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Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz

Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz

Titel: Totenprinz - Westendorf, C: Totenprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Westendorf
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festlichen Kleidung unter all den müden Leuten, die von der Arbeit kamen und in Richtung Innenstadt fuhren,
ein wenig deplatziert vorkam. Sie suchte sich einen freien Platz im hintersten Abteil und starrte die ganze Fahrt über schweigend nach draußen in die dunkle Novembernacht. Dabei dachte sie an Cornelius.
    Erst im allerletzten Moment registrierte sie, dass sie bereits am Dammtorbahnhof angekommen waren. Schnell stieg sie aus und setzte sich vor dem Bahnhofsgebäude in das vorderste Taxi am Stand, selbst auf die Gefahr hin, dass sich der Fahrer über die viel zu kurze Tour beschweren würde. Auf einmal hatte sie es sehr eilig, zu ihrem Treffpunkt zu kommen.
     
    Ständig wollten die Weiber reden, knutschen oder kuscheln. Und sie gaben so lange keine Ruhe, bis sie sich sicher waren, dass ihr Auserwählter bei der Stange blieb. Er grinste, denn besser konnte man es nicht ausdrücken. Dabei hatten die wenigsten Weiber Spaß am Ficken so wie Melli. Nein, die allermeisten Frauen wollten nichts anderes als Sicherheit von einem Mann, und den wollten sie möglichst lebenslang an sich gefesselt sehen.
    Fesseln, ja, diesmal würde er sich noch einmal mehr Zeit lassen als mit den anderen. Helena konnte sein Meisterstück werden, wenn er nur nicht die Nerven verlor.
    Bevor er seinen Koffer zuklappte, überprüfte er noch einmal den Inhalt der Ausrüstung. Alles war an seinem Platz. Im Hinausgehen steckte er den Schlüssel für das Hausboot ein und schenkte seinem Spiegelbild noch ein aufmunterndes Lächeln.
    Diesmal würde er keinen Fehler mehr machen, diesmal würde er die Sache bis zum Ende durchziehen. Als
er kurz darauf den Koffer in sein Auto lud, öffnete er ihn noch einmal, um ihn ein allerletztes Mal zu kontrollieren.
    Wo zum Teufel war der Fotoapparat? Er hatte ihn gestern Abend aus dem Koffer genommen, um die Batterien zu überprüfen… Und dann? Hatte sein Nachbar Hinrichs an der Tür geklingelt und ihn von seinem Vorhaben abgebracht. Verdammt, das Mistding lag noch immer auf seinem Schreibtisch!
    Schnell schloss er das Auto ab und rannte zum Haus zurück. Während er lief, sah er ständig auf die Uhr, denn wenn er etwas nicht leiden konnte, dann das Gefühl, unter Zeitdruck zu stehen oder sich unzureichend vorbereitet zu haben. Aber egal, er durfte jetzt bloß nicht nervös werden, denn nur in der Ruhe lag die Kraft.
    Als er vor seiner Wohnung angekommen war und die Haustür aufschließen wollte, rutschte ihm der Schlüsselbund so unglücklich aus der Hand, dass er die Treppen bis ganz hinunter ins Erdgeschoss fiel. Weitere wertvolle Zeit verstrich, bis er ihn wieder in den vierten Stock hinaufgeholt und endlich die Haustür aufgeschlossen hatte. Er hetzte ins Arbeitszimmer zum Schreibtisch, schnappte sich den Fotoapparat und zusätzlich noch zwei Ersatzbatterien. Seine Finger zitterten, als er sie einsetzte, so dass er sich anschließend noch einmal vergewissern musste, sie auch ja richtig eingelegt zu haben. Dann steckte er die Kamera in die Manteltasche. Als er wieder unten auf der Straße war, hatte er mehr als zehn Minuten Zeit verloren. Er rannte die Straße bis zu seinem Auto entlang, stieg ein und startete den Motor. Was er jetzt brauchte, war ein bisschen Glück, keinen Stau und so wenige rote
Ampeln wie nur möglich, dann würde er es noch immer rechtzeitig bis zum Parkhaus am Gänsemarkt schaffen. Amanda sollte in keinem Fall vor ihm am ausgemachten Treffpunkt sein.
     
    Als Amanda den verabredeten Treffpunkt vor dem Eingang der Staatsoper erreichte, stach ihr Cornelius unter all den anderen Wartenden sofort ins Auge. Dabei stand er weder abseits, noch ragte er sonst irgendwie aus der Menschenmenge heraus.
    Kaum zwei Schritte weiter trafen sich ihrer beider Blicke, und obwohl es zu regnen begann und die Menschentraube sich auflöste und alle Opernbesucher hektisch dem Eingang zustrebten, rührte sich Cornelius nicht von der Stelle und schaute sie nach wie vor unverwandt an. Erst dann spannte er seinen Regenschirm auf und kam ihr entgegen. Als sie endlich voreinanderstanden, nahm Cornelius sie unter seinen Schirm.
    »Na, bist du enttäuscht?«, fragte er leise.
    »Kann ich noch nicht sagen, aber vermutlich hast du Qualitäten, die nicht auf den ersten Blick zu sehen sind«, gab sie aufgeregt zurück.
    »Komm, lass uns reingehen, bevor wir noch ganz und gar nass werden.«
    Täuschte sie sich, oder hatte sie Cornelius mit ihrer unpassenden Antwort soeben verletzt? Jedenfalls sprach er kaum ein Wort und

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