.« Sie ergänzte: »Schön, dass wir uns kurz beschnuppern konnten. Wir sehen uns gleich zur Besprechung?«
»Ich begleite zunächst den Kollegen Rolf Schneider ins Klinikum zu Antje an Huefs Obduktion. Danach habe ich einen Termin im Landesmuseum vereinbart. Vielleicht kann man mir dort mit der Inschrift weiterhelfen.«
»Diesen Zeichen an den Wänden?«
»Genau.«
»Und warum im Landesmuseum?«
»Ich vermute, dass die Zeichen eine Sprache sind. Eine Art Glyphen. Vielleicht sagen sie einem Archäologen oder Völkerkundler auf Anhieb etwas.«
Veronika lächelte schief. »Aber da brauchen wir schon ein Fachgutachten und nicht nur eine Meinung von irgendwem.«
»Das«, antwortete Alex kühl, »sehe ich genauso. Aber das Museum ist ein erster Schritt.«
»Ah, okay, fein. Macht ihr Lemfelder mal. Wir Düsseldorfer müssen uns ohnehin erst mal sortieren«, sagte Veronika mit einem Lächeln und verließ das Büro grußlos.
Als sie die Tür geschlossen hatte, griff Alex nach einem Papierstapel. Einen Augenblick starrte sie die Excel-Tabellen in ihrer Hand an und überlegte, ob sie sie durchs Büro werfen soll. Sie ließ es bleiben. Aber eins war klar: Veronika Martens war eine blöde
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