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Totenpfad

Totenpfad

Titel: Totenpfad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elly Griffiths , Tanja Handels
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gewetzter Klinge. Er hat Sparky getötet. Und Ruth wird eiskalt, als ihr klarwird, dass die tote Katze eine Botschaft an sie gewesen ist:
Nächstes Mal kann es dich treffen
.
    Dann hört sie es. Ein Geräusch draußen vor dem Fenster. Für kurze Zeit ist es still, dann hört sie ein unterdrücktes Husten und dann, ganz deutlich, Schritte, die immer näher und näher kommen. Sie lauscht, und ihr Herz klopft dabei so heftig und unregelmäßig, dass sie glaubt, hier an Ort und Stelle einem Infarkt erliegen zu müssen. Als es an die Tür klopft, schreit sie laut auf vor Angst. Das Wesen ausder Dunkelheit. Es ist da. Das Monster. Das Entsetzliche. Sie muss an die Erzählung von der Affenpfote denken, an das namenlose Grauen, das vor der Haustür lauert, und zittert so sehr, dass sie ihr Weinglas fallen lässt. Es klopft von neuem. Ein grässlicher, unheilvoller Ton, der durch das ganze kleine Haus hallt. Was soll sie denn jetzt bloß tun? Nelson anrufen? Das Telefon steht am anderen Ende des Zimmers, neben dem Sofa, und selbst die kleinste Bewegung erscheint ihr plötzlich völlig undenkbar. Ist es jetzt so weit? Wird sie sterben, hier in ihrem kleinen Haus, während draußen der Wind heult?
    «Ruth!», ruft es laut von draußen. «Bist du da?»
    Oh, Dank sei dem Gott, an den sie nicht glaubt. Es ist Erik.
    Halb lachend und halb weinend stürzt Ruth zur Tür. Draußen steht Erik Anderssen, lächelnd, im schwarzen Regenmantel und mit einer Flasche Whisky in der Hand.
    «Hallo, Ruthie», sagt er. «Lust auf einen Schlummertrunk?»

11
    «Versunkene Landschaften   …» Eriks melodische Stimme hallt über das windgepeitschte Gras. «…   verfügen über einen ganz eigenen Zauber. Denk nur an Dunwich, die Stadt, die vom Meer verschlungen wurde und deren Kirchenglocken immer noch unter Wasser läuten. Oder denk an den versunkenen Wald an diesem Strand hier, an die Bäume, die unter uns begraben sind. Etwas ganz tief in uns fürchtet sich vor allem Begrabenen, vor dem, was wir nicht sehen können.»
    Ruth und Erik gehen am Strand entlang, und die zahllosen Schwertmuscheln, die die Flut an Land gespült hat,knirschen unter ihren Füßen. Der gestrige Regen ist einem schönen, kalten und klaren Wintertag gewichen, das Grauen der vergangenen Nacht wie in weite Ferne gerückt. Jetzt scheint es plötzlich kaum noch vorstellbar, dass Sparky tot und Ruth in Gefahr sein soll. Und doch ist es wahr, denkt Ruth, während sie neben Erik dahinstapft. Es ist geschehen.
    Am Abend zuvor hat sie sich Erik in die Arme geworfen und vor lauter Schluchzen kaum ein klares Wort herausgebracht. Er ist sehr nett zu ihr gewesen, hat sie aufs Sofa gesetzt, ihr einen Kaffee gemacht und einen Schuss Whisky hineingegeben. Sie hat ihm von Sparky erzählt, und er meinte, wenn sie den Kadaver zurückbekämen, müssten sie ihr ein Wikingerbegräbnis zuteil werden lassen und sie auf einem brennenden Floß aufs Meer hinausschicken. Ruth, die Sparky im Garten unter dem Apfelbaum begraben möchte, hat dazu geschwiegen, ist sich aber durchaus bewusst, dass Erik Sparky eine große Ehre erweist, wenn er ihre Seele als solcher Weihen würdig erachtet. Sie muss daran denken, dass ihre Mutter immer behauptet, Tiere hätten gar keine Seele. Ein weiterer Minuspunkt für Gott.
    Ruth wollte die Nacht nicht allein verbringen, und so hat Erik auf dem Sofa geschlafen, seine langen Glieder klaglos in Ruths Schlafsack gezwängt und sich nicht einmal beschwert, als Flint ihn um fünf Uhr morgens aufgeweckt hat, um ihm eine tote Maus zu verehren. Er hat sich wie ein wahrer Freund verhalten, denkt Ruth. Und sie ist jetzt trotz allem glücklich, ihn wiederzusehen, wieder mit ihm zusammen übers Salzmoor zu wandern.
    Nach dem Frühstück hat Erik vorgeschlagen, zum Fundort des Henge zu gehen, und Ruth hat sofort begeistert zugestimmt. Sie hatte das starke Bedürfnis, nach draußen zu kommen, raus aus dem Haus mit den vielen dunklenEcken, in denen sie ständig nach Sparkys kleinem Katzengesicht sucht. Da ist es doch sehr viel besser, im Freien zu sein und unter dem weiten, blauen Himmel den endlosen Strand entlangzugehen. Sie hatte allerdings vergessen, wie endlos der bei Ebbe tatsächlich ist. Der Sand erstreckt sich kilometerweit, überall glitzern kleine Wasserlöcher, und hier und da hebt sich ein Stück Treibholz schwarz vom Horizont ab. Eine gewaltige Fläche ohne erkennbares Merkmal – doch Erik scheint ganz genau zu wissen, wohin er geht. Den Blick auf den Horizont

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