Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
Leute sogar jetzt noch dichthalten, obwohl sie wissen, dass wir in einem Mordfall ermitteln.«
»Dann sollten Sie als Nächstes Herrn Jacobsen selbst dazu befragen«, schlug Günther Sibelius vor. »Und anschließend nehmen Sie sich die Hofraths noch einmal vor. Wer weiß, vielleicht stoßen Sie bei einem der beiden sogar auf ein mögliches Mordmotiv. Also zurück an die Arbeit, Kollegen, es gibt viel zu tun.«
5
»Das darf doch alles nicht wahr sein, Weber!«, schimpfte Anna Greve. »Malte Jacobsen nimmt heute einen Termin auf Mallorca wahr. Er sei dort unabkömmlich, hat seine Sekretärin gesagt, aber schon ab morgen wieder in Hamburg zu erreichen. Was fällt dem Mann bloß ein, das Land zu verlassen, ohne uns vorher darüber in Kenntnis zu setzen! Schließlich kann er für die Tatzeit nach wie vor kein Alibi beibringen und gehört damit zum Kreis der potenziell Verdächtigen.«
»Das Land verlassen? Na, ich weiß nicht, Anna«, grinste Weber. »Ist Mallorca mittlerweile nicht viel eher eine deutsche Insel als eine spanische?«
Als Anna ihm daraufhin einen wütenden Blick zuwarf, lenkte er augenblicklich ein.
»Natürlich ist Malte Jacobsens Verhalten nicht in Ordnung, denn schließlich haben wir ihn angewiesen, sich zu unserer Verfügung zu halten. Auch wäre es gut, ihn zu befragen, bevor wir zu den Hofraths gehen. Aber erstens haben wir im Moment noch jede Menge Arbeit im Büro, und zweitens werden wir unsere Taktik unter diesen Umständen eben ändern, wenn wir den beiden nachher einen Besuch abstatten. Ich bin dafür, dass wir sie nicht nur mit meinen Rechercheergebnissen, sondern auch mit ein paar Morddetails konfrontieren. Wer weiß,
wenn wir die Hofraths ein wenig schockieren, wirkt sich das vielleicht günstig auf ihre Gesprächsbereitschaft aus. Was meinen Sie, Anna?«
»Ich meine, wir unterbrechen unsere Recherchearbeit für ein oder zwei Stunden und erledigen das sofort«, schlüpfte Anna in ihren Wintermantel und klimperte dabei auffordernd mit den Autoschlüsseln in ihrer Hand.
»Also los, auf geht’s, Weber.«
Zum Glück hatte Lukas Weber einen der raren Parkplätze in der mitten in Hamburg gelegenen ABC-Straße entdeckt. Er legte den Rückwärtsgang ein und dirigierte den Opel Vectra in eine Parklücke direkt vor dem Geschäftshaus, in dessen oberstem Stockwerk die Anwaltskanzlei Andresen, Hofrath und Zwingel lag.
»Heute werden wir den Hofraths ordentlich Dampf machen«, meinte Weber kampfeslustig, als er kurz darauf und Anna immer ein paar Schritte voraus das Treppenhaus hinaufstürmte.
Im Büro der Hofraths kam Lukas Weber ohne Umschweife zur Sache. Nachdem er die Brutalität, mit der der Täter im Mordfall Jacobsen vorgegangen war, in drastischen Worten geschildert hatte, sprach er die Beziehung von Monika und Malte Jacobsen direkt an. Heiner Hofrath hielt es nicht länger auf seinem Stuhl.
»Eigentlich ist es nicht unsere Art, uns in die Angelegenheiten anderer Leute einzumischen. Aber in diesem Fall«, drehte er sich fragend zu seiner Frau um.
»Du hast Recht, Heiner«, erwiderte Sabine Hofrath. »Ja, Monika war alles andere als glücklich in ihrer Ehe mit Malte. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie oft er sie
allein gelassen hat. Ständig ist Malte unterwegs gewesen, sogar an Tonis sechstem Geburtstag im April hat er einen Geschäftstermin wahrgenommen, der ihm offensichtlich wichtiger war als seine Familie.«
»Wenn man beruflich engagiert ist, lässt sich so etwas leider manchmal nicht vermeiden«, relativierte Heiner Hofrath das Gesagte. »Was ich dagegen überhaupt nicht verstanden habe, ist, dass er seine Finger nicht von anderen Frauen lassen konnte.«
»Was wissen Sie konkret über Malte Jacobsens Affären, Herr Hofrath, und war vielleicht sogar eine feste Sache dabei?«, hakte Anna Greve nach.
»Soweit ich weiß nicht, allerdings hat sich Malte in der letzten Zeit regelmäßig um die Prokuristin seiner Dependance auf Mallorca gekümmert. Jedenfalls hat er sich seit ein paar Monaten viel häufiger als früher dort aufgehalten, obwohl er nicht mehr Abschlüsse auf der Insel getätigt hat als sonst auch.«
»Wie heißt die Frau?«, wollte Weber wissen.
»Ihr Name ist Vera Kaminski. Eine sehr attraktive Erscheinung, für meinen Geschmack allerdings ein wenig zu besitzergreifend.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Anna nach. »Hat sich Herr Jacobsen einmal dahingehend geäußert?«
»Malte ist ein echter Gentleman, der lieber genießt und schweigt, als dass er mit
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