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Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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heißt, dass die Ducanes keinem ihrer Kinder auch nur einen Penny gegeben haben.«
    »Tja, warum sollten sie auch? Soweit ich es mitgekriegt habe, hat dir oder mir auch keiner einen Cent geschenkt, den wir nicht verdient haben.«
    Einmal hat mir jemand einen Silberdollar geschenkt, dachte O’Connor.
    Er musste an Bemerkungen denken, die er hier und da über die Kälte der Ducanes gegenüber ihren Söhnen aufgeschnappt hatte. Es steckte mehr dahinter als nur die Verweigerung von Geldzuwendungen. Sogar in den Augen der anderen Betuchten waren die Ducanes miserable Eltern. »Hast du mit Warren Ducane gesprochen - Todds Bruder?«
    »Er ist heute Abend noch nicht nach Hause gekommen.« Norton sah O’Connor nachdenklich an. »Aber vielleicht weißt du ja, wo er zu finden ist?«
    »Klar, da hätte ich schon ein paar Ideen. Allerdings wüsste ich als Erstes gern, wo das Kind ist.«
    »Wem sagst du das. Aber okay, eins nach dem anderen. Komm mit nach oben«, sagte Norton. »Der größte Teil des Hauses ist offenbar unberührt geblieben. Eine Hintertür, die in die Küche führt, ist beschädigt worden, weiter nichts. Da sind sie wohl eingedrungen. Die Experten für Fingerabdrücke arbeiten an allen fraglichen Flächen, falls diese Arschlöcher leichtsinnig geworden sein sollten. Allerdings würde ich darauf nicht wetten.«

    »Also mehr als ein Mörder?«
    »Nicht unbedingt. Komm mit und sieh dich um. Fass das Treppengeländer nicht an.«
    O’Connor folgte ihm die lange, geschwungene Marmortreppe auf der rechten Seite hinauf. Noch auf der Treppe sagte Dan: »Fangen wir im Kinderzimmer an.«
    Der Coroner hatte das tote Kindermädchen bereits aus dem Haus bringen lassen, doch O’Connor fand es trotzdem belastend, sich in dem Raum umzusehen. Er konnte sich ohne weiteres vorstellen, wie es nur wenige Momente, ehe die Frau ermordet wurde, dort ausgesehen haben musste. Eine weiße Korbwiege - ohne Bettzeug -, über der ein Mobile aus Mond und Sternen hing, daneben bunte Märchenfiguren an der Wand. Ein Wickeltisch, unter dem gestapelte Windeln lagen. Ein Laufstall aus Holz, über dessen einer Seite weiche blaue Decken gefaltet lagen. Alles sauber und ordentlich.
    Genau wie jetzt. Wenn man von dem Blut absah. Es war praktisch überallhin gespritzt, hatte lange Streifen an der einen Wand und auf dem ganzen Fußboden hinterlassen. Man sah lange, dicke Schmierflecken an den Stellen, wo die Frau offenbar ausgerutscht und in ihr eigenes Blut gefallen war, blutige Handabdrücke auf dem Fußboden neben der Korbwiege, als hätte sie versucht, noch im Sterben dorthin zu kriechen. Auch an der Wiege selbst klebte Blut, allerdings nicht viel. Eine große, dunkle Blutlache hatte sich auf den Dielenbrettern darunter ausgebreitet und war mittlerweile eingetrocknet.
    »Wie hieß sie denn?«, fragte O’Connor leise.
    »Rose Hannon. Vierunddreißig, verwitwet, lebte im Haus. Nett und umgänglich, soweit man hört. Hat das Kind geliebt, als wäre es ihr eigenes. Von Angehörigen weiß niemand etwas.« Dan hielt inne und fügte dann hinzu: »Ich glaube, derjenige, der sie umgebracht hat, hat es genossen, ihr beim Sterben zuzusehen.«

    O’Connor musterte ihn.
    »Er hat ihr die Kehle durchgeschnitten und dann beobachtet, wie sie über den Boden gekrochen ist.«
    »Das Kind war in der Wiege?«
    »Mrs. Hannon ist auf die Wiege zugekrochen … also glaube ich schon, ja.«
    »Das Blut …«
    »Das wissen wir noch nicht. Die Spurensicherung hat das Bettzeug mitgenommen, um es zu untersuchen.«
    »Also ist der kleine Max womöglich gar nicht mehr am Leben.«
    »Kann sein. Kommt öfter vor, wenn Säuglinge verschleppt werden.«
    Schweigend standen sie einen Moment lang da, ehe O’Connor sagte: »Ein lebendes Kind bringt aber mehr Lösegeld als ein totes.«
    »Ich hoffe nur, sie sind so schlau wie du.«
    »Und das ist gestern Abend passiert?«
    »Wir glauben, es ist am Samstagabend passiert, vielleicht auch am frühen Sonntagmorgen.«
    »Am Samstagabend? Während Katy ihren Geburtstag gefeiert hat?«
    »Der Coroner hat gemeint, er meldet sich bei mir, wenn er was über den Todeszeitpunkt sagen kann, aber du weißt ja, dass diese Schätzungen nie ganz genau sind. Außer bei Perry Mason. Guckst du den?«
    O’Connor schüttelte den Kopf. Er hatte noch immer nicht verwunden, dass ein Säugling so lang verschwunden sein konnte, ehe jemand davon erfuhr.
    »Na, solange du Corrigan als Unterhaltungsprogramm hast, brauchst du wohl kein Fernsehen,

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