Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan
Unterkühlung.
Die Skelette aus dem Pizzakeller hatten die LSJML-Nummern 38 426,38 427 und 38 428 erhalten.
»Detective Claudel ist der Ansicht, dass diese Skelette alt und wahrscheinlich von geringem forensischem Interesse sind?«, sagte LaManche, eher fragend denn feststellend.
»Und woher will Monsieur Claudel das wissen?« Obwohl es möglich war, dass sich das als richtig herausstellte, ärgerte es mich, das Claudel Hypothesen in einem Gebiet aufstellte, von dem er absolut keine Ahnung hatte.
»Monsieur Claudel ist ein Mann vieler Talente.« Obwohl Pelletiers Miene völlig ausdruckslos war, ließ ich mich nicht täuschen. Der alte Pathologe wusste von den Reibungen zwischen Claudel und mir, und er neckte gern.
»Claudel hat Archäologie studiert?«, fragte ich.
Pelletier hob die Augenbrauen. »Monsieur Claudel bringt Stunden damit zu, uralte Relikte zu untersuchen.«
Die anderen schwiegen, weil sie auf die Pointe warteten.
»Wirklich?« Warum lässt du dich so bitten?
» Bien sûr. Schaut sich jeden Morgen seinen Pimmel an.«
»Vielen Dank, Dr. Pelletier«, erwiderte LaManche ebenso trocken. »Um im Bild zu bleiben, würden Sie bitte den Hängenden übernehmen?«
Ayers bekam den Erstochenen. Der Geländewagenunfall ging an Santangelo, der Mord/Selbstmord an Morin. Bei der Zuteilung setzte LaManche auf seiner Liste die Initialen hinter die jeweiligen Fälle. Pe. Ay. Sa. Mo.
Br. kam hinter die Dossiers 38 426, 38 427 und 38 428, die Knochen aus dem Pizzakeller.
Da LaManche eine längere Besprechung mit der Kommission vor sich hatte, die sich mit Kindstod in der Provinz beschäftigte, wies er sich selbst keine Autopsie zu.
Die Besprechung war zu Ende, und ich kehrte in mein Büro zurück. Augenblicke später erschien LaManches Kopf in der Tür. Einer der Autopsie-Techniker war wegen einer Bronchitis ausgefallen. Bei fünf Fällen war so die Lage etwas schwierig. Ob ich etwas dagegen hätte, allein zu arbeiten?
Klasse.
Während ich drei Fallformulare auf ein Klemmbrett steckte, fiel mir auf, dass das rote Licht an meinem Telefon blinkte.
Ein winziger Schmetterling im Bauch. Ryan.
Krieg dich wieder ein, Doris.
Ich gab meine Codenummer ein und hörte die Mailbox ab.
Ein Journalist von Allô Police.
Ein Journalist von der Gazette.
Ein Journalist von den CTV-Abendnachrichten.
Enttäuscht löschte ich die Nachrichten und eilte in den Umkleideraum der Damen. Nachdem ich mir Chirurgenkluft angezogen hatte, ging ich einen Seitengang entlang zu einem einzelnen Aufzug zwischen dem Büro der Sekretärin und der Bibliothek. Zugang zu diesem Aufzug hatten nur Personen mit Sondergenehmigung, und es gab Knöpfe nur für drei Stopps. LSJML. Coroner. Leichenhalle. Ich drückte auf den Knopf für die Leichenhalle, und die Türen schlossen sich.
Unten noch einmal durch eine Sicherheitstür und einen langen, schmalen Korridor hinunter, der den gesamten Querbalken des T entlangführt. Links ein Röntgenraum und vier Autopsiesäle, drei mit nur einem Tisch, einer mit einem Paar. Rechts Trockengestelle, Computer, Bahren und Wannen auf Rädern für den Transport von Prüfstücken in die Histologie-, Toxikologie-, DNS-, Odontologie- und Anthropologie-Labore im Stockwerk darüber.
Durch kleine Glasfenster in den Türen sah ich, dass Ayers und Morin in den Räumen eins und zwei eben mit der äußerlichen Untersuchung begannen. Beide arbeiteten mit einem Polizeifotografen und einem Autopsie-Techniker.
Ein weiterer Techniker ordnete eben Instrumente in Raum drei. Er würde Santangelo assistieren.
Und ich war auf mich allein gestellt.
Und Claudel würde in weniger als vier Stunden hier sein.
Ich hatte den Tag schon deprimiert begonnen, und meine Stimmung wurde mit jedem Augenblick noch schlechter.
Ich ging weiter zu Raum vier. Meinem Raum. Mit einer speziellen Lüftungsanlage für die Arbeit an Verwesten, Mumifizierten, Wasserleichen und anderen Stinkern.
Wie alle anderen hat auch dieser Raum eine Flügeltür, die zu einer Verwahrbucht der Leichenhalle führt. Die Bucht ist gesäumt von Kühlfächern, von denen jedes eine Doppeldecker-Bahre enthält.
Ich warf mein Klemmbrett auf die Anrichte, nahm eine Plastikschürze aus einer Schublade, Handschuhe und Maske aus einer anderen, zog alles an, holte mir einen kleinen Karren vom Korridor und schob mich rückwärts durch die Flügeltür.
Bettenzählung.
Sechs weiße Kärtchen. Ein roter Aufkleber.
Sechs Belegungen. Eine davon HIV-positiv.
Ich fand die
Weitere Kostenlose Bücher