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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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nie gefunden werden -, dann muss er sich fragen, ob sie tot oder lebendig sind und ob er sie je wiedersehen wird. Er fängt an, darüber nachzugrübeln, was ihnen zugestoßen sein könnte. Auf die Art leidet der Feind sein ganzes Leben lang. Nichts, was man ihm antun könnte, ist schlimmer als das. Nichts.‹«
    »O’Connor hat mal zu mir gesagt, dass er sich, als er diese Aussagen gehört hat, gefragt hat, ob er schon bevor er achtzehn war zu Mitch Yeagers Feind geworden ist«, sagte ich.
    »Er war fast achtzehn, als seine Schwester verschwunden ist«, warf Ethan ein. »Darüber habe ich heute einiges gelesen. Aber was kann er getan haben, das Mitch Yeager gegen ihn aufgebracht hat?«
    »Er war Reporter«, sagte Hailey. »Vielleicht hat er ja etwas geschrieben, was Yeager geschäftlich geschadet hat.«
    »In keinem seiner frühen Artikel ging es um Yeager«, entgegnete Ethan. »Und vor Ende 1945 ist kaum ein Beitrag von ihm mit Namensnennung erschienen.«

    »Als O’Connor-Experte musst du es ja wissen«, sagte Hailey.
    Ethan blickte drein, als wäre er am liebsten im Boden versunken.
    »Werd erwachsen, oder geh nach oben«, fuhr ich Hailey an.
    Sie warf Ethan einen finsteren Blick zu, als wäre er dafür verantwortlich, dass ich die Beherrschung verloren hatte.
    »Ethan hat Recht«, sagte ich. »O’Connor hat Mitch Yeager nicht als Reporter Schwierigkeiten gemacht, sondern schon als Kind. Als Zeitungsjunge. Er ist jeden Tag nach der Schule an einer Straßenecke gestanden und hat Zeitungen verkauft. 1936 hat er sich in einen Gerichtssaal geschlichen und mitgekriegt, wie eine Geschworene beeinflusst worden ist. Natürlich wusste er damals nicht, dass das ein offizieller Straftatbestand ist. Er hat lediglich gesehen, wie einer von Yeagers Schlägern eindeutig jemanden bedroht hat, der wie der Bruder einer Geschworenen aussah, und hat seinem Idol davon erzählt.«
    »Jack Corrigan«, sagte Ethan.
    »Ja«, bestätigte ich verwundert.
    »Ich … ich habe eine seiner Kolumnen gelesen.«
    Ich fürchtete schon, der Mut werde ihn verlassen, doch er schien sich wieder zu fangen. Er hob das Kinn und erklärte: »Ich habe seinen Nachruf auf Corrigan gelesen, daher weiß ich, dass Corrigan sein Mentor war. Du sagst, O’Connor war Corrigans Quelle für den Artikel über die Beeinflussung von Geschworenen - hat Yeager das gewusst?«
    »Ja. O’Connor hat als Kind kleine Geschichten geschrieben und sie Jack gegeben. Die Unterlagen habe jetzt ich. In einer ist die Rede von einem ›Schutzmann‹, der auf ihn aufpasst und ihn vor Yeagers Männern beschützt. Und davon, wie Yeager eines Tages vorbeigekommen ist und ihn mit finsteren Blicken bedacht hat. Also musste Yeager irgendwie von O’Connor gehört haben. Vielleicht ist der Mann, der die Geschworene eingeschüchtert hat, dahinter gekommen, wer an diesem Tag im
Gerichtssaal war und zugleich eine Verbindung zum Express hatte. Oder Thelma Ducane hat es ausgeplaudert.«
    »Okay, vielleicht macht Yeager O’Connor für die Anklage wegen Beeinflussung von Geschworenen verantwortlich«, räumte Hailey ein. »Aber muss er deswegen gleich mit dem Tod von O’Connors Schwester zu tun haben?«
    »Das ist ja noch nicht alles. Aus den Artikeln, die ich hier unten gelesen, und dem, was ich O’Connors Unterlagen entnommen habe, weiß ich Folgendes: Mitchs Bruder Adam war im Gefängnis, während Mitch vor Gericht stand. Granville, der Mitch und Adam aufgenommen hat, als sie in jungen Jahren zu Waisen wurden, war erst ein paar Monate zuvor gestorben - manche munkeln, dass Adams Verhaftung einfach zu viel für den alten Mann gewesen sei. Auf jeden Fall haben sich Adam und Mitch sehr nahe gestanden. Also legt Mitch wahrscheinlich die Verhaftung seines Bruders und den Tod seines Großvaters Jack Corrigan zur Last - dessen Artikel wiederum eine ganze Menge mit den Ermittlungen zu tun hatten, die zur Verhaftung von Eric und Ian Yeager geführt haben.«
    »Als ob Corrigan die Verbrechen begangen hätte«, warf Hailey ein.
    »Yeager wäre nicht der Erste, der andere Leute für das verantwortlich macht, was in Wirklichkeit die Konsequenzen seiner eigenen Handlungen sind. Während er also vor Gericht steht, kommt Jack Tag für Tag in den Gerichtssaal, garantiert mit einem hämischen Grinsen im Gesicht. Man muss Jack Corrigan kennen, um zu wissen, wie gut er das beherrscht hat. Die Frau, mit der Mitch gegangen ist und die er womöglich zu heiraten gehofft hat - wenn vielleicht auch nur, um auf der

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