Totenmontag: 7. Fall mit Tempe Brennan
gut«, sagte ich.
»Wir haben einander alles erzählt.«
Das ich gut, dachte ich.
Wenige Minuten später war Claudia da.
Bevor wir gingen, hatte ich noch eine letzte Frage.
»Mrs. Fisher, hat Ihre Schwester auf einem Federkissen geschlafen?«
»Niemals. Sie war allergisch.«
»Benutzen Sie ein Federkissen?«
»Gänsedaunen.« Fishers Gesicht verdüsterte sich. »Warum? War mein Kissen auf Louises Bett?«
Mein Blick kreuzte Ryans.
»Scheint eine recht nette Dame zu sein«, sagte ich, als Ryan den Gang einlegte.
»Und noch viel wichtiger, eine lebendige Dame.«
»Kein Wunder, dass kein Mensch ihr Auto gesehen hat.«
»Eher unwahrscheinlich, wenn es hinter irgendeinem B&B in Pointe-aux-Pics abgestellt war.«
Wir fuhren schweigend weiter, und nackte Äste schnitten merkwürdige Muster in das Licht der Straßenlaternen, das auf die Windschutzscheibe fiel. Nach wenigen Minuten bog Ryan auf die Pont Victoria ein. Die Räder machten das Geräusch eines Daumens, der über den Rand eines sehr großen Glases streicht. Der St. Lawrence unter uns sah schwarz und still aus.
»Parent wurde ermordet«, sagte ich düster.
»Sieht so aus.«
»Mit Fishers Kissen.«
»Die Faserjungs sollten die Federn abgleichen können.«
»Irgendein Mistkerl hat sich ins Haus geschlichen, ein Kissen von Fishers Bett genommen und Parent damit erstickt.«
»Während sie von dem Ambien schon völlig hinüber war.«
»Wie konnte jemand in das Haus eindringen, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen?«
»Ich habe vor, das Fisher zu fragen.«
»Und Bastillo.«
»Und Bastillo.«
»Glaubst du, dass Fisher über Parents Anrufe bei mir Bescheid wusste?«
»Auch diese Frage werde ich ihr stellen.«
Das war das Ende unserer Unterhaltung.
Auch gut.
Ich wollte nicht über Rose Fisher nachdenken. Oder über Louise Parent. Ryan. Anne. Meine verlorenen Mädchen.
Ich lehnte den Kopf an den Sitz, schloss die Augen und beschäftigte mich damit, mir Beschreibungen für die Stille im Auto auszudenken.
Die Stille einer Gruft. Einer verlassenen Bibliothek in einem Keller im Vatikan. Eines schwarzen Lochs im Zentrum eines Spiralnebels. Eines erschrockenen Sittichs.
Ryan setzte mich an meinem Auto ab.
»Bist du morgen dabei?«
»Morgen?«
»Rose Fisher?«
»Wann?«
»Ich rufe an, nachdem ich mit Bastillo telefoniert habe.«
Als ich vom Institut nach Centre-ville fuhr, war es Viertel vor acht. Anne döste, die Blumenbrille auf der Nase, ein Taschenbuch auf der Brust. Birdie saß neben ihr.
Anne hatte Schmorbraten gekocht. Wir unterhielten uns, während sie die Soße eindickte und ich Salat mischte.
Beim Essen erzählte Anne von dem Buch, dessen Thema der Tod war. Sie fand die Perspektive des Autors erhellend. Ich fand ihre Themenwahl beunruhigend.
»Warum dieses morbide Interesse am Tod?«
»Du klingst wie Annie Hall.«
»Und du führst dich auf wie Woody Allen.«
Anne überlegte einen Augenblick.
»Eine Vorwärtsbewegung ist oft die Voraussetzung für eine Veränderung.«
»Eine Bewegung wohin und eine Veränderung in welcher Hinsicht?«
»Zum Wesentlichen.«
»Von was redest du?«
»Von Zyklen.«
Während ich über diese rätselhafte Bemerkung nachdachte, klingelte das Telefon. Es war Katy.
»Hi, Mom.«
»Hi, Liebling. Wo bist du?«
»Charlottesville, aber ich fahre morgen nach Hause.«
»Die Prüfungen liefen gut?«
»Natürlich. Ich rufe nur an, um dich dran zu erinnern, dass du am zweiundzwanzigsten in Charlotte sein musst.«
Der zweiundzwanzigste?
»Hannahs Brautparty? Du hast versprochen, mir zu helfen.«
Was für ein Trottel legt seine Hochzeit in die Weihnachtszeit?
»Natürlich bin ich da.«
»Ich verlasse mich auf deine jahre lange Erfahrung.«
»Nett.«
»Ich hab dir ein paar E-Mails geschickt. Ho! Ho! Ho! Jetzt ist wieder die Zeit und so weiter. Ich sehne mich vor allem nach diesem Pulli von der anthropologischen Fakultät. Und das Wasserspiel wird mir beim Runterkommen helfen.«
»Wovon musst du denn runterkommen?«
»Hilft mir beim Studieren, meine ich.«
»Aha. Hm.«
»Ich liebe dich, ma mère. Muss jetzt Schluss machen.« Katys Stimme klang nach Mistelzweigen und Stechpalmen.
»Warum bist du denn so aufgekratzt?«
»Jetzt ist wieder die Zeit.«
»Ho. Ho. Ho.«
»Bleib in der Stimmung.«
Nach dem Anruf suchte ich nach Anne. Sie hatte sich bereits zurückgezogen. Keine weitere Erklärung, was sie mit Erfüllung oder dem Wesentlichen meinte. Ich hatte das Gefühl, sie hatte den Anruf als
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