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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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neunzehn Uhr fünfzehn angerufen. Die Nachricht war kurz.
    »Ich habe dich nicht vergessen.«
     
    Ich knallte den Hörer auf die Gabel und schoss vom Schreibtisch weg, als wäre das Telefon selbst die Bedrohung. Ich zitterte. Dann sagte ich mir, dass ich im Lauf der Jahre Dutzende und Aberdutzende solcher Anrufe bekommen hatte. Vielleicht hatte Wrigley ja Recht, und ich wurde langsam zu alt für diese
Arbeit. Ich war mir nicht mehr so sicher wie früher, dass mir nichts passieren konnte. Im Lauf der Jahre war mir durchaus einiges zugestoßen, und obwohl ich alles überlebt hatte, verspürte ich nicht das Bedürfnis, eine weitere Attacke auf mich zu nehmen.
    Da klingelte das Telefon. Ich holte tief Luft und nahm den Hörer ab.
    »Irene?«
    »Frank! Ich … ich wollte gerade aufbrechen.«
    »Was ist denn los? Du klingst ja ganz aufgeregt.«
    Ich kann ihn nie täuschen. Das hinderte mich allerdings nicht daran, es zu versuchen.
    »Nichts, nichts. Nur so was Dämliches, was mir früher nie etwas ausgemacht hat. Ein Anruf von einem Gestörten auf meiner Voice-Mail, weiter nichts.«
    »Eine Drohung?«
    »Keine Drohung.« Ich berichtete ihm, was der Anrufer gesagt hatte.
    »Hast du den Anruf gespeichert?«
    »Nein. Entschuldige, ich weiß, dass dich das ärgert.«
    »Aber speichere alle, die eventuell noch kommen, okay?«
    »Ein zweifelhaftes Vergnügen. Wo bist du eigentlich?«
    »Direkt vor der Tür des Express . Ich habe die Hunde dabei. Wir hatten es langsam satt, im Haus herumzuhocken.«
    »Ach?«
    »Na gut, ich mache mir einfach Sorgen, wenn du so spät nachts noch allein hier bist, das weißt du doch. Außerdem ist grässliches Wetter.«
    »Ehrlich gesagt bin ich sogar richtig erleichtert, dass du hier bist. Ich komme gleich zu dir raus, dann kannst du mich zu meinem Auto bringen.«
    »Super.«
    Ich musste an die Druckerpressen denken und überlegte, ob ich meinen Abstecher dorthin sein lassen sollte, ehe ich sagte:
»Glaubst du, die Hunde können es auch ein paar Minuten allein im Auto aushalten?«
    »Klar, ich drehe ihnen die Fenster einen Spaltbreit auf und hoffe, dass die Sitze nicht patschnass werden.«
    »Dann komm mal rein. Wir treffen uns am Empfang.«
     
    Als ich die Treppe herunterkam, stand Frank am Empfang und unterhielt sich mit dem Wachmann. Frank ist eins dreiundneunzig groß, schlank und muskulös. Er trug Jeans und einen Pullover, und seine Haare waren feucht vom Regen. Er sah verdammt gut aus. Das Beste war allerdings, dass er mich, obwohl ich nach meinem langen Arbeitstag garantiert total mitgenommen wirkte, auf eine Art ansah, die mich wünschen ließ, der Sicherheitsmann würde zu einem Brandherd oder irgend so was gerufen.
    Der Wachmann heißt Leonard und ist einer der größten Fans von Frank. Es kostete mich einige Mühe, meinen Mann aus den Fängen dieses Polizeischulanwärters in spe zu lösen.
    »Frank«, fragte ich, »hast du eigentlich schon mal die Druckerpressen laufen sehen?«
    Er schüttelte den Kopf. Ich nahm seine Hand und führte ihn in den Keller.
    Danny Coburn, ein Drucker, der früher immer am Tag gearbeitet hatte, aber kürzlich in die Nachtschicht übergewechselt war, sah uns und brachte uns Ohrenschützer. Brüllend machte ich die beiden Herren miteinander bekannt, und Frank und ich setzten uns die dicken, gepolsterten Dinger auf.
    Die Druckerpressen liefen auf vollen Touren. Frank musterte fasziniert die oben liegenden Siebe und Farbwalzen, die Druckerpressen selbst und die Bewegung des Papiers, das sich von gigantischen Rollen abwickelte, ehe es bedruckt, zerschnitten, verteilt und gefaltet wurde.
    Wir spazierten durch einen Irrgarten kleiner Büroräume, um einen Ausblick von oben zu haben und die fertigen
Druckbogen auf Bündelmaschinen fliegen zu sehen, wo sie zur Verteilung auf die Lieferwagen zu Stapeln zusammengebunden wurden.
    Auf einmal bemerkte ich, dass Frank mich außer Sichtweite der Überwachungskameras manövriert hatte. Mit einem lasziven Grinsen im Gesicht drückte er mich gegen die Wand. Die Vibration durch die Druckerpressen war hier so stark, dass sie mir durch und durch ging.
    Er zog meinen Ohrenschützer auf der einen Seite ein bisschen beiseite und sagte: »Ich hätte nie gedacht, dass ich mal eine Frau treffe, die mit Ohrenschützern sexy aussieht.«
    »Frank, ich glaube nicht …«
    Er küsste mich trotz der Ohrenschützer.
    Nachdem wir das eine Weile betrieben hatten, hob ich seinen Ohrenschützer an und sagte: »Es würde mich ja echt reizen, den

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