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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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manchmal auch Funeral Master genannt. Ich habe drei Wagen laufen,
aber ich bin immer noch im Außendienst tätig. Das gehört einfach dazu.«
    »Ich habe mich mit Ihrer Mutter unterhalten, und sie sagte, Sie
hätten noch ein Zimmer im elterlichen Haus, das Sie gelegentlich nutzen.«
    »Das ist typisch. Es ist mein Kinderzimmer. Das ist alles.«
    »Auf dem Türschild Ihrer Mutter stand ein Firmenschild, ›Klockemann
Bestattungen aller Art‹. Haben Sie da eine Filiale?«
    »Nein. Aber meine Mutter meint, es würde Todesfälle bringen.«
    »Todesfälle bringen?«
    »Entschuldigen Sie, aber das ist so eine alte Redewendung. Besser,
man redet von Kundschaft und nicht von Tod.«
    »Und? Hat es Kundschaft gebracht? Das Schild mit dem Hinweis auf die
Bestattungen aller Art?«
    »Als sie sich aus dem Geschäft zurückgezogen hatte, gab es noch ein
paar alte Kunden aus Laboe. Als noch jeder wusste, dass sie in Kiel mit meinem
Vater das Bestattungsinstitut Klockemann betrieb. Das hat jetzt aufgehört. Übrigens
machen wir natürlich auch Seebestattungen.«
    »Wieso arbeitet sie nicht mehr im Geschäft? Sie machte auf mich
einen sehr umtriebigen und interessierten Eindruck.«
    »Mag sein. Aber sie konnte mit Computern nie etwas anfangen. Ich
glaube, sie hat Angst davor. ›Das ist Teufelszeug‹, hat sie mal gesagt. Dabei
geht es doch nicht mehr ohne. Buchhaltung und Textverarbeitung, E-Mail,
überhaupt alles. Sehen Sie sich mal unseren neuen Bestattungskostenrechner auf
unserer Website an. Die Gebührensätze der Friedhöfe im Umkreis von fünfzig
Kilometern sind eingearbeitet. Alle Bestattungsvarianten, auch die Anzahl der
Sargträger zum Beispiel, können Sie sich zu Hause bequem rund um die Uhr
aussuchen. Gerade für die Vorsorge ist das attraktiv, wenn man sich mit
Vorsicht und in aller Stille dem Thema nähern will.« Er sah Lüthje mit
hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Im Moment muss ich mich mental der nächsten Vorsorgeuntersuchung
bei meinem Hausarzt nähern. Das reicht. Sagen Sie, könnte es sein, dass Sie
sich mit Ihrer Mutter nicht besonders verstehen?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »In der Akte über den Unfall Ihres Vaters stand die Aussage Ihrer
Mutter, dass er regelmäßig am Vorabend einer wichtigen Beerdigung am Grab
kontrollierte, ob die Friedhofsarbeiter alles ordentlich vorbereitet hätten.
Sie hatten damals ausgesagt, dass Ihre Mutter Ihren Vater immer zu dieser
Grabkontrolle getrieben hätte. Das klingt doch nicht nach großer Harmonie
zwischen Mutter und Sohn, oder?«
    »Was stand da? Das habe ich nie gesagt! Wenn das da so steht, muss
das raus aus der Akte. Natürlich wusste ich von den Eigenheiten meines Vaters.
Wieso wird das eigentlich jetzt wieder ausgegraben?«
    »Beruhigen Sie sich. Vielleicht hat man Sie damals missverstanden.
Die Sache ist abgeschlossen. Aber ich habe mir die Akte angesehen, weil Ihre
Mutter bei meinem Besuch von diesem Unfall anfing. Und ich muss doch Bescheid
wissen, wenn mich jemand darauf anspricht.«
    Klockemann nickte, ohne Lüthje anzusehen.
    »Wann haben Sie Horst Drübbisch das letzte Mal gesehen?«, fragte
Lüthje.
    »Ungefähr vor zwei Wochen. Auf seinem Motorboot, mit ein paar alten
Freunden. Wir wollten die Welcome-Race-Kiel nach Eckern förde am ersten Tag der
Kieler Woche begleiten, am Samstag. Da sind auch Profis und tolle Boote dabei.
Anschließend wollten wir in Eckernförde feiern. Aber er hat letzte Woche
abgesagt.«
    »Wie hat er das begründet?«
    »Berufliche Verpflichtungen. Wegen der Kieler Woche.«
    »Näheres hat er nicht gesagt?«
    »Er hat immer sehr geheimnisvoll getan, was seinen Beruf betraf.«
    »Und was war sein Beruf?«
    »Er hat sich als Ministerialbeamten bezeichnet, manchmal auch als
Referenten. Er hatte Beziehungen.«
    »Was für Beziehungen?«
    »In andere Ministerien und mehr. Sagt man in der Bekanntschaft. Wenn
man ihn kennt, könne es viele Dinge einfacher machen.«
    »Möchten Sie nicht darüber reden?«
    »Was? Worüber denn?«
    »Welche Dinge konnte Horst Drübbisch für Sie zum Beispiel einfacher
machen?«
    »Sie haben mich missverstanden. Ich habe nur gehört, wie andere
Leute darüber redeten.«
    »Wer ist ›andere Leute‹?«
    »Ich hab das gehört, als man sich auf dem Boot bei ein paar Gläsern
Sekt oder Bier darüber äußerte. Ich kannte die Leute doch gar nicht. Es waren
doch immer andere.«
    »Und Sie waren Stammgast«, stellte Lüthje fest.
    »Nein, aber ich war für Horst eine Kindergartenfreundschaft aus
Laboe.

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