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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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jetzt … jetzt kann ich es nicht mehr auf die Art bringen. Selbst wenn ich weiß, dass ich nicht ertappt werde.«
    »Du musst dich selbst ertappen.«
    »Genau. Also … also muss ich mich irgendwie selbst neu erfinden. Weißt du, was ich meine?«
    »Ja, ich glaube schon.« Ich blickte aus dem Fenster des Lucky Dragon und sah den steten Strom von Angestellten, Bettlern, Leuten beim Einkaufsbummel und anderen vorüberziehen. Jeder Einzelne ein kleines Bündel Sorgen auf Beinen, entschlossen, auch diesen Tag zu überstehen. Ich blickte zurück zu Ethan. »Ich habe ein Projekt für dich. Es hat etwas mit O’Connor zu tun und könnte vielleicht eine Art sein, ihn zu entschädigen.«
    »Was denn?«
    »Ein bisschen Hintergrundrecherche für einen Artikel - nichts, was wir jetzt schon bringen können, aber vielleicht ergibt sich etwas, wenn du einen Zusammenhang findest. Geh mal ins Archiv …« Ich hielt inne, als ich sah, dass er bleich wurde. »Du kannst dich nicht ewig davor drücken, da runterzugehen, Ethan.«

    »Ich weiß.«
    »Na gut, dann geh in die Stadtbibliothek, aber verrat niemandem, was genau du suchst. Finde heraus, ob eine Firma namens Eden Supply, die es in den Vierzigerjahren hier gegeben hat, jemand anders gehört hat - einer größeren Firma zum Beispiel. Die Stadt könnte eventuell Unterlagen darüber haben, obwohl die nur mit Glück noch vorhanden sein dürften. Such zuerst mal in den Werbeanzeigen.«
    »Okay. Darf ich fragen, was das mit O’Connor zu tun hat?«
    »Eden Supply ist die Firma, bei der Harmon gearbeitet hat.« Ich erzählte ihm von der eventuellen Verbindung zu dem Mord an Maureen. »Wenn du schon dabei bist, lies auch gleich die Artikel über ihr Verschwinden nach.« Ich nannte ihm die betreffenden Daten.
    Wir plauderten eine Weile über O’Connor. Ich erzählte ihm von den Unterlagen in dem Lagerabteil und davon, dass O’Connors Bruder Dermot bald in die Staaten kommen würde. Daran, wie Ethan über O’Connors Arbeit sprach, merkte ich, dass er viel von ihm gelesen hatte, und seine Begeisterung dafür ließ unser Gespräch locker fließen.
    Trotz seiner Proteste bezahlte ich das Frühstück für uns beide. Der Regen hatte nachgelassen, und es sah ganz danach aus, als würde es aufhellen. In freundschaftlichem Schweigen gingen wir zurück zur Zeitung. Ethan schien in Gedanken versunken zu sein, doch jetzt war er wenigstens mit mehr Haltung versunken. Nun hielt er den Kopf hoch.
    Ich erwartete, dass er mir in die Redaktion folgen würde, doch stattdessen ging er nach unten ins Archiv.
    Bis zu diesem Augenblick war ich mir - trotz all meiner schönen Worte beim Frühstück - nicht sicher, ob Ethan Shire es noch weit bringen würde.

62
    Eine Zeit lang fürchtete ich, dass es zwischen Lydia und mir einen schlimmeren Streit auslösen würde als zuvor, wenn ich Ethan nun eine zweite Chance gab. Irgendwann begriffen wir das allerdings beide und nahmen uns ein wenig zurück. Sie empfahl mir (ein bisschen schadenfroh, wie ich fand), dass ich ihn doch unter meine Fittiche nehmen solle. »Er gehört dir«, sagte sie.
    Nicht gerade das, was mir vorgeschwebt hatte, aber ich konnte auch keinen Rückzieher machen.
    Mark Baker, der schon zu sehr davon beansprucht war, Artikel über aktuelle Kriminalfälle zu verfassen, um sich noch groß um historische zu kümmern, sagte mir, dass er nichts dagegen habe, mit Ethan zu arbeiten, falls ich nicht seine Fähnleinführerin sein wollte.
    »Wenn es nicht klappt«, erwiderte ich, »ziehe ich dich als Ersatzmann heran.«
    »Ethan wird nicht unbedingt dein Problem sein«, sagte Mark. »Aber Hailey explodiert bald.«
    Da hatte er Recht. Als ich Hailey mitteilte, dass wir unsere Recherchen mit Ethan teilen würden, nannte sie mich verrückt, behauptete, er würde mich nur benutzen, und konnte sich überhaupt nicht mehr beruhigen. »Ethan arbeitet mit uns zusammen«, erklärte ich und schnitt ihr das Wort ab. »Wenn du nicht mit ihm arbeiten willst, kannst du dir ja eine andere Aufgabe suchen.«
    Sie stand auf. Sie steuerte zwar nicht gleich die Tür an, aber ich hätte keinen Cent darauf gesetzt, dass sie bleiben würde. Der Erfolg ihres Interviews mit Helen hatte einen Nebeneffekt gehabt: Hailey, die schon von vornherein nicht gerade bescheiden aufgetreten war, hatte nun eine richtig hohe Meinung von sich selbst. Halb wünschte ich, sie würde gehen.

    »Warum soll ich mich mit ihm arrangieren?«, fragte sie.
    »Du hast wohl noch nie eine zweite Chance

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