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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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«Es dauert nicht lange.»
    James verschränkte die Arme vor der Brust und stierte auf seinen Teller. «Schon gut.»
    Kat nahm das Handy, stand auf und ging in die Küche. «Hallo?»
    «Wir haben ihn gefunden.» Es war natürlich Nick. «Endlich.»
    «Wen habt ihr gefunden?»
    «Noah Pierce. Oder besser gesagt, sein Skelett, im State Park, wo er damals verschwand.»
    Er sprach schnell, erklärte, was er und Tony unternommen hatten, und schilderte die schaurige Entdeckung unter der verlassenen Getreidemühle.
    «Wo bist du jetzt?»
    «Im Wagen mit Vasquez», antwortete er. «Wir fahren ins Leichenschauhaus. Die State Police hat eine Gerichtsmedizinerin losgeschickt, die sich die Knochen ansehen soll. Wir treffen sie dort. Und was hast du Neues zu berichten?»
    Nichts Neues, gestand Kat. Sie wollte erwähnen, mit Becky Santangelo und Glenn Stewart gesprochen sowie den Bunker der Clarks besichtigt zu haben, entschied sich aber dagegen. All das war nicht besonders aufregend, erst recht nicht im Vergleich mit dem möglichen Fund der Überreste eines der sechs vermissten Jungen.
    «Ich muss jetzt los», sagte sie. «Carl erwartet mich. Ruf mich an, sobald sich was Neues ergibt. Wenn nicht, sprechen wir uns morgen.»
    Sie kehrte an den Esstisch zurück, wo James noch genauso dasaß wie zuvor.
    «Nick lässt grüßen.»
    «Lässt er nicht», murmelte er vor sich hin.
    Kat seufzte. James war verärgert, weil sie sich durch den Anruf hatte ablenken lassen. Zur Strafe musste sie sein Schmollen ertragen.
    «Entschuldige, aber du weißt doch, manchmal muss ich auch zu Hause dienstbereit sein.»
    «Du bist immer dienstbereit.» Er war kaum zu verstehen.
    Polizistenkinder hatten es schwer. Das wusste Kat aus eigener Erfahrung. Ihre Kindheit hatte aus verpassten Fußballspielen und verspäteten Gutenachtküssen auf die Stirn bestanden, wenn sie schon längst eingeschlafen war. Später gab es nicht einmal mehr die, und ihr Vater ließ sich auch kaum mehr beim Abendessen blicken. Im Unterschied zu James hatte sie jedoch eine Mutter gehabt, die ausschließlich für sie da war.
    «Tut mir leid, kleiner Bär. Wirklich.»
    Umso schwerer fiel ihr, nun wieder aus beruflichen Gründen das Haus verlassen zu müssen, und weil auf die Schnelle kein Babysitter aufzutreiben war, blieb ihr nichts anderes übrig, als James mitzunehmen. Normalerweise bot sich in solchen Fällen die Möglichkeit an, ihn vorübergehend bei Lou van Sickle unterzubringen, die Enkelkinder hatte, mit denen er spielen konnte. Doch Lou hatte für den Abend schon andere Pläne.
    «Warum kann ich nicht hier bleiben?», fragte James, als sie ihm gesagt hatte, dass sie für eine oder zwei Stunden wegmüssten.
    «Weil ich keinen Babysitter habe und du noch nicht alt genug dafür bist, dass ich dich allein zurücklassen könnte.»
    «Ich bin alt genug.»
    Kat wollte sich auf keine Diskussion einlassen, nicht jetzt, da sie dem schrecklichen Schicksal dieser Jungen nachging, die in James’ Alter spurlos verschwunden waren. Um ihrem Sohn ein solches Schicksal zu ersparen, wäre sie bereit, ihn niemals mehr aus den Augen zu lassen.
    «Beeil dich und nimm deine Hausaufgaben mit», sagte sie. «Wir müssen los.»
    «Wohin?»
    «Zu einem alten Freund von mir.»

    Kat Campbell hatte einen Sohn.
    Eric war fassungslos. Vor Jahren hatte er von seiner Mutter gehört, dass seine ehemalige Freundin einen Kollegen geheiratet hatte. Nach überraschend kurzer Zeit, auch das hatte er erfahren, war die Ehe wieder geschieden worden. Von einem Kind aber hatte er bislang nichts gewusst, geschweige denn von einem Sohn mit Down-Syndrom.
    Doch da saß er nun auf seinem Sofa, und Eric starrte ihn an. Der Junge starrte zurück, als wolle er ihn warnen, nur ja kein dummes Wort zu verlieren. Diesen Mir-machst-du-nichts-vor-Blick kannte Eric von vielen Kindern, und er verunsicherte ihn jedes Mal.
    «Deine Mom sagt, du hättest Hausaufgaben zu machen.»
    «Schon erledigt.»
    «Möchtest du vielleicht fernsehen?»
    «Nicht wirklich.»
    Es sei nur für zwei Stunden, hatte Kat gesagt und ihren Jungen bei ihm abgesetzt. Überrumpelt allein schon von der Tatsache, dass sie Mutter war, hatte er sich einverstanden erklärt. Schließlich ermittelte sie nicht zuletzt in seinem Interesse, und weil ihm gründliche Arbeit lieber war als schnelle, hatte er gesagt, sie solle sich Zeit lassen. Aber schon fünf Minuten später hatte er seine Worte bereut.
    «Woher kennst du meine Mom?», fragte James.
    «Wir waren einmal

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