Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
Freitagabend eine Verabredung und will unter keinen Umständen, dass Max etwas davon mitbekommt.«
»Ach, geht es etwa noch immer um deine Männersuche im Internet, meine schöne Helena?«, schmunzelte Doris. »Pass lieber auf und lass dich nicht gleich wieder auf eine feste Beziehung ein, meine Liebe. Genieße stattdessen doch besser erst einmal eine Weile die Vorteile des Singledaseins.«
»Wie auch immer, ich muss Cornelius auf jeden Fall so schnell wie möglich kennenlernen, verstehst du? Er ist so ein interessanter Mann, und er schreibt so wunderbare sinnliche Mails. Ich kann nicht riskieren, dass er mir jetzt von der Angel geht.«
»Mensch, du bist ja echt beeindruckt. Erzähl mir mehr von deinem Traumprinzen.«
»Cornelius ist Maler und Bildhauer«, begann Amanda mit unverhohlenem Stolz in der Stimme. »Er lebt in Hamburg direkt an der Alster, außerdem unterhält er noch ein zweites Atelier in Siena.«
»Liegt das nicht in der Toskana?«
»Genau«, erwiderte Amanda weltmännisch. »Und nun hat er mich eingeladen, ihn in seiner Wohnung in Hamburg zu besuchen. Hilfst du mir?«
»Natürlich helfe ich dir, aber meinst du nicht, dass es
klüger wäre, sich das erste Mal lieber an einem neutralen Ort zu treffen?«
»Normalerweise hast du Recht, Doris, aber Cornelius ist nun wirklich kein Mann, vor dem man Angst haben muss.«
»Wie du meinst, ich gebe dir dein Alibi, auch wenn ich mich über deine an Naivität grenzende Sorglosigkeit wundere. Und welche Geschichte soll ich erzählen, falls Max nach dir fragt?«
»Danke, das weiß ich wirklich zu schätzen. Ich glaube zwar nicht, dass Max mich fragt, mit wem ich ausgehe. Falls er es aber doch tun sollte, reicht es, wenn du ihm bestätigst, dass ich den Abend und die Nacht über bei dir gewesen bin. Erzähl ihm von mir aus irgendwas von einem ausgelassenen Frauenabend mit viel Alkohol, nach dem ich hinterher keinesfalls noch mit dem Auto fahren konnte.«
»In Ordnung, werde ich machen. Aber jetzt möchte ich erst einmal alles über deinen Cornelius erfahren. Also, ich höre.«
»Ich muss dem Mann erst mal in die Augen sehen«, wich Amanda ihrer Freundin aus. »Und wenn er tatsächlich so ist, wie ich ihn mir vorstelle, erzähle ich dir die ganze Geschichte im Nachhinein, in Ordnung?«
»Wie du meinst, aber gib mir bitte für alle Fälle den kompletten Namen und die genaue Anschrift deines Traumtypen, Amanda. Schließlich könnte das Ganze auch eine miese Falle sein. Sei auf jeden Fall vorsichtig, wenn du dich mit ihm triffst.«
»Also wirklich, Doris, ich bin doch kein Kind mehr. Ich werd’ schon auf mich aufpassen.«
Nachdem Amanda ihrer Freundin Doris Cornelius’ Anschrift mitgeteilt und ihr das Versprechen gegeben hatte, gut auf sich Acht zu geben, kehrte sie beschwingt nach Hause zurück.
Und obwohl ihr Treffen mit Cornelius erst in zwei Tagen stattfand, überlegte sie jetzt schon, was sie anziehen und ob sie ihr dunkelbraunes, schulterlanges Haar hochstecken oder doch besser offen tragen sollte. Die Vorstellung, sich endlich wieder einmal mit jemand Erfreulicherem als Max beschäftigen zu können, tat ihr gut und lenkte sie gleichzeitig ab.
Denn jetzt, wo Max’ Absicht, sich von ihr zu trennen, immer konkreter wurde, bekam Amanda es immer mehr mit der Angst zu tun. In den letzten Tagen hatte er mehrfach verlauten lassen, dass er keine Lust mehr habe, so weiterzumachen wie bisher. Eine Aussage, die, wie Amanda besorgt feststellen musste, sich vor allem auf seinen Arbeitseinsatz bezog.
»Ich werde das Leben zukünftig etwas gemächlicher angehen«, hatte er Amanda eröffnet. »Schließlich habe ich mich jahrelang für die Familie krummgelegt. Jetzt ist es an der Zeit, wieder etwas mehr an mich zu denken.«
Demnächst würde Amanda den Gürtel also etwas enger schnallen müssen. Vor allem was ihre Suche nach einem neuen Zuhause für sich und Klara anging. Schließlich war der Ort, in dem sie zurzeit lebte, insbesondere was Wohnungsmieten betraf, alles andere als preiswert. Doch irgendwie würde es schon weitergehen, sie würde in der näheren Umgebung von Harburg schon etwas Günstiges für sich und Klara finden, so dass sie drei einander auch weiterhin schnell und unproblematisch
sehen und besuchen könnten. Am gestrigen Abend hatte Max Amandas Zukunftsperspektiven jedoch mit einem weiteren Statement gewaltig durchkreuzt.
»Mir ist es egal, wo du in Zukunft leben wirst, Amanda«, stellte er klar. »Mit Klara hat das Ganze sowieso nichts zu
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