Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz
Grundstück öffnete. Auf dem schneebedeckten Hauptweg entlang der mit Tannenzweigen abgedeckten Blumenbeete und Rabatten waren noch zahlreiche Fußspuren zu erkennen, die sich jetzt, im einsetzenden Regen, jedoch immer mehr auflösten. Dennoch konnte der Alte noch zweifelsfrei erkennen, dass es sich ihrer Größe
nach um zwei sehr unterschiedliche Fußspuren handelte. Neben kleinen, fast zierlichen Abdrücken befanden sich breite, beinahe doppelt so große Abdrücke, die wohl eher von einem Mann als von einer Frau stammten.
Horst Eckart umrundete die Laube, wobei er gewissenhaft prüfte, ob auch alle Fenster und Türen fest verschlossen waren. Zum Schluss schaltete er noch das Licht vor dem Eingang aus und nahm sich vor, seine Frau zu fragen, ob es vielleicht irgendwelche Neuigkeiten in Bezug auf Hannelore Bloch gab, von denen er noch nichts wusste. Möglicherweise hatte Hanne, die immer noch sehr fesch und im besten Alter war, ja einen neuen Begleiter gefunden. Das würde zumindest die riesigen Fußspuren auf ihrem Gartenweg erklären.
Horst Eckart schob die Kapuze seines Anoraks noch tiefer in die Stirn, während er die letzten Meter bis zu seiner eigenen Parzelle hinüberschlurfte. Er freute sich auf die behagliche Wärme in seiner Gartenlaube und auch auf den heißen Tee, den er gleich zusammen mit Marianne genießen würde.
Was war eigentlich so schön daran, verliebt zu sein?, fragte sich Amanda ratlos. Ja, sie war verliebt, was vielleicht auch die Erklärung dafür war, dass sie seit Wochen nicht mehr richtig schlief oder aß. Überhaupt war Amanda bei allem, was sie tat, nicht mehr recht bei der Sache. Sie konnte sich auf nichts mehr richtig konzentrieren. Ein ganzes Buch zu lesen war unmöglich, die Schlagzeilen der Boulevardpresse aufzunehmen war alles, was sie noch schaffte, und selbst die hatte sie im nächsten Moment schon wieder vergessen. Stattdessen
stellte sich Amanda in einem fort vor, wie es wohl sein würde, zukünftig mit einem Mann wie Cornelius zu leben. Bestimmt würde mit ihm alles ganz anders sein als mit Max.
Aber nun musste sie nicht mehr lange warten. Schon morgen würde es so weit sein. Schon morgen hatte Amanda ihre erste Verabredung mit Cornelius. Schon morgen würde sie überprüfen können, ob der reale Cornelius mit dem Mann ihrer Träume mithalten konnte.
Bereits seit dem frühen Morgen bearbeiteten Anna Greve und Lukas Weber mit mehreren Kollegen die Hinweise, die nach der Veröffentlichung der Phantomzeichnung aus der Bevölkerung beim LKA eingegangen waren. Doch vor der anstehenden Dienstbesprechung brauchte Anna unbedingt noch eine kleine Pause. »Ich bin mal kurz vor der Tür, Weber«, sagte sie, warf sich ihren Mantel über und ging nach draußen. Vor dem Eingang des Präsidiums kramte sie ihre Zigaretten aus der Tasche. Dabei zog sie mit ihnen zusammen versehentlich auch das Farbfoto von Monika Jacobsen heraus, das zu den Akten zu nehmen sie bislang vergessen hatte. Eigentlich war es traurig, dachte Anna, dass eine so schöne Frau an der Seite ihres Mannes so einsam gewesen war, dass sie eine Kontaktanzeige aufgegeben hatte, um einen anderen Mann kennenzulernen. Dass sie sich im Folgenden dann für einen entschieden hatte, der sich gut auszudrücken vermochte und darüber hinaus noch zu romantischen Gefühlen fähig zu sein schien, war für die Kommissarin nur eine logische Konsequenz.
Was wäre geschehen, wenn sie selbst diesem Mann auf
der Suche nach einer neuen Liebe begegnet wäre, kam Anna plötzlich in den Sinn. Hätte sie sich auch von seiner charmanten Art beeindrucken lassen? Wäre sie ihm ebenfalls in die Falle gegangen?
Monika Jacobsen tat ihr unendlich leid. Denn obwohl sie sich gegen ihren Beruf und für ein Dasein als Hausfrau und Mutter entschieden hatte, schien sie dennoch mit beiden Beinen fest im Leben gestanden zu haben. Der Täter musste außerordentlich geschickt und subtil vorgegangen sein, um sie an den menschenleeren Elbstrand locken zu können. Ja, Adam oder wie er auch immer in Wirklichkeit hieß, würde auch anderen Frauen, die sich nach Liebe sehnten, gefährlich werden können. Er schien ein Mann zu sein, der sich äußerst gut verstellen konnte. Ein Mann, der zwei Gesichter besaß. Und möglicherweise hatte Weber sogar Recht mit seiner Befürchtung, dass es nicht bei diesem einen Mord bleiben würde, wenn der Täter tatsächlich ein Psychopath war. Doch das würde Anna mit allen Mitteln zu verhindern suchen.
Entschlossen
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