Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan
of Forensic Sciences, als Claudel auftauchte.
»Der Tote ist Neal Wesley Catts.«
» S’il vous plaît. « Ich deutete auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch. » Asseyez-vous. « Setzen Sie sich.
Claudel zog die Mundwinkel nach unten und setzte sich.
»Catts wurde 1963 in Stockton, Kalifornien, geboren. Die übliche Tränendrüsengeschichte, kaputte Familie, Mutter Alkoholikerin.«
Claudel sprach Englisch. Was hatte das zu bedeuten?
»Neunundsiebzig brach Catts die High School ab, hing eine Weile mit den Banditos rum, bekam aber keinen Stammplatz. Saß eine Zeit wegen Drogen in Soledad.«
»Hatte er irgendwelche Jobs?«
»Hat Burger gewendet, Bier gezapft, in einer Fensterrahmenfirma gearbeitet. Aber jetzt kommt was, das wird Ihnen gefallen. Der kleine Perversling spitzte gern, wo er nicht durfte.«
Ich hörte zu, ohne ihn zu unterbrechen.
»Catts wurde mehrmals wegen Spannens verhaftet.«
»Das überrascht mich nicht.«
»Es reichte jedoch nie für eine Anklage.«
»Voyeurismus ist ein typischer erster Schritt für Sexualstraftäter.«
»Ein altes Mütterchen beschuldigte ihn, ihren Pudel abgemurkst zu haben. Wieder keine Beweise, keine Anklage.«
»Wo war das?«
»Yuba City, Kalifornien.«
Der Name traf mich wie ein Schlag auf die Brust.
»Yuba City liegt ganz in der Nähe von Chico.«
Claudels Lippen machten etwas, das fast wie ein Lächeln aussah. »Und Red Bluff.«
»Wann war Catts dort?«
»Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger. Verschwand Mitte der Achtziger von dort.«
»Musste er sich nicht bei einem Bewährungshelfer melden oder Ähnliches?«
»Ab vierundachtzig war er von allen Auflagen befreit.«
Claudel ging LaManche suchen, und ich wandte mich wieder meiner Lektüre zu. Ich war zum zweiten Mal unterwegs in die Bibliothek, als mir der Chef über den Weg lief.
»Ein großer Tag gestern, was, Temperance?«
» Carnaval. Haben Sie schon mit Claudel gesprochen?«
»Ich habe ihm eben eine vorläufige Beurteilung von Monsieur Catts gegeben.«
»Irgendwelche Überraschungen?«
LaManche spitzte die Lippen und wedelte mit den Fingern. Vielleicht ja. Vielleicht nein.
»Was?«
»Ich habe auf den Händen keine Schmauchspuren gefunden.«
»Waren sie in Tüten verpackt?«
»Waren sie.«
»Aber sollte denn nicht Schießpulver vorhanden sein, wenn er eine Waffe abgefeuert hat?«
»Ja.«
»Wie kann das sein?«
LaManche hob eine Schulter und beide Brauen.
Charbonneau rundete den Reigen meiner morgendlichen Besucher ab.
»Menard und Catts kannten sich«, sagte er ohne Einleitung.
»Wirklich.«
»Ich hab’s geschafft, einen von Menards ehemaligen Profs an der Cal State in Chico aufzutreiben. Der Kerl unterrichtet dort, seit Truman das Weiße Haus neu eingerichtet hat, aber sein Gedächtnis ist noch erstklassig. Er hat mir den Namen einer von Menards Ex-Freundinnen genannt. Eine Frau namens Carla Greenberg.«
Das sagte mir nichts.
»Greenberg unterrichtet jetzt an einem kleinen College in Pennsylvania. Sie sagt, sie und Menard hätten in ihrem ersten Jahr an der Uni etwas miteinander gehabt, aber dann sei sie nach Belize gegangen. Er habe keinen Job bei dieser Ausgrabung bekommen und auch bei keinem anderen Projekt und sei deshalb in diesem Sommer in Chico geblieben. Als Greenberg zurückkam, verbrachte Menard fast seine ganze Zeit mit einem Kerl aus Yuba City.«
»Catts.«
»Unserem Helden.«
»Wie entstand die Beziehung zwischen Catts und Menard?«
»Sie sehen gleich aus.«
»Ach, kommen Sie.«
Charbonneau hob die Hand. »Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, Doc. Laut Greenberg sagten die Leute Menard immer wieder, irgendein Pfandleiher in Yuba City sei sein perfekter Doppelgänger. Die Archäologiestudenten stöberten gern im Laden dieses Kerls, weil er es mit den Gesetzen in Bezug auf Antiquitäten nicht allzu genau nahm, wenn Sie wissen, was ich meine.«
»Und?«
»Menard schaute sich den Laden ebenfalls an, und die beiden wurden Kumpel. Zumindest ist das die Geschichte, die Menard Greenberg erzählt hatte.«
»Das klingt absolut lachhaft.«
»Greenberg hat mir das hier gemailt.«
Charbonneau gab mir den Computerausdruck eines Farbfotos auf Normalpapier. Die Aufnahme zeigte drei Personen, die auf einem Pier standen.
Die Frau war untersetzt und muskulös und hatte glatte, braune Haare und weit auseinander stehende Augen. Die Männer links und rechts von ihr sahen aus wie identische Buchstützen. Beide waren lang und dünn und hatten wilde rote Haare und
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