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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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auf die Nase
und huschte an ihm vorbei. Für den Ausflug wählte sie eine Leinenhose und eine
langärmelige Bluse, damit sie bei den Einheimischen nicht unangenehm auffiel.
    Â»Ich dachte, wir schauen uns erst einmal das Museum an. Morgen
fahren wir zu den Pyramiden und übermorgen auf den weltberühmten Basar.«
    Â»Da, wo sie gerne Bomben legen und Touristen in die Luft jagen?«
    Â»Ja, ich dachte, das könnte unserem Aufenthalt noch den gewissen
Thrill geben.« Daniel lachte, und Lina stimmte mit ein.
    Die Fahrt zum Museum nach Kairo war nicht weniger halsbrecherisch
als am Abend zuvor. Nur, dass sie bei Tag die vorbeiziehende Landschaft
begutachten konnte. Hunderte unfertiger Bauten in der Wüste, dann fruchtbare
Felder und anschließend Wohnsilos, aus deren Mitte, wie ein mahnender
Zeigefinger, ein Minarett herausragte. Die Gerüche waren die gleichen wie am
Vorabend und ließen Lina gelegentlich die Luft anhalten.
    Die Neunzehn-Millionen-Metropole war auf den ersten und auf den
zweiten Blick hässlich und schmutzig. An den Fassaden der Häuser klebte der Dreck
von Jahrzehnten, den kein reinigender Regen hatte fortspülen können. Sogar die
aufwendigen Kolonialbauten, die hier und da noch ein Bild von dem einst reichen
und schönen Kairo erahnen ließen, waren völlig heruntergekommen. Nichts war vor
dem Zahn der Zeit geschützt und bewahrt worden. Unübersehbar waren die flachen
Dächer der Häuser, gespickt mit Hunderten grauer Satellitenschüsseln in allen
nur erdenklichen Größen, als wollten die darin Wohnenden Kontakt zu einer
anderen Welt aufnehmen.
    Hier und da liefen zwischen normal gekleideten Frauen in langen
Gewändern verschleierte wie schwarze Gespenster durch die Straßen. Unbehagen
stieg in Lina auf, eine Mischung aus Nichtverständnis und Wut gegenüber den ignoranten
Männern, die ihren Frauen so etwas zumuteten. Jeder wusste, dass Schwarz die Wärme
anzog, demzufolge musste es unter solch einem Gewand wie in einem türkischen
Dampfbad zugehen. Daniel hatte den Arm um Lina gelegt und sah gedankenversunken
aus dem Fenster, während er mit seinen Fingern an dem Anhänger spielte, den
Lina nun genauer in Augenschein nehmen konnte. Es war ein birnenförmiges
Glasgefäß mit einem schön verzierten Silberverschluss und einer Flüssigkeit
darin.
    Â»Sag mal, was trägst du da eigentlich um den Hals?«
    Daniel ließ den Anhänger los und betrachtete ihn, als würde er ihn
das erste Mal sehen.
    Â»Sokrates starb durch die Einnahme von Gift aus einer Phiole«, sagte
er versonnen.
    Â»Und? Was hast du da drin? Auch Gift? Für den Notfall?«
    Â»Es ist ein Glücksbringer und soll vor Dämonen schützen.« Daniel
lachte und verzog das Gesicht zu einer Fratze, dabei ließ er den Anhänger unter
sein Hemd gleiten. »Oh, wir sind da. Bin gespannt was du gleich sagst.« Daniel
bezahlte den Fahrer, während Lina ausstieg und daran dachte, wie Daniel am
Strand an der Flüssigkeit genippt hatte. Warum log er sie an? Was beinhaltete
die Phiole wirklich?
    Â»Komm.« Daniel zog sie zum Eingang des Museums, und Lina schickte
den schlechten Gedanken in die Verbannung.
    Nach all den dreckigen Straßen und Gebäuden war die gepflegte Erscheinung
    des neoklassizistischen terrakottafarbenen Museums aus dem 19. Jahrhundert in der
Innenstadt von Kairo eine wahre Augenweide.
    Daniel kaufte zwei Tickets. Dann gingen sie Hand in Hand durch den
angelegten Vorgarten mit seinen beschnittenen Bäumen, Palmen und gestutzten
Rasenflächen, auf dem sich Gruppen von Touristen tummelten und die
obligatorischen Fotos von ihrem Museumsbesuch schossen. Ein Wirrwarr aus
unterschiedlichen Sprachen drang an Linas Ohr, bis sie endlich die kühle Halle
des Museums erreicht hatten.
    Â»Möchtest du einen Museumsführer haben?«
    Â»Möchtest du?«, stellte Lina die Gegenfrage.
    Â»Ich frage dich. Ich kann dir sonst anbieten, dein persönlicher
Führer zu sein.«
    Â»Tatsächlich? Da sage ich nicht Nein.«
    Daniel ging mit Lina durch die erste Halle, stellte sich vor drei
große Statuen und begann mit seinem Vortrag: »Also hier haben wir die drei
Mykerinos-Triaden aus schwarzem Schiefer. Der Pharao, der in der Mitte, war der
Erbauer der kleinsten der drei Pyramiden von Giseh …«
    Daniel war in seinem Element und wusste über alles und jeden etwas
zu

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