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Totenreigen

Totenreigen

Titel: Totenreigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Lykk
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unterdrücken.
Vielleicht lag es daran, dass er seinen toten Vater in der Leichenhalle besucht
hatte. War ihm dieser Ort deshalb vertraut, auch wenn es damals die
Leichenhalle auf dem Laboer Friedhof gewesen war? Er hatte ihn durch einen
alteingesessenen Laboer Bestatter auf dem Laboer Friedhof begraben lassen, auf
dem auch seine Mutter und seine Großeltern lagen.
    »Ich wusste gar nicht, dass zwei Särge in so einen Wagen
reinpassen«, sagte Lüthje, als sie auf den Bestattungswagen zugingen.
    Die Hilfskraft stand neben dem Wagen und hustete fürchterlich.
    »Es gibt auch Bestattungswagen für vier und mehr Särge. Denken Sie
an Verkehrsunfälle und Zugunglücke.« Klockemann schien Lüthjes Erscheinen als
Gelegenheit zur Geschäftsanbahnung zu verstehen.
    »Wie viele liefern Sie denn so pro Tag hier ein?«, fragte Lüthje.
    Die Frage ging Klockemann zu weit. »Ist das jetzt schon ein Verhör?«
    »Sagen Sie bitte dem Fahrer, dass wir uns noch ein paar Minuten hier
auf dem Friedhof unterhalten. Ich bringe Sie anschließend zu Ihrem Büro.«
    »Ich weiß die Ehre zu schätzen.« Er ging zur Hilfskraft, sprach kurz
mit ihm, der sah kurz zu Lüthje herüber, nickte, startete den Wagen und fuhr
etwas zu schnell in Richtung Friedhofsausgang.
    »Er hat Asthma. Und ist Kettenraucher …«, sagte Klockemann, als sie
ihm nachsahen. »Stellen Sie endlich Ihre Fragen. Auf mich wartet viel Arbeit.«
Plötzlich wurde er ärgerlich.
    Sie wählten einen besonders schattigen Weg durch die Grabreihen.
    »Wo waren Sie vorgestern Nachmittag?«, fragte Lüthje.
    »Mein Alibi, stimmt’s? Ich war den ganzen Tag auf unserer
Verbandstagung im Hotel Wiker Förde.«
    »Nennen Sie Personen, die das bezeugen können.«
    »Ich kann Ihnen meine Hotelbuchung zeigen, man hat mich mehrfach an
der Rezeption gesehen. Wir hatten Gesprächsrunden, Abstimmungen, Tischnachbarn,
was wollen Sie haben?«
    »Wo waren Sie zwischen fünfzehn und neunzehn Uhr?«
    »Das kann ich jetzt so nicht sagen. Aber ich habe mir Notizen
gemacht über verschiedene Gespräche. Das ist ja das wichtigste Treffen unserer
Branche im Jahr. Ich muss das raussuchen.«
    »Wie haben Sie das notiert? Papier oder digital?«
    »Teils, teils. Im Wesentlichen ganz altmodisch in einem Notizblock.
Das geht ja immer am schnellsten, nicht wahr?«
    »Also gut. Den Notizblock, Namen und Adressen, Telefonnummern und
Belege. Sie sollten sich für heute nichts anderes vornehmen und alles fein
säuberlich zusammenstellen. Das geben Sie in der Bezirkskriminalinspektion
Wilhelminenstraße im Kommissariat 1 ab.« Er reichte ihm eine Visitenkarte.
»Herr Kommissar Vehrs und Frau Kommissarin Hoyer erwarten Sie. Rufen Sie an,
wenn Sie verhindert sind. Es erspart Ihnen viel Ärger. Haben Sie mich
verstanden?«
    »Äh ja, natürlich. Es wird schwierig werden, ich habe heute noch …«
    »Merken Sie sich einfach: Es gibt heute nichts Wichtigeres, als den
ganzen Tag für Kriminalhauptkommissar Lüthje zu arbeiten. Davon hängt Ihr
weiteres Leben ab. Haben Sie das verstanden?«
    »Ja doch.«
    Lüthje schwitzte. Es war nicht mehr warm, sondern heiß. Er zog sein
Jackett aus.
    »Sie gestatten?«, sagte Klockemann und zog seine schwarze Anzugjacke
aus. Er hatte große Schweißflecken unter den Achselhöhlen, obwohl sie die kalte
Leichenhalle erst vor ein paar Minuten verlassen hatten.
    »Ich gestatte, Herr Bestatter«, sagte Lüthje.
    Klockemann lachte. »Untertänigsten Dank, Herr Kommissar.«
    Das war knapp, dachte Lüthje. Klockemann hätte auch gekränkt
reagieren können. Oder er hatte sich gut im Griff.
    Irgendwie kam ihm Jochen Klockemann bekannt vor. Aber es lag wahrscheinlich
nur daran, dass er gestern seine Mutter kennengelernt hatte. Dabei waren die
spitze Nase und die dünnen Haare das Einzige, was Jochen Klockemann von seiner
Mutter hatte. Seine Haare waren von einem satten Dunkelbraun. Wahrscheinlich
hatte eine Tönung nachgeholfen. Ab vierzig störte schließlich das eine oder
andere graue Haar plötzlich die dynamische Erscheinung, der man jeden Morgen
vor dem Spiegel mühsam auf die Sprünge half. Der regelmäßige Sargtransport
verhalf ihm zwar zu einer muskulösen Erscheinung, aber einen leichten
Haltungsschaden glaubte Lüthje schon zu sehen, als Klockemann seine Jacke
ausgezogen hatte. Seine goldene Armbanduhr glänzte penetrant.
    »Ich nehme an, Sie haben von der Pike auf im elterlichen Betrieb
gelernt?«, fragte Lüthje.
    »Ja, natürlich. Jetzt bin ich Bestattungsmeister, wird

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