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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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das reicht doch, oder nicht?«
    Â»Wissen Sie, wie viele Menschen jährlich verschwinden, Frau
Winterfeld? Allein in den USA sind es über eine Million pro Jahr, in Deutschland sind es nur einhunderttausend,
weltweit weiß ich es nicht, aber es wird eine beträchtliche Zahl sein.«
    Â»Ich bin darüber wahrscheinlich besser informiert als Sie«, empörte
sich Sybille Winterfeld. »Ich weiß auch, dass sich fünfzig Prozent der Fälle
innerhalb von einer Woche von selbst lösen. Doch hier lag kein Grund vor, keine
familiäre Katastrophe, keine Depressionen, kein Arbeitsplatzverlust oder was
auch immer.«
    Â»Lassen Sie mir die Sachen hier, ich werde Ihre Akte aus dem Archiv
anfordern, die mein Kollege angelegt hat, und dann rufe ich Sie an.«
    Sybille Winterfeld schien in sich zusammenzusinken. Dann reckte sie
die Schultern nach hinten, lächelte freundlich und sagte: »Ich danke Ihnen. Ich
hoffe, Sie meinen es auch ernst, denn meine Mutter wird erst in Ruhe sterben
können, wenn sie weiß, was mit ihrer Tochter geschehen ist.«
    Nachdem Sybille Winterfeld den Raum verlassen hatte,
überflog Sam die einzelnen Artikel, anschließend sah er sich das Foto der
jungen Frau genauer an. Sie hatte kaum Ähnlichkeit mit ihrer Schwester.
Kastanienbraune Augen, mittelbraune Haare, ein rundliches Gesicht, hohe
Wangenknochen. Danach betrachtete er das Zeitungsfoto von der Familie, die in
Tunesien verschwunden war. Alle blond, unauffällige Erscheinungen. Wahrscheinlich
eine Familie, die aus persönlichen Gründen untergetaucht war. Meistens
Steuerflüchtige, die alles hinter sich abbrechen mussten, um eine neue Identität
anzunehmen.
    Die Akte von Frau Winterfeld war voller Protokolle, die nur das
wiedergaben, was sie ihm bereits erzählt hatte. Wahrscheinlich hatte Kaiser
Mitleid mit der Frau gehabt und sich immer wieder die gleiche Geschichte
angehört, immer wieder alles aufgenommen, immer wieder gesagt, er werde sich
darum kümmern. Bedauerlicherweise hatten seine Bemühungen keine Ergebnisse
erbracht, und er hatte gewartet, bis sich das Prozedere ein Jahr später
wiederholte. Darüber war er gestorben.
    Sam setzte sich an den Tisch von Peter Bauer und ließ sich
gerade die Daten vermisster Personen der letzten zehn Jahre ausdrucken, als er
in der Ablage ein Bild sah. Es war das Foto einer Büste auf einem Fax.
    Â»Darf ich fragen, worum es da geht?«
    Â»Ach, das ist gerade reingekommen. Alfred hat mich gebeten, alles,
was sich um antike ägyptische Kunstgegenstände, Einbruch und Diebstahl dreht,
soll ich ihm sofort weiterreichen. Der Fall ist allerdings etwas merkwürdig.«
    Â»Wieso?«
    Â»Der Diebstahl wurde von einer Putzfrau angezeigt, die morgens ein
eingeschlagenes Fenster in einem der oberen Räume des Hauses vorgefunden hatte,
wo sie zweimal die Woche gearbeitet hat. Außerdem fehlte ebendiese Büste,
deshalb rief sie sofort die Polizei.«
    Â»Und was ist daran merkwürdig?«
    Â»Laut den Kollegen war die Eigentümerin ziemlich erbost darüber, als
sie nach Hause kam. Die Putzfrau hat sie jedenfalls gefeuert.«
    Â»Ãœber was war sie denn erbost? Über die Anzeige, über das
eingeschlagene Fenster oder den Diebstahl?«
    Â»Gute Frage, aber ob du’s glaubst oder nicht: über die Anzeige. Sie
wollte keinen unnötigen Papierkram haben und hatte das selbst regeln wollen.«
    Sam zog die Augenbrauen hoch und dachte im Stillen, dass das Fenster
für eine bestimmte Diebin sprach. Nebenbei fragte er: »Wie heißt denn die Besitzerin?«
    Peter Bauer nahm das Fax in die Hand und suchte den Namen darauf.
    Â»Serani, ja, Parminder Serani heißt sie. Wohnt in Essen.«

34. KAPITEL
    Ronald Walter schwitzte. Auf seinem hellblauen Hemd hatten
sich unter den Achseln dunkle Flecke gebildet, die mit jeder Minute größer zu
werden schienen. Das Anpressen der Arme an den Körper verschlimmerte nur die
Ausbreitung der Flecke.
    War die Person tatsächlich nur verstorben? Oder hatte man etwas
nachgeholfen? Er setzte sich auf den Stuhl vor dem Computer und roch plötzlich
seinen eigenen Schweiß. Ekel stieg in ihm auf. Er ging auf die Toilette, um mit
etwas Seife den lästigen Geruch loszuwerden.
    Er entleerte seine Blase, zog sein Hemd aus der Hose, griff darunter
und wischte mit einem Papiertuch die Achseln trocken.
    Als er seinen Arbeitsraum betrat, trat ihm erneut der Schweiß

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