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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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Kollegen hier unten etwas zu liefern, mit dem sie mich bis ans Ende meiner Tage aufziehen können, und darüber die Hunde, Cody und den Rest der Welt komplett zu vergessen.«
    Er lachte. »Na komm, ich bringe dich nach Hause. Dann muss ich dich eben dort in die Garage schleppen und die Waschmaschine auf Schleudergang stellen.«
    »Abgemacht. Ich glaube, irgendwo habe ich sogar noch ein Paar Ohrenschützer.«

59
    Am Dienstagmorgen erhielt ich zu meiner Überraschung einen Anruf von Helen Swan.
    »Irene, du musst mir helfen.«
    »Was immer ich für dich tun kann, Helen.«
    »Ich brauche jemanden, der mich so schnell wie möglich zu Lillian fährt.«

    »Kein Problem, das kann ich machen.« Ich versicherte ihr, ich käme gleich.
    Der Morgen war kalt und bedeckt. Es herrschte genau dieses trübe Wetter, das sich immer fürs Wochenende aufspart, wo es einem dann wirklich die Stimmung verhageln kann. Helen hatte sich in einen Mantel gehüllt, der ihr wahrscheinlich früher einmal gepasst hatte, in dem sie jetzt aber verloren wirkte. Als ich ihr in den Jeep half, beschwerte sie sich darüber, dass die Autos der Kelly-Frauen entweder zu hoch oder zu niedrig seien.
    Sie schien vor Wut zu kochen, doch nachdem ein Versuch, ihr zu entlocken, was sie so aufbrachte, mit einer höflichen, aber massiven Abfuhr gekontert worden war, hielt ich den Mund.
    Sie bemerkte es und sagte: »Erzähl mal von deiner Suche in O’Connors Lagerabteil. Irgendwas Interessantes?«
    »Jede Menge.« Ich erzählte ihr, wie ich O’Connors frühe Tagebücher durchgelesen hatte, aber angesichts ihrer Stimmung beschloss ich, ihr nichts von seinen ersten Eindrücken von ihr zu erzählen. Stattdessen beschrieb ich ganz allgemein ein paar Dinge, auf die ich gestoßen war. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie mir zuhörte. Die letzten Minuten der Fahrt verbrachten wir schweigend.
    Vor Lillians Haus angekommen, bog ich auf die große, kreisförmige Einfahrt ein. »Es dauert nicht lange«, sagte sie und hielt einen Moment inne. »Ich bin unhöflich gewesen, und dabei warst du so nett zu mir. Entschuldige bitte.«
    »Mach dir keine Gedanken. Alles in Ordnung.«
    »So kenne ich dich!«
    »Soll ich dir beim Aussteigen helfen?«
    »Nein«, erwiderte sie und sprang hinaus, was mir einen Riesenschreck einjagte.
    Offenbar unverletzt marschierte sie in Richtung Haustür und klopfte an. Ich wartete.

    Sie klingelte. Ich wartete.
    Sie klingelte erneut. Ich stieg aus.
    »Rechnet Lillian mit dir?«, fragte ich.
    »Ja, natürlich.« Helen wandte sich zum Haus um und brüllte: »Deshalb macht sie ja die verdammte Tür nicht auf!«
    »Hast du sie angerufen?«
    »Sie hat so ein widerliches Dingsbums, mit dem sie Anrufe aussieben kann.«
    »Einen Anrufbeantworter?«
    »Nein! Ich habe einen Anrufbeantworter. Sie hat - ach, wie heißt denn das noch?«
    »Ein Display, auf dem sie die Nummer sieht?«
    »Ja! Genau! Kolossal unhöflich.«
    »Willst du mir etwa erzählen, dass sie einen Anruf von dir bekommen hat und nicht drangegangen ist, als sie deine Nummer gesehen hat?«
    »Ja.«
    »Aber du bist trotzdem hergekommen.«
    »Falls du irgendwo anders hinmusst, brauchst du nicht auf mich zu warten. Ich bleibe hier, bis sie« - sie wandte sich wieder zum Haus um - »diese verdammte Tür aufmacht!«
    Ich zog mein Handy aus der Tasche. »Wie lautet Lillians Telefonnummer?«
    Ihre Augen leuchteten erfreut auf, ehe sie mir die Nummer nannte.
    Lillian meldete sich nach dem zweiten Klingeln.
    »Hallo, Irene.«
    »Lillian, ich stehe bei Ihnen vor dem Haus. Helen ist auch hier. Bitte lassen Sie sie nicht vor der Tür stehen. Ich habe Angst, dass sie sich erkältet, und selbst wenn sie das nicht umbringt, bringt das schlechte Gewissen dann mich um.«
    »Dieses starrsinnige alte Weib!«
    »Bitte, Lillian.«
    »Na gut, na gut. Bringen wir’s hinter uns.«

    Eine bleiche, dünne Haushälterin, die direkt auf der anderen Seite der Tür - der verdammten Tür, wie Helen gesagt hätte - gestanden haben musste, machte auf und bat uns herein.
    »Hastings fehlt mir«, murmelte Helen nicht ganz so leise, wie sie vermutlich glaubte.
    »Sag mal, Swanie, warum in aller Welt hast du Irene da mit hineinziehen müssen?«, fragte Lillian, als sie auf uns zukam.
    »Weil sie und Lydia die Einzigen sind, die für mich so etwas Ähnliches wie Töchter darstellen«, erwiderte Helen in schneidendem Ton. »Oder besser Enkelinnen. Jedenfalls bin ich alt wie Methusalem, und ich will dafür sorgen, dass jemand anders

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