Totenpech
Traube
Einheimischer umringt, die mit Daniel um den Preis für den Transport zum Hotel
feilschten. Es war etwas beängstigend, das musste Lina zugeben, und sie war
dankbar, an Daniels Seite zu sein. SchlieÃlich bestiegen sie eine angenehm
temperierte schwarze Mercedes-Limousine. Der Fahrer fädelte sich ohne weitere
Worte, dafür mit arabischer Musik und laut hupend in den chaotischen Verkehr
ein. Dann machte er die StraÃen zu seinem persönlichen Nürburgring, wechselte
unaufhörlich die Spuren, überholte links, rechts, links, rechts, bremste, gab
wieder Vollgas, hupte, schimpfte laut vor sich hin, sodass Lina das Kreuz, das
um ihren Hals hing, fest umschloss und stumm ein Gebet sprach.
Ein Blick zu Daniel zeigte Lina, dass er entspannt war, während sie
bereits ihren leblosen Körper zwischen zwei zerquetschten Autos sah.
Die Abgase und Gerüche von drauÃen, die zwischen verbranntem Gummi
und Erbrochenem lagen, gaben Lina schlieÃlich den Rest. Ihr wurde übel. Sie
legte den Kopf nach hinten und versuchte, ruhig durchzuatmen.
Nach einer Stunde Fahrt, bei der sie lediglich gelbe StraÃenlaternen
an sich vorbeiziehen sah, kamen sie schlieÃlich im Hotel an. Es war ein
vierstöckiges Gebäude, umgeben von einer hohen Mauer. Es überraschte Lina nicht
nur durch seine Einfachheit. Auch seine Umgebung war nicht gerade einladend. Es
lag direkt an der Autobahn und mitten in der Wüste.
»Wundere dich nicht, die Hotels hier lassen sowieso alle etwas zu
wünschen übrig. Aber das hier ist sauber, und wir sind hier genau in der Mitte
von unseren Ausflugszielen.« Daniel bat um ihren Pass und füllte zum Einchecken
wieder die erforderlichen Formulare aus, während Lina sich in der Lobby umsah.
Ein Blick aus dem weniger luxuriösen Zimmer bestätigte noch einmal,
dass das Hotel irgendwo fernab von Kairo in der Wüste lag. Auf dem angrenzenden
Grundstück schienen unbewohnte Häuser zu stehen. Alles lag im Dunkeln. Vielleicht
gab es dort keinen Strom, oder aber die Bewohner gingen früh zu Bett? Andere
Länder, andere Sitten, dachte Lina und schmiegte sich an Daniel, der sie von
hinten fest umschloss.
Sie drehte sich zu ihm um und sah in seine hellgrünen Augen mit den
schwarzen Punkten. Daniel küsste sie und zog ihr langsam den Pullover über den
Kopf. In Frankreich war er sehr zurückhaltend gewesen, davon war jetzt nichts
mehr zu spüren. Lina gab sich Daniel ganz hin. Doch plötzlich lieà er von ihr
ab, legte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. »Tut mir leid, ich kann
nicht.« Er stand auf und ging ins Bad.
Lina war irritiert. Hatte sie etwas falsch gemacht? War sie nicht
sexy genug? Was hatte ihn von einer Sekunde auf die andere abgeturnt? Als
Daniel wieder aus dem Bad kam, legte er sich neben sie und nahm sie in den Arm.
Sanft streichelte er ihr über den Kopf, doch er sagte kein Wort mehr. Als sein
Atem langsamer und gleichmäÃiger wurde, die Hand an ihrem Kopf zum Stillstand
kam, wusste Lina, dass er eingeschlafen war. Sie lauschte noch lange den Geräuschen,
die aus den Nebenzimmern, dem Gang und von drauÃen kamen, bis auch sie
schlieÃlich einschlief.
67. KAPITEL
München â Sämtliche
Boote, die das ganze Jahr über in den Häfen von Mallorca lagen, wurden
überprüft.
Sam war sich ziemlich sicher, dass der Schlüssel zur Aufklärung dort
lag. Es konnte kein Zufall sein, dass der Kunde der Büste auf Mallorca wohnte
und der einzige Entführungsfall, der nicht ins Bild passte, auf der spanischen
Insel passiert war.
Unter den Blicken von Direktor Hansen und Sam ging Frau Serani durch
den Keller des Museums und sah sich jedes einzelne Stück aus der Villa von
Lothar Senner an, die Ronald Walter fein säuberlich aufgestellt, mit Nummern
versehen und in einem Buch aufgelistet hatte.
Die Mutter von Ronald Walter hatte sich endlich durchgerungen, auf
dem Revier eine Vermisstenanzeige aufzugeben, denn auch sie war inzwischen
davon überzeugt, dass ihr Sohn einem Verbrechen zum Opfer gefallen war. Jeder,
der ihn gekannt hatte, glaubte nicht, dass er einer Geliebten gefolgt war, wie
es auf dem mysteriösen Zettel gestanden hatte. Auch Direktor Hansen wusste
nichts von einer Frau in Ronald Walters Leben.
Für sein Verschwinden gab es definitiv keine plausible Erklärung.
Hatte er vielleicht mehr gewusst, als er Sam in seinem Brief geschrieben hatte?
Hatte
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