Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
Vom Netzwerk:
zurückkehren zu lassen. Es hatte ihn Monate gekostet, eine Beziehung zu Lefebvre aufzubauen, der zwar ein erstklassiger Ermittler, bei seinen Kollegen aber als Einzelgänger bekannt war und die Medien nicht übermäßig schätzte. Und dieser Lefebvre lächelte sie an. Guter Gott. Sie brauchte seine Hilfe nicht.
    Da stand er nun, mit seinem Anzug viel zu warm angezogen, Schuhe und Hose voller Schmutz, weil er einen weiten Umweg genommen hatte, einen Pappkarton unterm Arm - er sah aus wie ein Hausierer, und wofür? Um ihr zu sagen, dass Jack gesehen hatte, wie der Wagen vergraben wurde? Da konnte er ihr auch einen Zettel schreiben.
    Er wollte schon kehrtmachen, als sie ihn sah. Lefebvre sah ihn ebenfalls. Rasch machte Lefebvres Lächeln einem Stirnrunzeln Platz.
    Er musterte ihr Gesicht und hätte schwören können, dass sie einen Moment lang bestürzt dreingeblickt hatte - oder vielleicht sogar gekränkt? Nein, das konnte nicht sein. Und dann lächelte sie und winkte ihn zu sich.

    Ein tapferes Lächeln. Lefebvre, der alles andere als dumm war, blickte zwischen ihnen hin und her.
    O’Connor dachte an die Schachtel und an Jack, setzte selbst sein tapferstes Lächeln auf und trottete auf der weichen, staubigen Erde weiter, bis er dort anlangte, wo die beiden standen.
    »Phil«, sagte Irene, »bestimmt kennen Sie bereits den besten Reporter vom Express . Ab jetzt übernimmt O’Connor alles Weitere. Vielen Dank für alles.«
    »Warten Sie!« O’Connor und Lefebvre protestierten einstimmig. (Hatte sie, überlegte O’Connor im Hinterkopf, Lefebvre tatsächlich Phil genannt?)
    »Ich übernehme gar nichts«, entgegnete O’Connor. »Es ist Ihre Geschichte. Ich bin nur gekommen, um zu fragen, ob ich Ihnen behilflich sein kann.«
    Lefebvre blickte auf die Schachtel. »Warum haben Sie eine Schachtel dabei, auf der ›Junk‹ steht?«
    »Das heißt nicht ›Junk‹«, erklärte Irene. »Das heißt ›Jack‹, stimmt’s?«
    »Ja, aber ich glaube, Sie sind die Erste, die das richtig liest.«
    »Na gut«, sagte Lefebvre, »warum haben Sie eine Schachtel dabei, auf der der Name ›Jack‹ steht?«
    »Weil ich wegen eines Mannes namens Jack zwanzig Jahre lang nach diesem vergrabenen Wagen gesucht habe.«

28
    Brian O’Malley überließ uns sein Büro. Der Bauwagen war geräumig, doch die Spannungen zwischen O’Connor und Lefebvre ließ ihn irgendwie schrumpfen.
    O’Connor stellte seine staubige Schachtel neben mir ab, doch anstatt sich zu setzen, lehnte er sich gegen die dunkle Täfelung einer der Bürowände. Am liebsten hätte ich die Schachtel aufgemacht und mir den Inhalt angesehen.

    Lefebvre wurde ein bisschen lockerer, als wir einwilligten, dass wir alles, was er uns über den Fundort erzählte - also alles, was ich nicht mit eigenen Augen gesehen hatte -, zunächst einmal nicht veröffentlichen würden.
    »Was haben Sie denn gesehen?«, fragte mich O’Connor.
    Ich beschrieb die beiden Leichen. O’Connors Gesicht verlor bereits während der ersten Hälfte meiner Schilderung alle Farbe. Als ich sagte, dass das Paar offenbar Abendkleidung getragen hatte, hörte er noch gespannter zu. An der Stelle, wo ich berichtete, dass ich glaubte, mehrere Diamanten am Boden des Kofferraums liegen gesehen zu haben, nahm er auf einmal auf der anderen Seite der Schachtel Platz und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Ich verstummte und blickte zu Phil Lefebvre hinüber.
    Lefebvre sah mich an und musterte dann wieder O’Connor.
    »Sie wissen, wer sie sind«, sagte Lefebvre.
    O’Connor nickte. Ohne den Kopf zu heben, antwortete er mit gequälter Stimme: »Katy, Lillian Vanderveer Linworths Tochter. Katy Ducane und ihr Mann Todd. Mein Gott …«
    »Die sind doch vor zwanzig Jahren ertrunken«, sagte ich verblüfft. »So hat es mir jedenfalls Kyle geschildert.«
    »Kyle?«, fragte Lefebvre.
    »Kyle Yeager. Er heißt jetzt Max Ducane«, erklärte ich hastig, da O’Connor aufblickte und ich fürchtete, wir müssten uns schon wieder wegen Kyle streiten.
    »Ach ja«, sagte Lefebvre. »Der frisch gebackene Multimillionär. Ich habe im Express die Artikel über den … den verschollenen Erben gelesen. Soweit ich mich erinnere, wurden die Leichen der Ducanes - der jüngeren Ducanes - nie gefunden, stimmt’s?«
    »Jetzt schon«, erwiderte O’Connor, nach wie vor mit unsicherer Stimme.
    »Sind Sie sich da ganz sicher?«
    Und so erzählte uns O’Connor die Geschichte von der
Nacht, als Corrigan sah, wie das Auto vergraben wurde, davon, wie er

Weitere Kostenlose Bücher