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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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sozialen Leiter aufzusteigen -, sitzt derweil an Jack Corrigans Seite und flirtet während der gesamten Verhandlung mit ihm.«
    »Wer war sie?«, wollte Hailey wissen.
    »Lillian Vanderveer. Heute Lillian Linworth.«

    »Wahnsinn!«, rief sie ungläubig aus. »Die hat er haben wollen?«
    »Sie war eine begehrte Schönheit. Du kannst froh sein, wenn du auch so gut alterst wie sie.«
    »Langsam begreife ich, was du meinst«, sagte Ethan. »Es ging nicht nur darum, dass Zeit und Geld bei einem Gerichtsverfahren draufgegangen sind.«
    »Ich glaube, für Mitch war das Schlimmste daran, dass Adam im Gefängnis Tuberkulose bekommen hat. Mitch hat ihn nicht einmal besuchen dürfen, weil wegen mutmaßlicher Beeinflussung von Geschworenen seine Freilassung auf Kaution widerrufen worden ist.«
    »Sein Bruder sitzt also im Knast, seine bedingte Freilassung wird widerrufen, und obwohl er eine Menge Kapital besitzt, hat er kaum Bargeld«, fasste Ethan zusammen.
    »Genau. Und die ganzen Anwaltskosten für die Familie summieren sich. Er hat schon Kapital flüssig machen müssen, und jetzt muss er noch mehr Geld aufbringen. Schließlich wird er freigesprochen, aber in der Zwischenzeit ist sein Bruder gestorben, sein Ruf ruiniert, und seine besten Vermögenswerte sind Leuten zugefallen, die auf ihn herabblicken. Er muss sich um Witwe und Kinder seines Bruders kümmern, Erbschaftssteuer bezahlen und einen Nachlass ordnen, den er nicht angemessen hat verwalten können, während er mit seinen Rechtsproblemen zu kämpfen hatte.«
    »Und er braucht ein paar Jahre, bis er wieder fest auf dem Boden steht«, ergänzte Hailey.
    »Ja, und um sich wieder in der Gesellschaft von Las Piernas zu etablieren. Hast du herausgefunden, wann er Estelle geheiratet hat?«
    »Im Juni 1945. Irgendwann hat er dann die Firma ihres Vaters übernommen, was seinen Reichtum enorm vergrößert hat. Inzwischen liefen auch seine eigenen Geschäfte wieder besser, also ist er nicht mit leeren Händen zu ihr gekommen.
Er hat zwar nicht so viel Geld verdient wie Linworth und Ducane gegen Ende der Dreißigerjahre, aber er konnte besser manipulieren. Soweit ich gelesen habe, hat er sie in Positionen manövriert, wo sie auf Lieferungen von ihm angewiesen waren. Irgendwann haben sie alle eine Menge Geschäfte miteinander gemacht.«
    »Wann ist die Verlobung denn bekannt gegeben worden?«, fragte ich.
    Hailey sah in ihre Notizen. »Im März. Am 23. März 1945 stand eine entsprechende Meldung in den Gesellschaftsnachrichten.«
    »Zwei Wochen bevor O’Connors Schwester ermordet worden ist«, sagte ich. »Womöglich hat ihm seine Verlobung mit Estelle vor Augen geführt, dass er nun endgültig keine Chancen mehr bei Lillian hatte. Und etwa zur selben Zeit hat der Express einen Artikel darüber gebracht, wie wirksam die neuen Behandlungsmethoden für Tbc sind.«
    »Vielleicht war es gar nicht so kompliziert«, wandte Ethan ein. »Vielleicht hat er einfach nur abgewartet, um sicherzugehen, dass es niemand als Vergeltungsschlag auffassen würde. Wenn er O’Connors Schwester umgebracht hätte, gleich nachdem er wegen Beeinflussung von Geschworenen freigesprochen worden war, wäre er wohl erwischt worden.«
    »Glaubst du wirklich, dass es Yeager war, der sie umgebracht hat?«, fragte mich Hailey.
    »Du meinst, dass er sie selbst umgebracht hat, statt den Mord an ihr zu arrangieren? Keine Ahnung. Eric und Ian können noch nicht besonders alt gewesen sein - damals waren sie noch in der Grundschule, also haben sie ihm sicher nicht geholfen. Aber da war ja noch das Rätsel um Harmon - zumindest bis das Ergebnis der DNA-Untersuchung gekommen ist.«
    »Liegen eigentlich keine DNA-Daten von Mitch Yeager vor?«, erkundigte sich Ethan.
    »Nein.«

    »Zu schade.«
    »Wozu der ganze Aufwand?«, fragte Hailey. »Der ist doch dermaßen alt, dass die Leute ihn gar nicht mehr ins Gefängnis schicken wollen. Es gibt ja sogar Leute, die nicht wollen, dass alte Nazis bestraft werden. Wir haben echt keine Chance. Er wird ein Riesenmitleidstamtam um sich veranstalten, und die Leute werden es ihm abkaufen. ›Ich bin ein steinalter Mann, der viel für die Allgemeinheit getan hat, aber die Zeitung hat mich von Anfang an gehasst.‹ Alle werden Mitleid mit ihm haben. Und die Toten werden ihnen egal sein.«
    »Es ist unsere Aufgabe, sie aus dieser Gleichgültigkeit herauszureißen«, erklärte Ethan. »Ihnen klar zu machen, warum sie sich dafür interessieren sollen. Das dürfte nicht besonders schwer zu

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